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Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

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Wenn wir bei den Alten wahrnehmen, daß sie weniger den Ein-
fluß beachtet haben, den der Anblick der unbelebten Natur auf den
Menschen ausübt, so kommt dieß wohl daher, daß der Mensch und
das Studium seiner Kräfte und Leidenschaften ihnen das Höchste und
Einzige schien; nicht, daß bei ihnen Beispiele fehlten, wie einzelne
besonders von der Natur angeregt worden sind. So hat uns Pli-
nius
eine schöne Beschreibung seiner beiden Villen Laurentinum
und Tuscum hinterlassen. Nie aber wurde bei den Griechen und
Römern die Naturbeschreibung ein eigner Zweig der Littera-
tur, sondern die Landschaft diente gewissermassen nur als Hin-
tergrund, um den historischen Figuren mehr Licht und Haltung
zu geben. Dagegen scheint die Naturbetrachtung den indoger-
manischen Stämmen eigenthümlich zu sein und man braucht
nicht anzunehmen, daß das rauhe Clima und die Entbehrung
einer schönen Natur den Genuß derselben bei den germa-
nischen Völkern geschärft habe, da sich bei den südlichen Indern
und Persern eine ähnliche Richtung findet.

In neuerer Zeit finden wir die erste ästethische Behandlung
der Naturscenen beim Cardinal Bembo, der in einer eig-
nen kleinen Blumenschrift sein Aufsteigen auf den Aetna
schildert und auf eine reizende Weise die Veränderung der
Vegetationsverhältnisse malt.

Später bei genauerer Erforschung aller Erdtheile und bei mehr
verbreiteten allgemeinen Naturkenntnissen treten

Wenn wir bei den Alten wahrnehmen, daß sie weniger den Ein-
fluß beachtet haben, den der Anblick der unbelebten Natur auf den
Menschen ausübt, so kommt dieß wohl daher, daß der Mensch und
das Studium seiner Kräfte und Leidenschaften ihnen das Höchste und
Einzige schien; nicht, daß bei ihnen Beispiele fehlten, wie einzelne
besonders von der Natur angeregt worden sind. So hat uns Pli-
nius
eine schöne Beschreibung seiner beiden Villen Laurentinum
und Tuscum hinterlassen. Nie aber wurde bei den Griechen und
Römern die Naturbeschreibung ein eigner Zweig der Littera-
tur, sondern die Landschaft diente gewissermassen nur als Hin-
tergrund, um den historischen Figuren mehr Licht und Haltung
zu geben. Dagegen scheint die Naturbetrachtung den indoger-
manischen Stämmen eigenthümlich zu sein und man braucht
nicht anzunehmen, daß das rauhe Clima und die Entbehrung
einer schönen Natur den Genuß derselben bei den germa-
nischen Völkern geschärft habe, da sich bei den südlichen Indern
und Persern eine ähnliche Richtung findet.

In neuerer Zeit finden wir die erste ästethische Behandlung
der Naturscenen beim Cardinal Bembo, der in einer eig-
nen kleinen Blumenschrift sein Aufsteigen auf den Aetna
schildert und auf eine reizende Weise die Veränderung der
Vegetationsverhältnisse malt.

Später bei genauerer Erforschung aller Erdtheile und bei mehr
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[150/0154] Wenn wir bei den Alten wahrnehmen, daß sie weniger den Ein- fluß beachtet haben, den der Anblick der unbelebten Natur auf den Menschen ausübt, so kommt dieß wohl daher, daß der Mensch und das Studium seiner Kräfte u Leidenschaften ihnen das Höchste und Einzige schien; nicht, daß bei ihnen Beispiele fehlten, wie einzelne besonders von der Natur angeregt worden sind. So hat uns Pli- nius eine schöne Beschreibung seiner beiden Villen Laurentinum u Tuscum hinterlassen. Nie aber wurde bei den Griechen u Römern die Naturbeschreibung ein eigner Zweig der Littera- tur, sondern die Landschaft diente gewissermassen nur als Hin- tergrund, um den historischen Figuren mehr Licht u Haltung zu geben. Dagegen scheint die Naturbetrachtung den indoger- manischen Stämmen eigenthümlich zu sein u man braucht nicht anzunehmen, daß das rauhe Clima u die Entbehrung einer schönen Natur den Genuß derselben bei den germa- nischen Völkern geschärft habe, da sich bei den südlichen Indern u Persern eine ähnliche Richtung findet. In neuerer Zeit finden wir die erste ästethische Behandlung der Naturscenen beim Cardinal Bembo, der in einer eig- nen kleinen Blumenschrift sein Aufsteigen auf den Aetna schildert und auf eine reizende Weise die Veränderung der Vegetationsverhältnisse malt. Später bei genauerer Erforschung aller Erdtheile und bei mehr verbreiteten allgemeinen Naturkenntnissen treten

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Zitationshilfe: Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_privatbesitz_1829/154>, abgerufen am 04.12.2024.