wenn ihr scheinbar nur für das zeitliche Wohl der Ge- schwister besorgt seid. Doch dies alles ist nur wie ein kleiner Anfang. Sehet nur. Geschwister sind oft sehr verschiedenen Alters, daß ein Bruder, eine Schwester an den Kleinen gleichsam Vater- oder Mutterstelle vertreten kann. Wenn ihr nun diese Kleinen wahrhaft liebet, so werdet ihr dieselben in der Religion unterrichten, ihnen behilflich sein, daß sie die biblische Geschichte und den Katechismus recht verstehen und lernen. Allerdings ist das zunächst Aufgabe der Eltern; aber wenn ihr in dieser Sache gleichgültig seid, wo ist denn euere Geschwister- liebe? Oder ist das etwa nicht nothwendig? Noch heute erinnere ich mich so gerne an jene schönsten Stunden, wo ich während eines Jahres eine Kinderschaar auf die erste hl. Kommunion vorbereiten konnte. Darunter waren natürlich auch einige schwach an Geist oder an gutem Willen. Was thun? Wenn das Kind ältere Geschwister hatte, ließ ich einen Bruder oder eine Schwester kommen und sagte: "Siehe, so steht's mit deinem Bruder, mit deiner Schwester; du mußt dieses Kind so und so nach- nehmen." Sie thaten es mit dem glücklichsten Erfolge.
Wenn aber die Schulen konfessionslos? Oder spielt da nicht alles zusammen, daß die Kinder konfessionslos, d. h. religionslos aufwachsen? Denn wer keine Confession hat, hat auch keine Religion. Oder wie will derjenige Gott verehren, der gar keine Wahrheiten festhält, welche sich auf Gott beziehen? Das ist gerade so unmöglich als eine fremde Sprache reden, von der du kein einziges Wort kennst. Was wird da die Kinder retten? Vielleicht etwas mehr oder weniger Religionslehre in der Schule und in der Kinderkapelle? Ohne die Autorität des Vaters, ohne die Sorge der Mutter, ohne die Geschwister- liebe, welche die Familie in ein Heiligthum verwandeln, werden kaum die Ueberbleibsel gerettet werden. Aber
wenn ihr scheinbar nur für das zeitliche Wohl der Ge- schwister besorgt seid. Doch dies alles ist nur wie ein kleiner Anfang. Sehet nur. Geschwister sind oft sehr verschiedenen Alters, daß ein Bruder, eine Schwester an den Kleinen gleichsam Vater- oder Mutterstelle vertreten kann. Wenn ihr nun diese Kleinen wahrhaft liebet, so werdet ihr dieselben in der Religion unterrichten, ihnen behilflich sein, daß sie die biblische Geschichte und den Katechismus recht verstehen und lernen. Allerdings ist das zunächst Aufgabe der Eltern; aber wenn ihr in dieser Sache gleichgültig seid, wo ist denn euere Geschwister- liebe? Oder ist das etwa nicht nothwendig? Noch heute erinnere ich mich so gerne an jene schönsten Stunden, wo ich während eines Jahres eine Kinderschaar auf die erste hl. Kommunion vorbereiten konnte. Darunter waren natürlich auch einige schwach an Geist oder an gutem Willen. Was thun? Wenn das Kind ältere Geschwister hatte, ließ ich einen Bruder oder eine Schwester kommen und sagte: „Siehe, so steht's mit deinem Bruder, mit deiner Schwester; du mußt dieses Kind so und so nach- nehmen.“ Sie thaten es mit dem glücklichsten Erfolge.
Wenn aber die Schulen konfessionslos? Oder spielt da nicht alles zusammen, daß die Kinder konfessionslos, d. h. religionslos aufwachsen? Denn wer keine Confession hat, hat auch keine Religion. Oder wie will derjenige Gott verehren, der gar keine Wahrheiten festhält, welche sich auf Gott beziehen? Das ist gerade so unmöglich als eine fremde Sprache reden, von der du kein einziges Wort kennst. Was wird da die Kinder retten? Vielleicht etwas mehr oder weniger Religionslehre in der Schule und in der Kinderkapelle? Ohne die Autorität des Vaters, ohne die Sorge der Mutter, ohne die Geschwister- liebe, welche die Familie in ein Heiligthum verwandeln, werden kaum die Ueberbleibsel gerettet werden. Aber
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wenn ihr scheinbar nur für das zeitliche Wohl der Ge-
schwister besorgt seid. Doch dies alles ist nur wie ein
kleiner Anfang. Sehet nur. Geschwister sind oft sehr
verschiedenen Alters, daß ein Bruder, eine Schwester an
den Kleinen gleichsam Vater- oder Mutterstelle vertreten
kann. Wenn ihr nun diese Kleinen wahrhaft liebet, so
werdet ihr dieselben in der Religion unterrichten, ihnen
behilflich sein, daß sie die biblische Geschichte und den
Katechismus recht verstehen und lernen. Allerdings ist
das zunächst Aufgabe der Eltern; aber wenn ihr in dieser
Sache gleichgültig seid, wo ist denn euere Geschwister-
liebe? Oder ist das etwa nicht nothwendig? Noch heute
erinnere ich mich so gerne an jene schönsten Stunden,
wo ich während eines Jahres eine Kinderschaar auf die
erste hl. Kommunion vorbereiten konnte. Darunter waren
natürlich auch einige schwach an Geist oder an gutem
Willen. Was thun? Wenn das Kind ältere Geschwister
hatte, ließ ich einen Bruder oder eine Schwester kommen
und sagte: „Siehe, so steht's mit deinem Bruder, mit
deiner Schwester; du mußt dieses Kind so und so nach-
nehmen.“ Sie thaten es mit dem glücklichsten Erfolge.
Wenn aber die Schulen konfessionslos? Oder spielt
da nicht alles zusammen, daß die Kinder konfessionslos,
d. h. religionslos aufwachsen? Denn wer keine Confession
hat, hat auch keine Religion. Oder wie will derjenige
Gott verehren, der gar keine Wahrheiten festhält, welche
sich auf Gott beziehen? Das ist gerade so unmöglich
als eine fremde Sprache reden, von der du kein einziges
Wort kennst. Was wird da die Kinder retten? Vielleicht
etwas mehr oder weniger Religionslehre in der Schule
und in der Kinderkapelle? Ohne die Autorität des
Vaters, ohne die Sorge der Mutter, ohne die Geschwister-
liebe, welche die Familie in ein Heiligthum verwandeln,
werden kaum die Ueberbleibsel gerettet werden. Aber
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Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/330>, abgerufen am 24.11.2024.
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