viel Neues und Interessantes zu finden, dass uns gewiss schon der Versuch, ihr näher zu kommen, reichlich belohnt wird. -- Nur hüte man sich, mit zu raschen übermüthigen Schritten auf sie einzudringen. Unser Sinn sey offen, rein, gelehrig, unser Gang vorsichtig und immer aufmerksam, Täuschungen der Phantasie und der Sinne zu vermei- den, und unser Weg sey der sichere, wenn gleich nicht der bequemste, Weg der Erfahrung und bescheidenen Prü- fung -- nicht der Flug kühner Hypo- thesen, der gewöhnlich zulezt der Welt nur zeiget, dass wir wächserne Flügel hatten. -- Auf diesem Wege sind wir am sichersten, das Schicksal jener Philo- sophen zu vermeiden, von welchen Baco sehr passend sagt: "sie werden zu "Nachteulen, die nur im Dunkel ihrer "Träumereyen sehen, aber im Licht der "Erfahrung erblinden, und gerade das "am wenigsten wahrnehmen können, "was am hellsten ist." Auf diesem Wege und in dieser Geistesstimmung sind seit
viel Neues und Intereſſantes zu finden, daſs uns gewiſs ſchon der Verſuch, ihr näher zu kommen, reichlich belohnt wird. — Nur hüte man ſich, mit zu raſchen übermüthigen Schritten auf ſie einzudringen. Unſer Sinn ſey offen, rein, gelehrig, unſer Gang vorſichtig und immer aufmerkſam, Täuſchungen der Phantaſie und der Sinne zu vermei- den, und unſer Weg ſey der ſichere, wenn gleich nicht der bequemſte, Weg der Erfahrung und beſcheidenen Prü- fung — nicht der Flug kühner Hypo- theſen, der gewöhnlich zulezt der Welt nur zeiget, daſs wir wächſerne Flügel hatten. — Auf dieſem Wege ſind wir am ſicherſten, das Schickſal jener Philo- ſophen zu vermeiden, von welchen Baco ſehr paſſend ſagt: „ſie werden zu „Nachteulen, die nur im Dunkel ihrer „Träumereyen ſehen, aber im Licht der „Erfahrung erblinden, und gerade das „am wenigſten wahrnehmen können, „was am hellſten iſt.“ Auf dieſem Wege und in dieſer Geiſtesſtimmung ſind ſeit
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0071"n="43"/>
viel Neues und Intereſſantes zu finden,<lb/>
daſs uns gewiſs ſchon der Verſuch, ihr<lb/>
näher zu kommen, reichlich belohnt<lb/>
wird. — Nur hüte man ſich, mit zu<lb/>
raſchen übermüthigen Schritten auf ſie<lb/>
einzudringen. Unſer Sinn ſey offen,<lb/>
rein, gelehrig, unſer Gang vorſichtig<lb/>
und immer aufmerkſam, Täuſchungen<lb/>
der Phantaſie und der Sinne zu vermei-<lb/>
den, und unſer Weg ſey der ſichere,<lb/>
wenn gleich nicht der bequemſte, Weg<lb/>
der Erfahrung und beſcheidenen Prü-<lb/>
fung — nicht der Flug kühner Hypo-<lb/>
theſen, der gewöhnlich zulezt der Welt<lb/>
nur zeiget, daſs wir wächſerne Flügel<lb/>
hatten. — Auf dieſem Wege ſind wir<lb/>
am ſicherſten, das Schickſal jener Philo-<lb/>ſophen zu vermeiden, von welchen<lb/><hirendition="#i">Baco</hi>ſehr paſſend ſagt: „ſie werden zu<lb/>„Nachteulen, die nur im Dunkel ihrer<lb/>„Träumereyen ſehen, aber im Licht der<lb/>„Erfahrung erblinden, und gerade das<lb/>„am wenigſten wahrnehmen können,<lb/>„was am hellſten iſt.“ Auf dieſem Wege<lb/>
und in dieſer Geiſtesſtimmung ſind ſeit<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[43/0071]
viel Neues und Intereſſantes zu finden,
daſs uns gewiſs ſchon der Verſuch, ihr
näher zu kommen, reichlich belohnt
wird. — Nur hüte man ſich, mit zu
raſchen übermüthigen Schritten auf ſie
einzudringen. Unſer Sinn ſey offen,
rein, gelehrig, unſer Gang vorſichtig
und immer aufmerkſam, Täuſchungen
der Phantaſie und der Sinne zu vermei-
den, und unſer Weg ſey der ſichere,
wenn gleich nicht der bequemſte, Weg
der Erfahrung und beſcheidenen Prü-
fung — nicht der Flug kühner Hypo-
theſen, der gewöhnlich zulezt der Welt
nur zeiget, daſs wir wächſerne Flügel
hatten. — Auf dieſem Wege ſind wir
am ſicherſten, das Schickſal jener Philo-
ſophen zu vermeiden, von welchen
Baco ſehr paſſend ſagt: „ſie werden zu
„Nachteulen, die nur im Dunkel ihrer
„Träumereyen ſehen, aber im Licht der
„Erfahrung erblinden, und gerade das
„am wenigſten wahrnehmen können,
„was am hellſten iſt.“ Auf dieſem Wege
und in dieſer Geiſtesſtimmung ſind ſeit
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/71>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.