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Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

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Die Insekten machen fast 2/3 aller bekannten Thiere aus und dabei ist es wahrschein-
lich, daß vielleicht noch weit mehrere uns unbekannt geblieben sind, indem sie
sich so viel leichter, als die Pflanzen, der Betrachtung entziehen. - Die Flora von
Berlin, mit welcher uns von Schlectendal's Arbeit bekannt macht, enthält in der
Ausbreitung bis gegen die Oder etwa 2000 Arten; - in derselben Umgegend
sind schon 5000 Insecten bekannt und wer möchte erstaunen, die numerische Ver-
schiedenheit nicht noch größer zu finden, wenn man bedenkt, wie vielen In-
sectenarten oft eine einzelne Pflanzengattung zum Wohnplatz angewiesen
ist und viele derselben überdieß Raubthiere sind.

Es ist ein durch Buffon verbreiteter Irrthum, daß einzelne Welttheile ge-
wissermassen tiefer ständen gegen die übrigen, im Verhältniß, als ihnen
die größern Thierformen abgehen, welche die andern auszeichnen. So zum Beispiel Ame-
rika, in dem sich keine der größern Pachydermen vorfinden. Es ist aber dieß
nicht sowohl ein anderer Welttheil, als eine andere Seite unsers Planeten
zu nennen, auf der sich das Festland fast von einem Pole zum andern
erstreckt. Wie von dem Monde uns stets die eine Seite sichtbar ist, und
und wier durch Oscillationen am Rande nur einen sehr kleinen Theil der entge-
gengesetzten Mondscheibe erblicken, so war auch bis ins 15te saeculum die eine
Seite des Planeten seinen Einwohnern unsichtbar. - Es ist wahr, daß auf
diesem Theile der Erdfläche nicht dieselbe Mannigfaltigkeit und Verschie-
denheit der Menschenracen Statt findet, als auf der entgegengesetzten.
Von Norden nach Süden findet man mehr oder weniger eine Ueberein-
stimmung in der Organisation und selbst in der Sprache der Eingebornen.
Eigne Thier- und Pflanzen-Formen bezeichnen diese Erdhälfte, für die viel-
leicht die Cactusform characteristisch ist. (Ich bemerke hierbei daß in
der südlichen Zone unseres Continents, sowie in Amerika unsere Rose
gänzlich fehlt.) - Pachydermen finden sich nicht auf dieser Seite, wahrschein-
lich weil dieselbe Revolution, welche von 56 Species nur 12 übrig ließ,
hier diese Thierform von Grunde aus vernichtete. - Ich allein habe
jedoch von meiner Reise 3 neue Species fossiler Elephanten aus Amerika

Die Insekten machen fast ⅔ aller bekañten Thiere aus und dabei ist es wahrschein-
lich, daß vielleicht noch weit mehrere uns unbekañt geblieben sind, indem sie
sich so viel leichter, als die Pflanzen, der Betrachtung entziehen. – Die Flora von
Berlin, mit welcher uns von Schlectendal’s Arbeit bekannt macht, enthält in der
Ausbreitung bis gegen die Oder etwa 2000 Arten; – in derselben Umgegend
sind schon 5000 Insecten bekañt und wer möchte erstaunen, die numerische Ver-
schiedenheit nicht noch größer zu finden, weñ man bedenkt, wie vielen In-
sectenarten oft eine einzelne Pflanzengattung zum Wohnplatz angewiesen
ist und viele derselben überdieß Raubthiere sind.

Es ist ein durch Buffon verbreiteter Irrthum, daß einzelne Welttheile ge-
wissermassen tiefer ständen gegen die übrigen, im Verhältniß, als ihnen
die größern Thierformen abgehen, welche die andern auszeichnen. So zum Beispiel Ame-
rika, in dem sich keine der größern Pachydermen vorfinden. Es ist aber dieß
nicht sowohl ein anderer Welttheil, als eine andere Seite unsers Planeten
zu nennen, auf der sich das Festland fast von einem Pole zum andern
erstreckt. Wie von dem Monde uns stets die eine Seite sichtbar ist, und
und wier durch Oscillationen am Rande nur einen sehr kleinen Theil der entge-
gengesetzten Mondscheibe erblicken, so war auch bis ins 15te saeculum die eine
Seite des Planeten seinen Einwohnern unsichtbar. – Es ist wahr, daß auf
diesem Theile der Erdfläche nicht dieselbe Mannigfaltigkeit und Verschie-
denheit der Menschenracen Statt findet, als auf der entgegengesetzten.
Von Norden nach Süden findet man mehr oder weniger eine Ueberein-
stim̃ung in der Organisation und selbst in der Sprache der Eingebornen.
Eigne Thier- und Pflanzen-Formen bezeichnen diese Erdhälfte, für die viel-
leicht die Cactusform characteristisch ist. (Ich bemerke hierbei daß in
der südlichen Zone unseres Continents, sowie in Amerika unsere Rose
gänzlich fehlt.)Pachydermen finden sich nicht auf dieser Seite, wahrschein-
lich weil dieselbe Revolution, welche von 56 Species nur 12 übrig ließ,
hier diese Thierform von Grunde aus vernichtete. – Ich allein habe
jedoch von meiner Reise 3 neue Species fossiler Elephanten aus Amerika

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[74/0078] Die Insekten machen fast ⅔ aller bekañten Thiere aus u dabei ist es wahrschein- lich, daß vielleicht noch weit mehrere uns unbekañt geblieben sind, indem sie sich so viel leichter, als die Pflanzen, der Betrachtung entziehen. – Die Flora von Berlin, mit welcher uns v Schlectendal’s Arbeit bekannt macht, enthält in der Ausbreitung bis gegen die Oder etwa 2000 Arten; – in derselben Umgegend sind schon 5000 Insecten bekañt u wer möchte erstaunen, die numerische Ver- schiedenheit nicht noch größer zu finden, weñ man bedenkt, wie vielen In- sectenarten oft eine einzelne Pflanzengattung zum Wohnplatz angewiesen ist u viele derselben überdieß Raubthiere sind. Es ist ein durch Buffon verbreiteter Irrthum, daß einzelne Welttheile ge- wissermassen tiefer ständen gegen die übrigen, im Verhältniß, als ihnen die größern Thierformen abgehen, welche die andern auszeichnen. So zB Ame- rika, in dem sich keine der größern Pachydermen vorfinden. Es ist aber dieß nicht sowohl ein anderer Welttheil, als eine andere Seite unsers Planeten zu nennen, auf der sich das Festland fast von einem Pole zum andern erstreckt. Wie von dem Monde uns stets die eine Seite sichtbar ist, u u wir durch Oscillationen am Rande nur einen sehr kleinen Theil der entge- gengesetzten Mondscheibe erblicken, so war auch bis ins 15t saec. die eine Seite des Planeten seinen Einwohnern unsichtbar. – Es ist wahr, daß auf diesem Theile der Erdfläche nicht dieselbe Mannigfaltigkeit u Verschie- denheit der Menschenracen Statt findet, als auf der entgegengesetzten. Von Norden nach Süden findet man mehr oder weniger eine Ueberein- stim̃ung in der Organisation u selbst in der Sprache der Eingebornen. Eigne Thier- u Pflanzen-formen bezeichnen diese Erdhälfte, für die viel- leicht die Cactusform characteristisch ist. /Ich bemerke hierbei daß in der südlichen Zone unseres Continents, sowie in Amerika unsere Rose gänzlich fehlt./ – Pachydermen finden sich nicht auf dieser Seite, wahrschein- lich weil dieselbe Revolution, welche von 56 Species nur 12 übrig ließ, hier diese Thierform von Grunde aus vernichtete. – Ich allein habe jedoch von meiner Reise 3 neue Species fossiler Elephanten aus Amerika

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Tina Krell, Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Nalan Lom: Bilddigitalisierung

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Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription von [N. N.]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1827/28] anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • I/J: Lautwert transkribiert



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Zitationshilfe: Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_privatbesitz_1829/78>, abgerufen am 24.11.2024.