heiten, die sie erregen, man vergiftet und wird vergiftet, und treibt diesen fürchterlichen Tauschhandel täglich und stündlich, ohne dass ein Mensch dabey weiss oder denkt, was er thut. Die physischen Gifte sind, wie sichs gehört, dem Polizeygesetze unterworfen, der Staat sorgt für ihre Verwahrung und Einschränkung, und man betrachtet und behandelt den, der sie einem andern wis- sentlich beybringt, als einen Verbrecher; um die contagiösen hingegen bekümmert sich keine Polizey, kein Gesetz, sie wü- then ungestöhrt unter uns fort, der Mann vergiftet die Frau, der Sohn den Vater, und kein Mensch fragt darnach. -- Die physischen Gifte endlich schaden doch nur dem Individuum, das sie sich beybringt, hingegen die contagiösen be- sitzen die besondere Kraft, sich in jedem lebenden Wesen zu reproduzieren und ins Unendliche zu erzeugen, sie schaden also nicht blos dem Vergifteten, son- dern machen ihn nun wieder zu einer neuen Giftquelle, wodurch ganze Orte
heiten, die ſie erregen, man vergiftet und wird vergiftet, und treibt dieſen fürchterlichen Tauſchhandel täglich und ſtündlich, ohne daſs ein Menſch dabey weiſs oder denkt, was er thut. Die phyſiſchen Gifte ſind, wie ſichs gehört, dem Polizeygeſetze unterworfen, der Staat ſorgt für ihre Verwahrung und Einſchränkung, und man betrachtet und behandelt den, der ſie einem andern wiſ- ſentlich beybringt, als einen Verbrecher; um die contagiöſen hingegen bekümmert ſich keine Polizey, kein Geſetz, ſie wü- then ungeſtöhrt unter uns fort, der Mann vergiftet die Frau, der Sohn den Vater, und kein Menſch fragt darnach. — Die phyſiſchen Gifte endlich ſchaden doch nur dem Individuum, das ſie ſich beybringt, hingegen die contagiöſen be- ſitzen die beſondere Kraft, ſich in jedem lebenden Weſen zu reproduzieren und ins Unendliche zu erzeugen, ſie ſchaden alſo nicht blos dem Vergifteten, ſon- dern machen ihn nun wieder zu einer neuen Giftquelle, wodurch ganze Orte
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0455"n="427"/>
heiten, die ſie erregen, man vergiftet<lb/>
und wird vergiftet, und treibt dieſen<lb/>
fürchterlichen Tauſchhandel täglich und<lb/>ſtündlich, ohne daſs ein Menſch dabey<lb/>
weiſs oder denkt, was er thut. Die<lb/><hirendition="#i">phyſiſchen</hi> Gifte ſind, wie ſichs gehört,<lb/>
dem Polizeygeſetze unterworfen, der<lb/>
Staat ſorgt für ihre Verwahrung und<lb/>
Einſchränkung, und man betrachtet und<lb/>
behandelt den, der ſie einem andern wiſ-<lb/>ſentlich beybringt, als einen Verbrecher;<lb/>
um die <hirendition="#i">contagiöſen</hi> hingegen bekümmert<lb/>ſich keine Polizey, kein Geſetz, ſie wü-<lb/>
then ungeſtöhrt unter uns fort, der<lb/>
Mann vergiftet die Frau, der Sohn den<lb/>
Vater, und kein Menſch fragt darnach.<lb/>— Die <hirendition="#i">phyſiſchen</hi> Gifte endlich ſchaden<lb/>
doch nur dem Individuum, das ſie ſich<lb/>
beybringt, hingegen die <hirendition="#i">contagiöſen</hi> be-<lb/>ſitzen die beſondere Kraft, ſich in jedem<lb/>
lebenden Weſen zu reproduzieren und<lb/>
ins Unendliche zu erzeugen, ſie ſchaden<lb/>
alſo nicht blos dem Vergifteten, ſon-<lb/>
dern machen ihn nun wieder zu einer<lb/>
neuen Giftquelle, wodurch ganze Orte<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[427/0455]
heiten, die ſie erregen, man vergiftet
und wird vergiftet, und treibt dieſen
fürchterlichen Tauſchhandel täglich und
ſtündlich, ohne daſs ein Menſch dabey
weiſs oder denkt, was er thut. Die
phyſiſchen Gifte ſind, wie ſichs gehört,
dem Polizeygeſetze unterworfen, der
Staat ſorgt für ihre Verwahrung und
Einſchränkung, und man betrachtet und
behandelt den, der ſie einem andern wiſ-
ſentlich beybringt, als einen Verbrecher;
um die contagiöſen hingegen bekümmert
ſich keine Polizey, kein Geſetz, ſie wü-
then ungeſtöhrt unter uns fort, der
Mann vergiftet die Frau, der Sohn den
Vater, und kein Menſch fragt darnach.
— Die phyſiſchen Gifte endlich ſchaden
doch nur dem Individuum, das ſie ſich
beybringt, hingegen die contagiöſen be-
ſitzen die beſondere Kraft, ſich in jedem
lebenden Weſen zu reproduzieren und
ins Unendliche zu erzeugen, ſie ſchaden
alſo nicht blos dem Vergifteten, ſon-
dern machen ihn nun wieder zu einer
neuen Giftquelle, wodurch ganze Orte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/455>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.