Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

die Verlängerung des menschlichen Le-
bens anzuwenden. Aber ehe wir diess
zu thun im Stande sind, müssen
wir durchaus erst folgende Fragen un-
tersuchen: Worin besteht eigentlich
menschliches Leben? Auf welchen Orga-
nen, Kräften und Verrichtungen beruht
diese wichtige Operation und ihre Dau-
er? Worin unterscheidet es sich we-
sentlich von dem Leben anderer Geschö-
pfe und Wesen?

Der Mensch ist unstreitig das oberste
Glied, die Krone der sichtbaren Schö-
pfung, das ausgebildetste, lezte, vollen-
detste Product ihrer wirkenden Kraft,
der höchste Grad von Darstellung dersel-
ben, den unsre Augen zu sehen, unsre
Sinne zu fassen vermögen. -- Mit ihm
schliesst sich unser sublunarischer Ge-
sichtskreis; er ist der äusserste Punct,
mit welchem und in welchem die Sin-
nenwelt an einer höheren geistigen Welt

die Verlängerung des menſchlichen Le-
bens anzuwenden. Aber ehe wir dieſs
zu thun im Stande ſind, müſſen
wir durchaus erſt folgende Fragen un-
terſuchen: Worin beſteht eigentlich
menſchliches Leben? Auf welchen Orga-
nen, Kräften und Verrichtungen beruht
dieſe wichtige Operation und ihre Dau-
er? Worin unterſcheidet es ſich we-
ſentlich von dem Leben anderer Geſchö-
pfe und Weſen?

Der Menſch iſt unſtreitig das oberſte
Glied, die Krone der ſichtbaren Schö-
pfung, das ausgebildetſte, lezte, vollen-
detſte Product ihrer wirkenden Kraft,
der höchſte Grad von Darſtellung derſel-
ben, den unſre Augen zu ſehen, unſre
Sinne zu faſſen vermögen. — Mit ihm
ſchlieſst ſich unſer ſublunariſcher Ge-
ſichtskreis; er iſt der äuſſerſte Punct,
mit welchem und in welchem die Sin-
nenwelt an einer höheren geiſtigen Welt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0245" n="217"/>
die Verlängerung des men&#x017F;chlichen Le-<lb/>
bens anzuwenden. Aber ehe wir die&#x017F;s<lb/>
zu thun im Stande &#x017F;ind, mü&#x017F;&#x017F;en<lb/>
wir durchaus er&#x017F;t folgende Fragen un-<lb/>
ter&#x017F;uchen: Worin be&#x017F;teht eigentlich<lb/><hi rendition="#i">men&#x017F;chliches Leben?</hi> Auf welchen Orga-<lb/>
nen, Kräften und Verrichtungen beruht<lb/>
die&#x017F;e wichtige Operation und ihre Dau-<lb/>
er? Worin unter&#x017F;cheidet es &#x017F;ich we-<lb/>
&#x017F;entlich von dem Leben anderer Ge&#x017F;chö-<lb/>
pfe und We&#x017F;en?</p><lb/>
          <p>Der Men&#x017F;ch i&#x017F;t un&#x017F;treitig das ober&#x017F;te<lb/>
Glied, die Krone der &#x017F;ichtbaren Schö-<lb/>
pfung, das ausgebildet&#x017F;te, lezte, vollen-<lb/>
det&#x017F;te Product ihrer wirkenden Kraft,<lb/>
der höch&#x017F;te Grad von Dar&#x017F;tellung der&#x017F;el-<lb/>
ben, den un&#x017F;re Augen zu &#x017F;ehen, un&#x017F;re<lb/>
Sinne zu fa&#x017F;&#x017F;en vermögen. &#x2014; Mit ihm<lb/>
&#x017F;chlie&#x017F;st &#x017F;ich un&#x017F;er &#x017F;ublunari&#x017F;cher Ge-<lb/>
&#x017F;ichtskreis; er i&#x017F;t der äu&#x017F;&#x017F;er&#x017F;te Punct,<lb/>
mit welchem und in welchem die Sin-<lb/>
nenwelt an einer höheren gei&#x017F;tigen Welt<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[217/0245] die Verlängerung des menſchlichen Le- bens anzuwenden. Aber ehe wir dieſs zu thun im Stande ſind, müſſen wir durchaus erſt folgende Fragen un- terſuchen: Worin beſteht eigentlich menſchliches Leben? Auf welchen Orga- nen, Kräften und Verrichtungen beruht dieſe wichtige Operation und ihre Dau- er? Worin unterſcheidet es ſich we- ſentlich von dem Leben anderer Geſchö- pfe und Weſen? Der Menſch iſt unſtreitig das oberſte Glied, die Krone der ſichtbaren Schö- pfung, das ausgebildetſte, lezte, vollen- detſte Product ihrer wirkenden Kraft, der höchſte Grad von Darſtellung derſel- ben, den unſre Augen zu ſehen, unſre Sinne zu faſſen vermögen. — Mit ihm ſchlieſst ſich unſer ſublunariſcher Ge- ſichtskreis; er iſt der äuſſerſte Punct, mit welchem und in welchem die Sin- nenwelt an einer höheren geiſtigen Welt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/245
Zitationshilfe: Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/245>, abgerufen am 21.11.2024.