entwickelt, geeignet sind, die Jugend für die Bewahrung der Reinheit des Leibes und der Seele zu begeistern, so reichen sie doch bei der Größe des menschlichen Elends im All- gemeinen nicht aus, sondern es ist noch eine ganz beson- dere Belehrung nothwendig.
Christus, der einerseits mit seiner Menschenfreund- lichkeit alle im Himmel haben will, anderseits aber die großen Gefahren der Sinnlichkeit kennt, will alle nur möglichen Mittel der Heiligung und Rettung uns an die Hand geben. Es ist nothwendig, die Kinder zu bewachen und ihr Schamgefühl zur vollen Zartheit zu entwickeln. Allein gar manches entzieht sich der Wachsamkeit. Denn die Gefahren sind ja nicht bloß äußere, sondern auch innere, und selbst die äußern bleiben oft lange ver- borgen. Denn schon die Kinder verheimlichen aus Furcht oder Scham allerlei. Belehrung ist nothwendig; allein oft muß eine Stimme ertönen, welche nur einem Kinde vernehmbar ist im tiefsten Heiligthum seines Herzens. Warum das? Schon das Kind ist oft in mancherlei Gefahren, hat allerlei Gedanken, Wünsche, Begierden. Es fühlt das Bedürfniß, all' das zu offenbaren. Aber wem? Den Eltern? Es schämt oder fürchtet sich. Dem Lehrer? Es fehlt das wahre Vertrauen - besonders in der reli- gionslosen Schule. Beim Seelsorger. Aber es scheint ihm das vollkommene Geheimniß zu fehlen; auch Furcht und Scham spielen mit. Und doch hat das Kind ein Bedürfniß, sich ganz zu offenbaren; es hat keine Ruhe, bis es von jemanden sichere Auskunft hat, ob es auf dem Himmelswege sei oder nicht. Wo nun findet es eine Seele, die rein, edel, verschwiegen, erfahren, erleuchtet, voll Mitleid und Menschenfreundlichkeit ist, eine Seele, die es nicht einmal, sondern 100 Mal um Rath fragen darf und kann? Diesen Führer und Rathgeber findet das Kind in seinen ersten Gefahren, findet die Jugend im
entwickelt, geeignet sind, die Jugend für die Bewahrung der Reinheit des Leibes und der Seele zu begeistern, so reichen sie doch bei der Größe des menschlichen Elends im All- gemeinen nicht aus, sondern es ist noch eine ganz beson- dere Belehrung nothwendig.
Christus, der einerseits mit seiner Menschenfreund- lichkeit alle im Himmel haben will, anderseits aber die großen Gefahren der Sinnlichkeit kennt, will alle nur möglichen Mittel der Heiligung und Rettung uns an die Hand geben. Es ist nothwendig, die Kinder zu bewachen und ihr Schamgefühl zur vollen Zartheit zu entwickeln. Allein gar manches entzieht sich der Wachsamkeit. Denn die Gefahren sind ja nicht bloß äußere, sondern auch innere, und selbst die äußern bleiben oft lange ver- borgen. Denn schon die Kinder verheimlichen aus Furcht oder Scham allerlei. Belehrung ist nothwendig; allein oft muß eine Stimme ertönen, welche nur einem Kinde vernehmbar ist im tiefsten Heiligthum seines Herzens. Warum das? Schon das Kind ist oft in mancherlei Gefahren, hat allerlei Gedanken, Wünsche, Begierden. Es fühlt das Bedürfniß, all' das zu offenbaren. Aber wem? Den Eltern? Es schämt oder fürchtet sich. Dem Lehrer? Es fehlt das wahre Vertrauen – besonders in der reli- gionslosen Schule. Beim Seelsorger. Aber es scheint ihm das vollkommene Geheimniß zu fehlen; auch Furcht und Scham spielen mit. Und doch hat das Kind ein Bedürfniß, sich ganz zu offenbaren; es hat keine Ruhe, bis es von jemanden sichere Auskunft hat, ob es auf dem Himmelswege sei oder nicht. Wo nun findet es eine Seele, die rein, edel, verschwiegen, erfahren, erleuchtet, voll Mitleid und Menschenfreundlichkeit ist, eine Seele, die es nicht einmal, sondern 100 Mal um Rath fragen darf und kann? Diesen Führer und Rathgeber findet das Kind in seinen ersten Gefahren, findet die Jugend im
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entwickelt, geeignet sind, die Jugend für die Bewahrung der
Reinheit des Leibes und der Seele zu begeistern, so reichen
sie doch bei der Größe des menschlichen Elends im All-
gemeinen nicht aus, sondern es ist noch eine ganz beson-
dere Belehrung nothwendig.
Christus, der einerseits mit seiner Menschenfreund-
lichkeit alle im Himmel haben will, anderseits aber die
großen Gefahren der Sinnlichkeit kennt, will alle nur
möglichen Mittel der Heiligung und Rettung uns an die
Hand geben. Es ist nothwendig, die Kinder zu bewachen
und ihr Schamgefühl zur vollen Zartheit zu entwickeln.
Allein gar manches entzieht sich der Wachsamkeit. Denn
die Gefahren sind ja nicht bloß äußere, sondern auch
innere, und selbst die äußern bleiben oft lange ver-
borgen. Denn schon die Kinder verheimlichen aus Furcht
oder Scham allerlei. Belehrung ist nothwendig; allein
oft muß eine Stimme ertönen, welche nur einem Kinde
vernehmbar ist im tiefsten Heiligthum seines Herzens.
Warum das? Schon das Kind ist oft in mancherlei
Gefahren, hat allerlei Gedanken, Wünsche, Begierden. Es
fühlt das Bedürfniß, all' das zu offenbaren. Aber wem?
Den Eltern? Es schämt oder fürchtet sich. Dem Lehrer?
Es fehlt das wahre Vertrauen – besonders in der reli-
gionslosen Schule. Beim Seelsorger. Aber es scheint
ihm das vollkommene Geheimniß zu fehlen; auch Furcht
und Scham spielen mit. Und doch hat das Kind ein
Bedürfniß, sich ganz zu offenbaren; es hat keine Ruhe,
bis es von jemanden sichere Auskunft hat, ob es auf
dem Himmelswege sei oder nicht. Wo nun findet es eine
Seele, die rein, edel, verschwiegen, erfahren, erleuchtet,
voll Mitleid und Menschenfreundlichkeit ist, eine Seele,
die es nicht einmal, sondern 100 Mal um Rath fragen
darf und kann? Diesen Führer und Rathgeber findet das
Kind in seinen ersten Gefahren, findet die Jugend im
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Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/272>, abgerufen am 22.11.2024.
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