furchtbar. So liegt auch in der Sinnlichkeit des Menschen eine wilde Gewalt, und sobald sie die Schranken der sittlichen Ordnung durchbricht, werden die Verwüstungen grauenvoll. In dieser Beziehung schreibt Cardinal Massaia der die Folgen der Ehescheidungen unter den christlichen Sekten Abessyniens mit eigenen Augen gesehen: "Wo keine christliche Ehe, kann keine Familie sein; daher keine Erziehung, keine Treue, keine Gerechtigkeit, sondern Eigen- nutz, Unordnung, Barbarei und das schönste Land wird ein Wald voll Räuber."
Soll nun Gott dem sinnlichen Menschen die Freiheit lassen, durch die Befriedigung seiner Gelüste sich selbst und andere in namenloses Unglück zu stürzen? - Des- halb spricht er zum Menschen: "Siehe, wenn du nicht die Gnade hast, außer der Ehe jungfräulich zu leben, so trete in den Ehestand: aber wenn du dennoch deine Freuden anderswo suchen willst, so magst du für den Augenblick nach deinen Gelüsten leben, aber für den Ehe- bruch wirst du ewig in der Hölle jammern."
Dieser ewige Feuerwirbel allein vermag die Leiden- schaft innert der Grenzen der sittlichen Ordnung zu bannen; sobald ihr aber derselben Spielraum gewährt, greift sie unbändig um sich. Wo daher Sitte und Gesetz die Zer- reißung des Ehebandes gestatten, da nimmt das Uebel furchtbar zu, lockert die Ehe und zerfrißt wie ein Krebs- schaden Familie und Gesellschaft.
520 Jahre waren nach Erbauung Roms verflossen als dort unter allgemeiner Mißbilligung die erste Schei- dung vorkam. Bald jedoch nahm das Uebel derart über- wand, daß Seneca schreiben konnte: "Gibt es noch irgend eine Frau, welche der Ehescheidung sich schämt? Sie zeigen sich in der Oeffentlichkeit, um zu heirathen und sie heirathen der Scheidung wegen. Man fürchtete dieselbe, solange sie selten war, weil es aber keine Gerichtsverhand-
furchtbar. So liegt auch in der Sinnlichkeit des Menschen eine wilde Gewalt, und sobald sie die Schranken der sittlichen Ordnung durchbricht, werden die Verwüstungen grauenvoll. In dieser Beziehung schreibt Cardinal Massaia der die Folgen der Ehescheidungen unter den christlichen Sekten Abessyniens mit eigenen Augen gesehen: „Wo keine christliche Ehe, kann keine Familie sein; daher keine Erziehung, keine Treue, keine Gerechtigkeit, sondern Eigen- nutz, Unordnung, Barbarei und das schönste Land wird ein Wald voll Räuber.“
Soll nun Gott dem sinnlichen Menschen die Freiheit lassen, durch die Befriedigung seiner Gelüste sich selbst und andere in namenloses Unglück zu stürzen? – Des- halb spricht er zum Menschen: „Siehe, wenn du nicht die Gnade hast, außer der Ehe jungfräulich zu leben, so trete in den Ehestand: aber wenn du dennoch deine Freuden anderswo suchen willst, so magst du für den Augenblick nach deinen Gelüsten leben, aber für den Ehe- bruch wirst du ewig in der Hölle jammern.“
Dieser ewige Feuerwirbel allein vermag die Leiden- schaft innert der Grenzen der sittlichen Ordnung zu bannen; sobald ihr aber derselben Spielraum gewährt, greift sie unbändig um sich. Wo daher Sitte und Gesetz die Zer- reißung des Ehebandes gestatten, da nimmt das Uebel furchtbar zu, lockert die Ehe und zerfrißt wie ein Krebs- schaden Familie und Gesellschaft.
520 Jahre waren nach Erbauung Roms verflossen als dort unter allgemeiner Mißbilligung die erste Schei- dung vorkam. Bald jedoch nahm das Uebel derart über- wand, daß Seneca schreiben konnte: „Gibt es noch irgend eine Frau, welche der Ehescheidung sich schämt? Sie zeigen sich in der Oeffentlichkeit, um zu heirathen und sie heirathen der Scheidung wegen. Man fürchtete dieselbe, solange sie selten war, weil es aber keine Gerichtsverhand-
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furchtbar. So liegt auch in der Sinnlichkeit des Menschen
eine wilde Gewalt, und sobald sie die Schranken der
sittlichen Ordnung durchbricht, werden die Verwüstungen
grauenvoll. In dieser Beziehung schreibt Cardinal Massaia
der die Folgen der Ehescheidungen unter den christlichen
Sekten Abessyniens mit eigenen Augen gesehen: „Wo
keine christliche Ehe, kann keine Familie sein; daher keine
Erziehung, keine Treue, keine Gerechtigkeit, sondern Eigen-
nutz, Unordnung, Barbarei und das schönste Land wird
ein Wald voll Räuber.“
Soll nun Gott dem sinnlichen Menschen die Freiheit
lassen, durch die Befriedigung seiner Gelüste sich selbst
und andere in namenloses Unglück zu stürzen? – Des-
halb spricht er zum Menschen: „Siehe, wenn du nicht
die Gnade hast, außer der Ehe jungfräulich zu leben, so
trete in den Ehestand: aber wenn du dennoch deine
Freuden anderswo suchen willst, so magst du für den
Augenblick nach deinen Gelüsten leben, aber für den Ehe-
bruch wirst du ewig in der Hölle jammern.“
Dieser ewige Feuerwirbel allein vermag die Leiden-
schaft innert der Grenzen der sittlichen Ordnung zu bannen;
sobald ihr aber derselben Spielraum gewährt, greift sie
unbändig um sich. Wo daher Sitte und Gesetz die Zer-
reißung des Ehebandes gestatten, da nimmt das Uebel
furchtbar zu, lockert die Ehe und zerfrißt wie ein Krebs-
schaden Familie und Gesellschaft.
520 Jahre waren nach Erbauung Roms verflossen
als dort unter allgemeiner Mißbilligung die erste Schei-
dung vorkam. Bald jedoch nahm das Uebel derart über-
wand, daß Seneca schreiben konnte: „Gibt es noch irgend
eine Frau, welche der Ehescheidung sich schämt? Sie
zeigen sich in der Oeffentlichkeit, um zu heirathen und sie
heirathen der Scheidung wegen. Man fürchtete dieselbe,
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Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/113>, abgerufen am 27.11.2024.
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