Zuerst kommt die Frage: Bin ich überhaupt für den Ehestand berufen? Oder versteht sich das etwa von selbst? Bei weitem nicht. Denn Gott will in der Welt den Priester- und den Ordensstand in den Klöstern nicht bloß erhalten, sondern vermehrt wissen und vor Allem in der kommenden Zeit; denn wenn die Verweltlichung der Schule, der Ehe, der Gesellschaft, wenn die Herrschaft des Kapitals und der Maschinen, wenn die Gewalt und der Völkerhaß durch die Ruinen menschlichen Glückes Blut und Thränen strömen läßt: dann wird in den Erbarmungen Gottes "eine neue Ordnung von der Höhe herabsteigen" und dann werden in allen Verhältnissen des öffentlichen wie Privatlebens Millionen und Millionen jungfräulicher, gottgeweihter Hände nothwendig sein. So gerne ich diese großen Gedanken auch in Bezug auf die Mission unter den Heiden weiter entwickelte, muß ich doch bei dieser Andeutung stehen bleiben. Wenn wir also von Gottes Weltplanen, zu deren Ausführung er jungfräuliche Hände braucht, absehen wollen - giebt es immer noch Viele, welche für den Ehestand nicht berufen sind.
Dahin gehören alle Jene, welche körperlich so schwach sind, daß die Ehe ihr baldiger Tod wird Solche haben mit einem gewissenhaften Arzte sich zu berathen. Wer ferner so unwissend, so verdorben, so gleichgültig, daß er für die Erziehung der Kinder untauglich, ist ebenso wenig für die Ehe berufen als ein Blinder zum Bergführer. Wie aber dieser nach einer glücklichen Staaroperation Bergführer werden kann, so können auch jene nach gründ- licher Bekehrung für die Ehe berufen sein. Wenn aber der Leib gesund und die Seele mit den nothwendigen Tugenden und Kenntnissen ausgerüstet, wer ist dann im Allgemeinen für den Ehestand berufen?
Ich halte mich da an die Aussprüche des hl. Geistes in den Schriften des alten und neuen Bundes. So schreibt
Zuerst kommt die Frage: Bin ich überhaupt für den Ehestand berufen? Oder versteht sich das etwa von selbst? Bei weitem nicht. Denn Gott will in der Welt den Priester- und den Ordensstand in den Klöstern nicht bloß erhalten, sondern vermehrt wissen und vor Allem in der kommenden Zeit; denn wenn die Verweltlichung der Schule, der Ehe, der Gesellschaft, wenn die Herrschaft des Kapitals und der Maschinen, wenn die Gewalt und der Völkerhaß durch die Ruinen menschlichen Glückes Blut und Thränen strömen läßt: dann wird in den Erbarmungen Gottes „eine neue Ordnung von der Höhe herabsteigen“ und dann werden in allen Verhältnissen des öffentlichen wie Privatlebens Millionen und Millionen jungfräulicher, gottgeweihter Hände nothwendig sein. So gerne ich diese großen Gedanken auch in Bezug auf die Mission unter den Heiden weiter entwickelte, muß ich doch bei dieser Andeutung stehen bleiben. Wenn wir also von Gottes Weltplanen, zu deren Ausführung er jungfräuliche Hände braucht, absehen wollen – giebt es immer noch Viele, welche für den Ehestand nicht berufen sind.
Dahin gehören alle Jene, welche körperlich so schwach sind, daß die Ehe ihr baldiger Tod wird Solche haben mit einem gewissenhaften Arzte sich zu berathen. Wer ferner so unwissend, so verdorben, so gleichgültig, daß er für die Erziehung der Kinder untauglich, ist ebenso wenig für die Ehe berufen als ein Blinder zum Bergführer. Wie aber dieser nach einer glücklichen Staaroperation Bergführer werden kann, so können auch jene nach gründ- licher Bekehrung für die Ehe berufen sein. Wenn aber der Leib gesund und die Seele mit den nothwendigen Tugenden und Kenntnissen ausgerüstet, wer ist dann im Allgemeinen für den Ehestand berufen?
Ich halte mich da an die Aussprüche des hl. Geistes in den Schriften des alten und neuen Bundes. So schreibt
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Zuerst kommt die Frage: Bin ich überhaupt für den
Ehestand berufen? Oder versteht sich das etwa von
selbst? Bei weitem nicht. Denn Gott will in der Welt
den Priester- und den Ordensstand in den Klöstern nicht
bloß erhalten, sondern vermehrt wissen und vor Allem in
der kommenden Zeit; denn wenn die Verweltlichung der
Schule, der Ehe, der Gesellschaft, wenn die Herrschaft
des Kapitals und der Maschinen, wenn die Gewalt und
der Völkerhaß durch die Ruinen menschlichen Glückes
Blut und Thränen strömen läßt: dann wird in den
Erbarmungen Gottes „eine neue Ordnung von der Höhe
herabsteigen“ und dann werden in allen Verhältnissen des
öffentlichen wie Privatlebens Millionen und Millionen
jungfräulicher, gottgeweihter Hände nothwendig sein. So
gerne ich diese großen Gedanken auch in Bezug auf die
Mission unter den Heiden weiter entwickelte, muß ich doch
bei dieser Andeutung stehen bleiben. Wenn wir also von
Gottes Weltplanen, zu deren Ausführung er jungfräuliche
Hände braucht, absehen wollen – giebt es immer noch
Viele, welche für den Ehestand nicht berufen sind.
Dahin gehören alle Jene, welche körperlich so schwach
sind, daß die Ehe ihr baldiger Tod wird Solche haben
mit einem gewissenhaften Arzte sich zu berathen. Wer
ferner so unwissend, so verdorben, so gleichgültig, daß er
für die Erziehung der Kinder untauglich, ist ebenso wenig
für die Ehe berufen als ein Blinder zum Bergführer.
Wie aber dieser nach einer glücklichen Staaroperation
Bergführer werden kann, so können auch jene nach gründ-
licher Bekehrung für die Ehe berufen sein. Wenn aber
der Leib gesund und die Seele mit den nothwendigen
Tugenden und Kenntnissen ausgerüstet, wer ist dann im
Allgemeinen für den Ehestand berufen?
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Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/356>, abgerufen am 22.11.2024.
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