viduum selbst. Sie richtet sich nach der bessern oder schlechtern Masse, aus der es formirt wurde, nach der Lebensart, langsamern oder schnellern Consumtion, und nach allen den tausendfachen Um- ständen, die von innen und aussen auf seine Lebensdauer influiren können. Man glaube ja nicht, dass noch jezt je- der Mensch einen Lebensfond von 150 oder 200 Jahren auf die Welt bringt. Leider ist es das Schicksal unsrer Gene- ration, dass oft schon die Sünden der Väter dem Embryo ein weit kürzeres Stamen vitae mittheilen. Nehmen wir nun noch das unzählige Heer von Krankheiten und andern Zufällen, die jezt heimlich und öffentlich an unserm Leben nagen, so sieht man wohl, dass es jezt schwehrer als jemals ist, jenes Ziel zu erreichen, dessen die menschli- che Natur wirklich fähig ist. -- Aber dennoch müssen wir jenes Ziel immer zum Grunde legen, und wir werden hernach sehen, wie viel in unsrer Ge-
viduum ſelbſt. Sie richtet ſich nach der beſſern oder ſchlechtern Maſſe, aus der es formirt wurde, nach der Lebensart, langſamern oder ſchnellern Conſumtion, und nach allen den tauſendfachen Um- ſtänden, die von innen und auſſen auf ſeine Lebensdauer influiren können. Man glaube ja nicht, daſs noch jezt je- der Menſch einen Lebensfond von 150 oder 200 Jahren auf die Welt bringt. Leider iſt es das Schickſal unſrer Gene- ration, daſs oft ſchon die Sünden der Väter dem Embryo ein weit kürzeres Stamen vitae mittheilen. Nehmen wir nun noch das unzählige Heer von Krankheiten und andern Zufällen, die jezt heimlich und öffentlich an unſerm Leben nagen, ſo ſieht man wohl, daſs es jezt ſchwehrer als jemals iſt, jenes Ziel zu erreichen, deſſen die menſchli- che Natur wirklich fähig iſt. — Aber dennoch müſſen wir jenes Ziel immer zum Grunde legen, und wir werden hernach ſehen, wie viel in unſrer Ge-
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viduum ſelbſt. Sie richtet ſich nach der
beſſern oder ſchlechtern Maſſe, aus der
es formirt wurde, nach der Lebensart,
langſamern oder ſchnellern Conſumtion,
und nach allen den tauſendfachen Um-
ſtänden, die von innen und auſſen auf
ſeine Lebensdauer influiren können.
Man glaube ja nicht, daſs noch jezt je-
der Menſch einen Lebensfond von 150
oder 200 Jahren auf die Welt bringt.
Leider iſt es das Schickſal unſrer Gene-
ration, daſs oft ſchon die Sünden der
Väter dem Embryo ein weit kürzeres
Stamen vitae mittheilen. Nehmen
wir nun noch das unzählige Heer von
Krankheiten und andern Zufällen, die
jezt heimlich und öffentlich an unſerm
Leben nagen, ſo ſieht man wohl, daſs
es jezt ſchwehrer als jemals iſt, jenes
Ziel zu erreichen, deſſen die menſchli-
che Natur wirklich fähig iſt. — Aber
dennoch müſſen wir jenes Ziel immer
zum Grunde legen, und wir werden
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Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/241>, abgerufen am 24.11.2024.
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