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Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797.

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endlich je mehr die Kur ohne Noth die
Lebenskraft im Ganzen verschwendet,
z. E. durch zu verschwenderische Ader-
lässe, zu anhaltende Entziehung der
Nahrung etc. -- desto mehr wird sie
den Grund zum langen Leben schwä-
chen, wenn sie auch gleich die gegen-
wärtige Krankheit hebt. -- Drittens
darf man ja nie vergessen, dass die
Krankheit selbst nüzlich und nöthig seyn
konnte zur Verlängerung des Lebens.
Es giebt sehr viele Krankheiten, welche
nichts anders sind, als ein Bestreben der
Natur, das aufgehobne Gleichgewicht
wieder herzustellen, oder fehlerhafte
Materien auszuleeren, oder Stockungen
zu zertheilen. Wenn da nun der Arzt
(auf gut Brawnisch) weiter nichts thut,
als blos die gegenwärtige Krankheits-
äusserung dämpfen, ohne Rücksicht auf
diese entferntern Ursachen und Folgen;
so thut er weiter nichts, als er nimmt
die thätige Gegenwirkung der Natur-
kraft weg, wodurch sie die wahre
Krankheit zu heben suchte, er dämpft

endlich je mehr die Kur ohne Noth die
Lebenskraft im Ganzen verſchwendet,
z. E. durch zu verſchwenderiſche Ader-
läſſe, zu anhaltende Entziehung der
Nahrung etc. — deſto mehr wird ſie
den Grund zum langen Leben ſchwä-
chen, wenn ſie auch gleich die gegen-
wärtige Krankheit hebt. — Drittens
darf man ja nie vergeſſen, daſs die
Krankheit ſelbſt nüzlich und nöthig ſeyn
konnte zur Verlängerung des Lebens.
Es giebt ſehr viele Krankheiten, welche
nichts anders ſind, als ein Beſtreben der
Natur, das aufgehobne Gleichgewicht
wieder herzuſtellen, oder fehlerhafte
Materien auszuleeren, oder Stockungen
zu zertheilen. Wenn da nun der Arzt
(auf gut Brawniſch) weiter nichts thut,
als blos die gegenwärtige Krankheits-
äuſſerung dämpfen, ohne Rückſicht auf
dieſe entferntern Urſachen und Folgen;
ſo thut er weiter nichts, als er nimmt
die thätige Gegenwirkung der Natur-
kraft weg, wodurch ſie die wahre
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[636/0664] endlich je mehr die Kur ohne Noth die Lebenskraft im Ganzen verſchwendet, z. E. durch zu verſchwenderiſche Ader- läſſe, zu anhaltende Entziehung der Nahrung etc. — deſto mehr wird ſie den Grund zum langen Leben ſchwä- chen, wenn ſie auch gleich die gegen- wärtige Krankheit hebt. — Drittens darf man ja nie vergeſſen, daſs die Krankheit ſelbſt nüzlich und nöthig ſeyn konnte zur Verlängerung des Lebens. Es giebt ſehr viele Krankheiten, welche nichts anders ſind, als ein Beſtreben der Natur, das aufgehobne Gleichgewicht wieder herzuſtellen, oder fehlerhafte Materien auszuleeren, oder Stockungen zu zertheilen. Wenn da nun der Arzt (auf gut Brawniſch) weiter nichts thut, als blos die gegenwärtige Krankheits- äuſſerung dämpfen, ohne Rückſicht auf dieſe entferntern Urſachen und Folgen; ſo thut er weiter nichts, als er nimmt die thätige Gegenwirkung der Natur- kraft weg, wodurch ſie die wahre Krankheit zu heben ſuchte, er dämpft

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Zitationshilfe: Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 636. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/664>, abgerufen am 22.11.2024.