wissend wie Gott ist unterthan Maria und Joseph, denen die Gegenwart beinahe so dunkel wie die Zukunft; Jesus Christus der Schöpfer des Himmels und der Erde ist zwei Geschöpfen unterthan! Unterthan war ihnen der Sohn Gottes!
Wenn also Kinder auch weiser, angesehener, frömmer als ihre Eltern, bleiben sie doch Kinder und sind Gehor- sam schuldig. Was soll ich erst von diesen sagen, welche unwissend, unerfahren, aber im Hochmuthe ihrer Flegel- jahre nicht mehr gehorchen wollen? Christen dem Namen nach, in Wirklichkeit Heiden! Oder wollet ihr etwa sagen: "Der Gehorsam verlangt zu große Opfer!" Be- trachtet euer Vorbild. Und er zog mit ihnen hinab und kam nach Nazareth. Der zwölfjährige Knabe blieb ohne Wissen seiner Eltern im Tempel zurück, weil es so der Wille seines himmlischen Vaters war; er blieb überaus gerne, weil er am liebsten im Hause seines Vaters war.
Konnte er nicht für immer in Jerusalem wohnen? Nicht täglich im Tempel beten und bei den Lehrern weilen? Konnte er sich auf diese Weise nicht glänzend auf sein öffentliches Leben vorbereiten? Konnte er die Annehmlich- keiten Jerusalems nicht in der unschuldigsten Weise genießen? - Und doch verläßt er diesen Tempel, an den er wie angewachsen; verläßt die Herrlichkeit und Schönheit Jeru- salems, geht nach dem verachteten Nazareth, woher nach allgemeiner Ansicht nichts gutes kommen konnte. Aber wußte er denn nicht, daß er gerade deßwegen bei seinem öffentlichen Auftreten verachtet sein werde? - Und doch geht er mit Maria und Joseph nach Nazareth. Warum? Er war unterthan, wenn auch große Opfer, ja Spott und Hohn mit dem Gehorsam verbunden waren.
Wo also findet ihr den Sohn Gottes? Im verach- teten Nazareth, in der Werkstatt des hl. Joseph, nicht als müßigen Zuschauer, sondern als thätigen Gehilfen
wissend wie Gott ist unterthan Maria und Joseph, denen die Gegenwart beinahe so dunkel wie die Zukunft; Jesus Christus der Schöpfer des Himmels und der Erde ist zwei Geschöpfen unterthan! Unterthan war ihnen der Sohn Gottes!
Wenn also Kinder auch weiser, angesehener, frömmer als ihre Eltern, bleiben sie doch Kinder und sind Gehor- sam schuldig. Was soll ich erst von diesen sagen, welche unwissend, unerfahren, aber im Hochmuthe ihrer Flegel- jahre nicht mehr gehorchen wollen? Christen dem Namen nach, in Wirklichkeit Heiden! Oder wollet ihr etwa sagen: „Der Gehorsam verlangt zu große Opfer!“ Be- trachtet euer Vorbild. Und er zog mit ihnen hinab und kam nach Nazareth. Der zwölfjährige Knabe blieb ohne Wissen seiner Eltern im Tempel zurück, weil es so der Wille seines himmlischen Vaters war; er blieb überaus gerne, weil er am liebsten im Hause seines Vaters war.
Konnte er nicht für immer in Jerusalem wohnen? Nicht täglich im Tempel beten und bei den Lehrern weilen? Konnte er sich auf diese Weise nicht glänzend auf sein öffentliches Leben vorbereiten? Konnte er die Annehmlich- keiten Jerusalems nicht in der unschuldigsten Weise genießen? – Und doch verläßt er diesen Tempel, an den er wie angewachsen; verläßt die Herrlichkeit und Schönheit Jeru- salems, geht nach dem verachteten Nazareth, woher nach allgemeiner Ansicht nichts gutes kommen konnte. Aber wußte er denn nicht, daß er gerade deßwegen bei seinem öffentlichen Auftreten verachtet sein werde? – Und doch geht er mit Maria und Joseph nach Nazareth. Warum? Er war unterthan, wenn auch große Opfer, ja Spott und Hohn mit dem Gehorsam verbunden waren.
Wo also findet ihr den Sohn Gottes? Im verach- teten Nazareth, in der Werkstatt des hl. Joseph, nicht als müßigen Zuschauer, sondern als thätigen Gehilfen
<TEI><text><body><divn="21"><p><pbfacs="#f0211"xml:id="H891_001_1896_pb0199_0001"n="199"/>
wissend wie Gott ist unterthan Maria und Joseph, denen<lb/>
die Gegenwart beinahe so dunkel wie die Zukunft; Jesus<lb/>
Christus der Schöpfer des Himmels und der Erde ist<lb/>
zwei Geschöpfen unterthan! Unterthan war ihnen der<lb/>
Sohn Gottes!</p><p>Wenn also Kinder auch weiser, angesehener, frömmer<lb/>
als ihre Eltern, bleiben sie doch Kinder und sind Gehor-<lb/>
sam schuldig. Was soll ich erst von diesen sagen, welche<lb/>
unwissend, unerfahren, aber im Hochmuthe ihrer Flegel-<lb/>
jahre nicht mehr gehorchen wollen? Christen dem Namen<lb/>
nach, in Wirklichkeit Heiden! Oder wollet ihr etwa<lb/>
sagen: <q>„Der Gehorsam verlangt zu große Opfer!“</q> Be-<lb/>
trachtet euer Vorbild. Und er zog mit ihnen hinab und<lb/>
kam nach Nazareth. Der zwölfjährige Knabe blieb ohne<lb/>
Wissen seiner Eltern im Tempel zurück, weil es so der<lb/>
Wille seines himmlischen Vaters war; er blieb überaus<lb/>
gerne, weil er am liebsten im Hause seines Vaters war.</p><p>Konnte er nicht für immer in Jerusalem wohnen?<lb/>
Nicht täglich im Tempel beten und bei den Lehrern weilen?<lb/>
Konnte er sich auf diese Weise nicht glänzend auf sein<lb/>
öffentliches Leben vorbereiten? Konnte er die Annehmlich-<lb/>
keiten Jerusalems nicht in der unschuldigsten Weise genießen?<lb/>– Und doch verläßt er diesen Tempel, an den er wie<lb/>
angewachsen; verläßt die Herrlichkeit und Schönheit Jeru-<lb/>
salems, geht nach dem verachteten Nazareth, woher nach<lb/>
allgemeiner Ansicht nichts gutes kommen konnte. Aber<lb/>
wußte er denn nicht, daß er gerade deßwegen bei seinem<lb/>
öffentlichen Auftreten verachtet sein werde? – Und doch<lb/>
geht er mit Maria und Joseph nach Nazareth. Warum?<lb/>
Er war unterthan, wenn auch große Opfer, ja Spott und<lb/>
Hohn mit dem Gehorsam verbunden waren.</p><p>Wo also findet ihr den Sohn Gottes? Im verach-<lb/>
teten Nazareth, in der Werkstatt des hl. Joseph, nicht<lb/>
als müßigen Zuschauer, sondern als thätigen Gehilfen<lb/></p></div></body></text></TEI>
[199/0211]
wissend wie Gott ist unterthan Maria und Joseph, denen
die Gegenwart beinahe so dunkel wie die Zukunft; Jesus
Christus der Schöpfer des Himmels und der Erde ist
zwei Geschöpfen unterthan! Unterthan war ihnen der
Sohn Gottes!
Wenn also Kinder auch weiser, angesehener, frömmer
als ihre Eltern, bleiben sie doch Kinder und sind Gehor-
sam schuldig. Was soll ich erst von diesen sagen, welche
unwissend, unerfahren, aber im Hochmuthe ihrer Flegel-
jahre nicht mehr gehorchen wollen? Christen dem Namen
nach, in Wirklichkeit Heiden! Oder wollet ihr etwa
sagen: „Der Gehorsam verlangt zu große Opfer!“ Be-
trachtet euer Vorbild. Und er zog mit ihnen hinab und
kam nach Nazareth. Der zwölfjährige Knabe blieb ohne
Wissen seiner Eltern im Tempel zurück, weil es so der
Wille seines himmlischen Vaters war; er blieb überaus
gerne, weil er am liebsten im Hause seines Vaters war.
Konnte er nicht für immer in Jerusalem wohnen?
Nicht täglich im Tempel beten und bei den Lehrern weilen?
Konnte er sich auf diese Weise nicht glänzend auf sein
öffentliches Leben vorbereiten? Konnte er die Annehmlich-
keiten Jerusalems nicht in der unschuldigsten Weise genießen?
– Und doch verläßt er diesen Tempel, an den er wie
angewachsen; verläßt die Herrlichkeit und Schönheit Jeru-
salems, geht nach dem verachteten Nazareth, woher nach
allgemeiner Ansicht nichts gutes kommen konnte. Aber
wußte er denn nicht, daß er gerade deßwegen bei seinem
öffentlichen Auftreten verachtet sein werde? – Und doch
geht er mit Maria und Joseph nach Nazareth. Warum?
Er war unterthan, wenn auch große Opfer, ja Spott und
Hohn mit dem Gehorsam verbunden waren.
Wo also findet ihr den Sohn Gottes? Im verach-
teten Nazareth, in der Werkstatt des hl. Joseph, nicht
als müßigen Zuschauer, sondern als thätigen Gehilfen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/211>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.