Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

richteste Fleisch, und dennoch übertrifft
er an Lebensdauer sehr viele weit festere
und härtere Thiere.

Die beliebte Methode der Abhär-
tung also, welche darinn besteht, dass
man durch beständiges Baden in kaltem
Wasser, durch einen fast unbedeckten
Körper in der strengsten Luft, durch
die strapazantesten Bewegungen, sich
fest und unverwüstlich zu machen sucht,
bewirkt nichts weiter, als dass unsre Or-
gane rigider, zäher und trockner, und
also früher unbrauchbar werden, und
dass wir folglich, anstatt unser Leben
zu verlängern, ein früheres Alter und
eine frühere Destruction dadurch her-
beyrufen.

Es liegt unstreitig etwas Wahres
bey dieser Methode zum Grunde. Nur
hat man darinn gefehlt, dass man fal-
sche Begriffe damit verband, und sie zu
weit trieb. Nicht sowohl Abhärtung
der Fasern, sondern Abhärtung des Ge-

fühls

richteſte Fleiſch, und dennoch übertrifft
er an Lebensdauer ſehr viele weit feſtere
und härtere Thiere.

Die beliebte Methode der Abhär-
tung alſo, welche darinn beſteht, daſs
man durch beſtändiges Baden in kaltem
Waſſer, durch einen faſt unbedeckten
Körper in der ſtrengſten Luft, durch
die ſtrapazanteſten Bewegungen, ſich
feſt und unverwüſtlich zu machen ſucht,
bewirkt nichts weiter, als daſs unſre Or-
gane rigider, zäher und trockner, und
alſo früher unbrauchbar werden, und
daſs wir folglich, anſtatt unſer Leben
zu verlängern, ein früheres Alter und
eine frühere Deſtruction dadurch her-
beyrufen.

Es liegt unſtreitig etwas Wahres
bey dieſer Methode zum Grunde. Nur
hat man darinn gefehlt, daſs man fal-
ſche Begriffe damit verband, und ſie zu
weit trieb. Nicht ſowohl Abhärtung
der Faſern, ſondern Abhärtung des Ge-

fühls
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0316" n="288"/>
richte&#x017F;te Flei&#x017F;ch, und dennoch übertrifft<lb/>
er an Lebensdauer &#x017F;ehr viele weit fe&#x017F;tere<lb/>
und härtere Thiere.</p><lb/>
          <p>Die beliebte Methode der Abhär-<lb/>
tung al&#x017F;o, welche darinn be&#x017F;teht, da&#x017F;s<lb/>
man durch be&#x017F;tändi<hi rendition="#i">g</hi>es Baden in kaltem<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er, durch einen fa&#x017F;t unbedeckten<lb/>
Körper in der &#x017F;treng&#x017F;ten Luft, durch<lb/>
die &#x017F;trapazante&#x017F;ten Bewegungen, &#x017F;ich<lb/>
fe&#x017F;t und unverwü&#x017F;tlich zu machen &#x017F;ucht,<lb/>
bewirkt nichts weiter, als da&#x017F;s un&#x017F;re Or-<lb/>
gane rigider, zäher und trockner, und<lb/>
al&#x017F;o früher unbrauchbar werden, und<lb/>
da&#x017F;s wir folglich, an&#x017F;tatt un&#x017F;er Leben<lb/>
zu verlängern, ein früheres Alter und<lb/>
eine frühere De&#x017F;truction dadurch her-<lb/>
beyrufen.</p><lb/>
          <p>Es liegt un&#x017F;treitig etwas Wahres<lb/>
bey die&#x017F;er Methode zum Grunde. Nur<lb/>
hat man darinn gefehlt, da&#x017F;s man fal-<lb/>
&#x017F;che Begriffe damit verband, und &#x017F;ie zu<lb/>
weit trieb. Nicht &#x017F;owohl Abhärtung<lb/>
der Fa&#x017F;ern, &#x017F;ondern Abhärtung des Ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">fühls</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[288/0316] richteſte Fleiſch, und dennoch übertrifft er an Lebensdauer ſehr viele weit feſtere und härtere Thiere. Die beliebte Methode der Abhär- tung alſo, welche darinn beſteht, daſs man durch beſtändiges Baden in kaltem Waſſer, durch einen faſt unbedeckten Körper in der ſtrengſten Luft, durch die ſtrapazanteſten Bewegungen, ſich feſt und unverwüſtlich zu machen ſucht, bewirkt nichts weiter, als daſs unſre Or- gane rigider, zäher und trockner, und alſo früher unbrauchbar werden, und daſs wir folglich, anſtatt unſer Leben zu verlängern, ein früheres Alter und eine frühere Deſtruction dadurch her- beyrufen. Es liegt unſtreitig etwas Wahres bey dieſer Methode zum Grunde. Nur hat man darinn gefehlt, daſs man fal- ſche Begriffe damit verband, und ſie zu weit trieb. Nicht ſowohl Abhärtung der Faſern, ſondern Abhärtung des Ge- fühls

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/316
Zitationshilfe: Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/316>, abgerufen am 28.11.2024.