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Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797.

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Ich kann hier die Bemerkung nicht
übergehen, wie sehr diese Erscheinun-
gen mit unsern zum Grunde gelegten
Ideen von der Ursach der Lebensdauer
übereinstimmen. -- In der ersten Exi-
stenz, als Wurm, wie unvollkommen
ist da das Leben, wie gering seine Be-
wegung, die Generation noch gar nicht
möglich; blos zum Essen und Verdauen
scheint das ganze Geschöpf da zu seyn --
wie denn auch manche Raupen eine so
ungeheure Kapacität haben, dass sie in
24 Stunden 3mal mehr verzehren, als
ihr ganzes Gewicht beträgt. -- Also
eine äusserst geringe Selbstaufreibung,
und eine ungeheure Restauration! Kein
Wunder also, dass sie in diesem Zustand,
troz ihrer Kleinheit und Unvollkommen-
heit, so lange leben können. Eben so
der Zwischenzustand als Puppe, wo das
Geschöpf ganz ohne Nahrung lebt, aber
auch weder von innen noch von aussen
consumirt wird. -- Aber nun die lezte
Periode seiner Existenz, der völlig aus-
gebildete Zustand, als geflügeltes ätheri-

Ich kann hier die Bemerkung nicht
übergehen, wie ſehr dieſe Erſcheinun-
gen mit unſern zum Grunde gelegten
Ideen von der Urſach der Lebensdauer
übereinſtimmen. — In der erſten Exi-
ſtenz, als Wurm, wie unvollkommen
iſt da das Leben, wie gering ſeine Be-
wegung, die Generation noch gar nicht
möglich; blos zum Eſſen und Verdauen
ſcheint das ganze Geſchöpf da zu ſeyn —
wie denn auch manche Raupen eine ſo
ungeheure Kapacität haben, daſs ſie in
24 Stunden 3mal mehr verzehren, als
ihr ganzes Gewicht beträgt. — Alſo
eine äuſserſt geringe Selbſtaufreibung,
und eine ungeheure Reſtauration! Kein
Wunder alſo, daſs ſie in dieſem Zuſtand,
troz ihrer Kleinheit und Unvollkommen-
heit, ſo lange leben können. Eben ſo
der Zwiſchenzuſtand als Puppe, wo das
Geſchöpf ganz ohne Nahrung lebt, aber
auch weder von innen noch von auſſen
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[114/0142] Ich kann hier die Bemerkung nicht übergehen, wie ſehr dieſe Erſcheinun- gen mit unſern zum Grunde gelegten Ideen von der Urſach der Lebensdauer übereinſtimmen. — In der erſten Exi- ſtenz, als Wurm, wie unvollkommen iſt da das Leben, wie gering ſeine Be- wegung, die Generation noch gar nicht möglich; blos zum Eſſen und Verdauen ſcheint das ganze Geſchöpf da zu ſeyn — wie denn auch manche Raupen eine ſo ungeheure Kapacität haben, daſs ſie in 24 Stunden 3mal mehr verzehren, als ihr ganzes Gewicht beträgt. — Alſo eine äuſserſt geringe Selbſtaufreibung, und eine ungeheure Reſtauration! Kein Wunder alſo, daſs ſie in dieſem Zuſtand, troz ihrer Kleinheit und Unvollkommen- heit, ſo lange leben können. Eben ſo der Zwiſchenzuſtand als Puppe, wo das Geſchöpf ganz ohne Nahrung lebt, aber auch weder von innen noch von auſſen conſumirt wird. — Aber nun die lezte Periode ſeiner Exiſtenz, der völlig aus- gebildete Zuſtand, als geflügeltes ätheri-

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Zitationshilfe: Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/142>, abgerufen am 21.11.2024.