auf, indem er an den hl. Bonifaz schrieb: Wir beschließen, daß sie die Abstammung berücksichtigen bis auf den siebenten Grad. Als erste eigentliche Dispens gilt gewöhnlich die, welche Innocenz III. dem Kaiser Otto IV. bewilligte, im fünften Grade der Blutsverwandtschaft. (1207.) Der Papst wurde von allen Seiten gebeten und bestürmt; die wich- tigsten Gründe wurden geltend gemacht. Und doch ließ sich der hl. Vater erst nach langer Zeit und trotz der wichtigsten Gründe nur äußerst ungerne, wie gezwungen und nur unter schweren Bedingungen zur Dispens be- wegen. Der Kaiser mußte zwei große Klöster stiften, reiche Almosen geben, der Kirche seinen Schutz versprechen. Die Aebte von Clugny und Ateaun mußten sich verpflichten, die Gebete und Bußwerke ihrer Ordensleute zu verdoppeln, um die der Kirchenzucht geschlagene Wunde zu heilen. Da nun sehet ihr auch den Ursprung und die Bedeutung der Dispensgelder. Es gibt so unwissende Katholiken, welche meinen, es handle sich da um einige Franken, man müsse dem Pfarrer nur ein Goldstück geben, damit gehe es schon Dispensen werden nicht gekauft und nicht verkauft, sondern gratis ab- gegeben Aber wozu denn Geld? Das ist gleichsam eine Buße für die der Kirchenzucht geschlagene Wunde. Wenn aber die Kirche in dieser Beziehung nicht mehr so strenge ist wie früher, liegt der Grund in der Schwäche und Gleichgültigkeit ihrer Kinder. Sie will den glimmenden Docht nicht ganz auslöschen. Aber wozu dies Geld? So kann nur jener Katholik fragen, der von der Geschichte der Missionen, der Anstalten, der zahllosen Liebeswerke seiner Kirche nichts weiß, oder auch nichts wissen will.
Die hl. Kirche übte also von jeher das Recht, Ehe- hindernisse aufzustellen und auch davon zu dispensiren. Bis zum Ausbruch der Reformation war sie in ruhigem Besitze dieses Rechtes; denn es kam niemanden in den
auf, indem er an den hl. Bonifaz schrieb: Wir beschließen, daß sie die Abstammung berücksichtigen bis auf den siebenten Grad. Als erste eigentliche Dispens gilt gewöhnlich die, welche Innocenz III. dem Kaiser Otto IV. bewilligte, im fünften Grade der Blutsverwandtschaft. (1207.) Der Papst wurde von allen Seiten gebeten und bestürmt; die wich- tigsten Gründe wurden geltend gemacht. Und doch ließ sich der hl. Vater erst nach langer Zeit und trotz der wichtigsten Gründe nur äußerst ungerne, wie gezwungen und nur unter schweren Bedingungen zur Dispens be- wegen. Der Kaiser mußte zwei große Klöster stiften, reiche Almosen geben, der Kirche seinen Schutz versprechen. Die Aebte von Clugny und Ateaun mußten sich verpflichten, die Gebete und Bußwerke ihrer Ordensleute zu verdoppeln, um die der Kirchenzucht geschlagene Wunde zu heilen. Da nun sehet ihr auch den Ursprung und die Bedeutung der Dispensgelder. Es gibt so unwissende Katholiken, welche meinen, es handle sich da um einige Franken, man müsse dem Pfarrer nur ein Goldstück geben, damit gehe es schon Dispensen werden nicht gekauft und nicht verkauft, sondern gratis ab- gegeben Aber wozu denn Geld? Das ist gleichsam eine Buße für die der Kirchenzucht geschlagene Wunde. Wenn aber die Kirche in dieser Beziehung nicht mehr so strenge ist wie früher, liegt der Grund in der Schwäche und Gleichgültigkeit ihrer Kinder. Sie will den glimmenden Docht nicht ganz auslöschen. Aber wozu dies Geld? So kann nur jener Katholik fragen, der von der Geschichte der Missionen, der Anstalten, der zahllosen Liebeswerke seiner Kirche nichts weiß, oder auch nichts wissen will.
Die hl. Kirche übte also von jeher das Recht, Ehe- hindernisse aufzustellen und auch davon zu dispensiren. Bis zum Ausbruch der Reformation war sie in ruhigem Besitze dieses Rechtes; denn es kam niemanden in den
<TEI><text><body><divn="15"><p><pbfacs="#f0148"xml:id="H891_001_1896_pb0136_0001"n="136"/>
auf, indem er an den hl. Bonifaz schrieb: Wir beschließen,<lb/>
daß sie die Abstammung berücksichtigen bis auf den siebenten<lb/>
Grad. Als erste eigentliche Dispens gilt gewöhnlich die,<lb/>
welche Innocenz III. dem Kaiser Otto IV. bewilligte, im<lb/>
fünften Grade der Blutsverwandtschaft. (1207.) Der Papst<lb/>
wurde von allen Seiten gebeten und bestürmt; die wich-<lb/>
tigsten Gründe wurden geltend gemacht. Und doch ließ<lb/>
sich der hl. Vater erst nach langer Zeit und trotz der<lb/>
wichtigsten Gründe nur äußerst ungerne, wie gezwungen<lb/>
und nur unter schweren Bedingungen zur Dispens be-<lb/>
wegen. Der Kaiser mußte zwei große Klöster stiften, reiche<lb/>
Almosen geben, der Kirche seinen Schutz versprechen. Die<lb/>
Aebte von Clugny und Ateaun mußten sich verpflichten,<lb/>
die Gebete und Bußwerke ihrer Ordensleute zu verdoppeln,<lb/><hirendition="#g">um die der Kirchenzucht geschlagene Wunde zu<lb/>
heilen</hi>. Da nun sehet ihr auch den Ursprung und die<lb/>
Bedeutung der Dispensgelder. Es gibt so unwissende<lb/>
Katholiken, welche meinen, es handle sich da um einige<lb/>
Franken, man müsse dem Pfarrer nur ein Goldstück geben,<lb/>
damit gehe es schon <hirendition="#g">Dispensen werden nicht<lb/>
gekauft und nicht verkauft, sondern gratis ab-<lb/>
gegeben</hi> Aber wozu denn Geld? Das ist gleichsam<lb/>
eine Buße für die der Kirchenzucht geschlagene Wunde.<lb/>
Wenn aber die Kirche in dieser Beziehung nicht mehr so<lb/>
strenge ist wie früher, liegt der Grund in der Schwäche<lb/>
und Gleichgültigkeit ihrer Kinder. Sie will den glimmenden<lb/>
Docht nicht ganz auslöschen. Aber wozu dies Geld?<lb/>
So kann nur jener Katholik fragen, der von der Geschichte<lb/>
der Missionen, der Anstalten, der zahllosen Liebeswerke<lb/>
seiner Kirche nichts weiß, oder auch nichts wissen will.</p><p>Die hl. Kirche übte also von jeher das Recht, Ehe-<lb/>
hindernisse aufzustellen und auch davon zu dispensiren.<lb/>
Bis zum Ausbruch der Reformation war sie in ruhigem<lb/>
Besitze dieses Rechtes; denn es kam niemanden in den<lb/></p></div></body></text></TEI>
[136/0148]
auf, indem er an den hl. Bonifaz schrieb: Wir beschließen,
daß sie die Abstammung berücksichtigen bis auf den siebenten
Grad. Als erste eigentliche Dispens gilt gewöhnlich die,
welche Innocenz III. dem Kaiser Otto IV. bewilligte, im
fünften Grade der Blutsverwandtschaft. (1207.) Der Papst
wurde von allen Seiten gebeten und bestürmt; die wich-
tigsten Gründe wurden geltend gemacht. Und doch ließ
sich der hl. Vater erst nach langer Zeit und trotz der
wichtigsten Gründe nur äußerst ungerne, wie gezwungen
und nur unter schweren Bedingungen zur Dispens be-
wegen. Der Kaiser mußte zwei große Klöster stiften, reiche
Almosen geben, der Kirche seinen Schutz versprechen. Die
Aebte von Clugny und Ateaun mußten sich verpflichten,
die Gebete und Bußwerke ihrer Ordensleute zu verdoppeln,
um die der Kirchenzucht geschlagene Wunde zu
heilen. Da nun sehet ihr auch den Ursprung und die
Bedeutung der Dispensgelder. Es gibt so unwissende
Katholiken, welche meinen, es handle sich da um einige
Franken, man müsse dem Pfarrer nur ein Goldstück geben,
damit gehe es schon Dispensen werden nicht
gekauft und nicht verkauft, sondern gratis ab-
gegeben Aber wozu denn Geld? Das ist gleichsam
eine Buße für die der Kirchenzucht geschlagene Wunde.
Wenn aber die Kirche in dieser Beziehung nicht mehr so
strenge ist wie früher, liegt der Grund in der Schwäche
und Gleichgültigkeit ihrer Kinder. Sie will den glimmenden
Docht nicht ganz auslöschen. Aber wozu dies Geld?
So kann nur jener Katholik fragen, der von der Geschichte
der Missionen, der Anstalten, der zahllosen Liebeswerke
seiner Kirche nichts weiß, oder auch nichts wissen will.
Die hl. Kirche übte also von jeher das Recht, Ehe-
hindernisse aufzustellen und auch davon zu dispensiren.
Bis zum Ausbruch der Reformation war sie in ruhigem
Besitze dieses Rechtes; denn es kam niemanden in den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/148>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.