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Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797.

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Es gilt hier das nehmliche Gesetz, was
bey der Muskelbewegung Statt findet.
Wenn man den Arm immer in derselben
Richtung bewegt, so ist man in einer
Viertelstunde müder, als wenn man
zwey Stunden lang verschiedene Arten
von Bewegung damit gemacht hätte.
Eben so mit den Geistesgeschäften. Es
erschöpft nichts mehr als das beständige
Einerley in dem Gegenstand und der
Richtung der Denkkraft, und Boerhaave
erzählt von sich selbst, dass er, nachdem
er einige Tage und Nächte immer über
den nehmlichen Gegenstand nachgedacht
hatte, plötzlich in einen solchen Zustand
von Ermattung und Abspannung verfal-
len wäre, dass er eine geraume Zeit in
einem gefühllosen und todtenähnlichen
Zustand gelegen habe. Ein schicklicher
Wechsel der Gegenstände ist daher die
erste Regel, um ohne Schaden der Ge-
sundheit zu studiren, ja, um selbst in der
Masse mehr zu arbeiten. Ich kenne
grosse und tiefe Denker, Mathemati-

Z 2

Es gilt hier das nehmliche Geſetz, was
bey der Muskelbewegung Statt findet.
Wenn man den Arm immer in derſelben
Richtung bewegt, ſo iſt man in einer
Viertelſtunde müder, als wenn man
zwey Stunden lang verſchiedene Arten
von Bewegung damit gemacht hätte.
Eben ſo mit den Geiſtesgeſchäften. Es
erſchöpft nichts mehr als das beſtändige
Einerley in dem Gegenſtand und der
Richtung der Denkkraft, und Boerhaave
erzählt von ſich ſelbſt, daſs er, nachdem
er einige Tage und Nächte immer über
den nehmlichen Gegenſtand nachgedacht
hatte, plötzlich in einen ſolchen Zuſtand
von Ermattung und Abſpannung verfal-
len wäre, daſs er eine geraume Zeit in
einem gefühlloſen und todtenähnlichen
Zuſtand gelegen habe. Ein ſchicklicher
Wechſel der Gegenſtände iſt daher die
erſte Regel, um ohne Schaden der Ge-
ſundheit zu ſtudiren, ja, um ſelbſt in der
Maſse mehr zu arbeiten. Ich kenne
groſse und tiefe Denker, Mathemati-

Z 2
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[355/0383] Es gilt hier das nehmliche Geſetz, was bey der Muskelbewegung Statt findet. Wenn man den Arm immer in derſelben Richtung bewegt, ſo iſt man in einer Viertelſtunde müder, als wenn man zwey Stunden lang verſchiedene Arten von Bewegung damit gemacht hätte. Eben ſo mit den Geiſtesgeſchäften. Es erſchöpft nichts mehr als das beſtändige Einerley in dem Gegenſtand und der Richtung der Denkkraft, und Boerhaave erzählt von ſich ſelbſt, daſs er, nachdem er einige Tage und Nächte immer über den nehmlichen Gegenſtand nachgedacht hatte, plötzlich in einen ſolchen Zuſtand von Ermattung und Abſpannung verfal- len wäre, daſs er eine geraume Zeit in einem gefühlloſen und todtenähnlichen Zuſtand gelegen habe. Ein ſchicklicher Wechſel der Gegenſtände iſt daher die erſte Regel, um ohne Schaden der Ge- ſundheit zu ſtudiren, ja, um ſelbſt in der Maſse mehr zu arbeiten. Ich kenne groſse und tiefe Denker, Mathemati- Z 2

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Zitationshilfe: Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/383>, abgerufen am 24.11.2024.