Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]Schon die Alten beschäftigten sich mit den mannigfaltigsten Hypothesen Schon die Alten beschäftigten sich mit den mannigfaltigsten Hypothesen <TEI> <text> <body> <div type="session" n="4"> <pb facs="#f0032" n="28"/> <p>Schon die Alten beschäftigten sich mit den mannigfaltigsten <hi rendition="#u">Hypothesen</hi><lb/> über die Veranlassungen der augenscheinlichsten Veränderungen der Erd-<lb/> oberfläche. Bei der Frage über den ehemaligen flüssigen Zustand der<lb/> Erde theilten sich die Meinungen, wie bei uns, und schon bei den Griechen<lb/> schieden sich Neptunisten von den Vulkanisten. Lange ist die mit den<lb/> theologischen Theorieen übereinstim̃endere Ansicht die herrschende gewe-<lb/> sen, daß die Urgebirge vom Wasser durchdrungen und in demselben<lb/> aufgelöst gewesen seien <choice><abbr>u</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> erst spät hat man Granit <choice><abbr>u</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> Porphyr,<lb/> wie jetzt angenom̃en wird, für Producte des Feuers erkannt. –<lb/> Prof. <hi rendition="#aq"><persName resp="#BF" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-104340738 http://d-nb.info/gnd/104340738">Dudley</persName></hi> in <hi rendition="#aq">Oxford</hi> hat kürzlich auf eine ergötzlich geistreiche<lb/> Weise einen geologischen Thermometer zusam̃mengestellt, auf dem<lb/> gradweise angegeben ist, wie sich allmählig die Meinung der Gelehrten<lb/> für die vulkanische Hypothese erwärmt hat. – Seit <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118517252 http://d-nb.info/gnd/118517252">Buffon</persName></hi> <choice><abbr>u</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> der <hi rendition="#aq">Pro-<lb/> togea</hi> des großen <persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118571249 http://d-nb.info/gnd/118571249">Leibnitz</persName> haben genauere Untersuchungen ein helleres<lb/> Licht über die Lagerungsverhältnisse der Gebirgsmassen verbreitet.<lb/> Die Ch<subst><del rendition="#ow">y</del><add place="across">r</add></subst>ÿstallographie, eine neue Wissenschaft kömmt uns zu Hülfe,<lb/> um die sich der schätzbare Mineralog <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-119097125 http://d-nb.info/gnd/119097125">Hau<subst><del rendition="#ow"><gap reason="illegible"/></del><add place="across">y</add></subst></persName></hi> in Paris große Verdienste<lb/> erworben hat, <choice><abbr>u</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> die hier mitten unter uns Prof. <persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118806556 http://d-nb.info/gnd/118806556">Weiss</persName> gewissermassen<lb/> begründet hat. – Wir müssen hierbei auf eine chemische <choice><abbr>u</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> mechanische<lb/> Heterogenität in den Bestandtheilen der Erde aufmerksam machen,<lb/><choice><abbr>u</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> demnächst bemerken, wie die constanten Associationen der Gesteine<lb/> eine Gebirgsart bilden, welche man mit derselben Mischung in allen<lb/> Theilen der Erde wiederfindet. Die auf diese Art verschiedenen <choice><abbr>u</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> ähn-<lb/> lichen Gebirgsarten bilden Gruppen, welche man Formationen neñt.<lb/> Es ist <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118767089 http://d-nb.info/gnd/118767089">Werner</persName>s</hi>, des verdienten Stifters der Freiburger<note resp="#BF" type="editorial">In <bibl>[N. N.]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1827/28] (Ms. Germ. qu. 2124), Bl. 14r.</bibl>: Freiberger. Online verfügbar: <ref target="http://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827/31">Deutsches Textarchiv</ref>.</note> Schule, unsterbli-<lb/> ches Verdienst, zuerst auf die Bildung der Formationen aufmerksam ge-<lb/> macht zu haben.<note resp="#BF" type="editorial">Vgl. <bibl>Werner, Abraham Gottlob: Kurze Klassifikation und Beschreibung der verschiedenen Gebirgsarten. Dresden 1787.</bibl> Online verfügbar: <ref target="http://www.deutschestextarchiv.de/book/show/werner_gebirgsarten_1787">Deutsches Textarchiv, abgerufen am 29.12.2015</ref>.</note></p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [28/0032]
Schon die Alten beschäftigten sich mit den mannigfaltigsten Hypothesen
über die Veranlassungen der augenscheinlichsten Veränderungen der Erd-
oberfläche. Bei der Frage über den ehemaligen flüssigen Zustand der
Erde theilten sich die Meinungen, wie bei uns, und schon bei den Griechen
schieden sich Neptunisten von den Vulkanisten. Lange ist die mit den
theologischen Theorieen übereinstim̃endere Ansicht die herrschende gewe-
sen, daß die Urgebirge vom Wasser durchdrungen und in demselben
aufgelöst gewesen seien u erst spät hat man Granit u Porphyr,
wie jetzt angenom̃en wird, für Producte des Feuers erkannt. –
Prof. Dudley in Oxford hat kürzlich auf eine ergötzlich geistreiche
Weise einen geologischen Thermometer zusam̃mengestellt, auf dem
gradweise angegeben ist, wie sich allmählig die Meinung der Gelehrten
für die vulkanische Hypothese erwärmt hat. – Seit Buffon u der Pro-
togea des großen Leibnitz haben genauere Untersuchungen ein helleres
Licht über die Lagerungsverhältnisse der Gebirgsmassen verbreitet.
Die Chrÿstallographie, eine neue Wissenschaft kömmt uns zu Hülfe,
um die sich der schätzbare Mineralog Hauy in Paris große Verdienste
erworben hat, u die hier mitten unter uns Prof. Weiss gewissermassen
begründet hat. – Wir müssen hierbei auf eine chemische u mechanische
Heterogenität in den Bestandtheilen der Erde aufmerksam machen,
u demnächst bemerken, wie die constanten Associationen der Gesteine
eine Gebirgsart bilden, welche man mit derselben Mischung in allen
Theilen der Erde wiederfindet. Die auf diese Art verschiedenen u ähn-
lichen Gebirgsarten bilden Gruppen, welche man Formationen neñt.
Es ist Werners, des verdienten Stifters der Freiburger Schule, unsterbli-
ches Verdienst, zuerst auf die Bildung der Formationen aufmerksam ge-
macht zu haben.
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Tina Krell, Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
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Weitere Informationen:Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription von [N. N.]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1827/28] anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.
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