benwirkungen doppelt schaden, und da scheinen mir zwey vorzüglich gefähr- lich: die Krankheitseinbildung und die Empfindeley.
Die erstere Imaginationskrankheit ist hauptsächlich ein Eigenthum der Hy- pochondristen, kann aber auch bey Nichtärzten dadurch erzeugt werden, wenn sie zuviel medizinische Schriften lesen, die sie denn, nicht wie der Arzt, auf die Kunst, sondern auf ihre eigne Person anwenden, und aus Mangel hin- reichender Kenntnisse sehr leicht irrig deuten (ein neuer Grund, sich vor dieser Lectüre zu hüten). Ich habe erstaunli- che Beyspiele davon gesehen; nicht al- lein Leute, die sich bey völlig geraden Nasen festiglich einbildeten, schiefe Na- sen zu haben, die sich bey einem sehr schmächtigen Bauch nicht von der Idee abbringen liessen, die Wassersucht im höchsten Grade zu haben u. dgl., sondern ich habe eine Dame gesehen, die man
benwirkungen doppelt ſchaden, und da ſcheinen mir zwey vorzüglich gefähr- lich: die Krankheitseinbildung und die Empfindeley.
Die erſtere Imaginationskrankheit iſt hauptſächlich ein Eigenthum der Hy- pochondriſten, kann aber auch bey Nichtärzten dadurch erzeugt werden, wenn ſie zuviel mediziniſche Schriften leſen, die ſie denn, nicht wie der Arzt, auf die Kunſt, ſondern auf ihre eigne Perſon anwenden, und aus Mangel hin- reichender Kenntniſſe ſehr leicht irrig deuten (ein neuer Grund, ſich vor dieſer Lectüre zu hüten). Ich habe erſtaunli- che Beyſpiele davon geſehen; nicht al- lein Leute, die ſich bey völlig geraden Naſen feſtiglich einbildeten, ſchiefe Na- ſen zu haben, die ſich bey einem ſehr ſchmächtigen Bauch nicht von der Idee abbringen lieſsen, die Waſſerſucht im höchſten Grade zu haben u. dgl., ſondern ich habe eine Dame geſehen, die man
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benwirkungen doppelt ſchaden, und da
ſcheinen mir zwey vorzüglich gefähr-
lich: die Krankheitseinbildung und die
Empfindeley.
Die erſtere Imaginationskrankheit
iſt hauptſächlich ein Eigenthum der Hy-
pochondriſten, kann aber auch bey
Nichtärzten dadurch erzeugt werden,
wenn ſie zuviel mediziniſche Schriften
leſen, die ſie denn, nicht wie der Arzt,
auf die Kunſt, ſondern auf ihre eigne
Perſon anwenden, und aus Mangel hin-
reichender Kenntniſſe ſehr leicht irrig
deuten (ein neuer Grund, ſich vor dieſer
Lectüre zu hüten). Ich habe erſtaunli-
che Beyſpiele davon geſehen; nicht al-
lein Leute, die ſich bey völlig geraden
Naſen feſtiglich einbildeten, ſchiefe Na-
ſen zu haben, die ſich bey einem ſehr
ſchmächtigen Bauch nicht von der Idee
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ich habe eine Dame geſehen, die man
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Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/437>, abgerufen am 22.11.2024.
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