Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790.Theil I. bis Justinian. tritt der Satz ein, den wir bald noch mehrbrauchen werden: daß jeder, der im einzelen Falle nach seiner Einsicht handeln darf, auch um so mehr das unstreitige Recht hat, zum voraus zu erklären, wie er handeln werde. Alle höhere magistratus waren Mitglieder des Senats, seine Schlüsse verbanden sie al- so, schon wie die Schlüsse und Verabredun- gen jedes Corps den verbinden, der sie hat machen helfen, und sobald kein Tribun sich widersetzte, so hätte es ein sehr verdächtiges Ansehen gehabt, wenn etwa ein Consul oder Prätor gegen ein Senatus-Consult gehandelt hätte, blos deswegen, weil an der Förmlich- keit etwas fehle, weil es nicht von der Ver- sammlung bestätigt worden sey, die es höchst wahrscheinlich ohne allen Anstand bestätigt hätte. Es ist also wohl kein Zweifel, daß auch Senatsschlüsse eine Quelle des Römi- schen Staats- und Privatrechts schon zu die- ser Zeit waren, da Cicero a) dies ausdrück- lich sagt, da Pomponius b) es als eine Veränderung erzählt, die lange vor August sich zugetragen habe, und da die entgegenge- setzte Meynung nur auf einem groben Miß- verstande dessen beruht, was mit den Ma- gistratswahlen unter Tiber vorging. -- Frey- lich kounte der Senat einseitig keine Grundge- setze machen, und freylich hielt er es höchst sel-
Theil I. bis Juſtinian. tritt der Satz ein, den wir bald noch mehrbrauchen werden: daß jeder, der im einzelen Falle nach ſeiner Einſicht handeln darf, auch um ſo mehr das unſtreitige Recht hat, zum voraus zu erklaͤren, wie er handeln werde. Alle hoͤhere magiſtratus waren Mitglieder des Senats, ſeine Schluͤſſe verbanden ſie al- ſo, ſchon wie die Schluͤſſe und Verabredun- gen jedes Corps den verbinden, der ſie hat machen helfen, und ſobald kein Tribun ſich widerſetzte, ſo haͤtte es ein ſehr verdaͤchtiges Anſehen gehabt, wenn etwa ein Conſul oder Praͤtor gegen ein Senatus-Conſult gehandelt haͤtte, blos deswegen, weil an der Foͤrmlich- keit etwas fehle, weil es nicht von der Ver- ſammlung beſtaͤtigt worden ſey, die es hoͤchſt wahrſcheinlich ohne allen Anſtand beſtaͤtigt haͤtte. Es iſt alſo wohl kein Zweifel, daß auch Senatsſchluͤſſe eine Quelle des Roͤmi- ſchen Staats- und Privatrechts ſchon zu die- ſer Zeit waren, da Cicero a) dies ausdruͤck- lich ſagt, da Pomponius b) es als eine Veraͤnderung erzaͤhlt, die lange vor Auguſt ſich zugetragen habe, und da die entgegenge- ſetzte Meynung nur auf einem groben Miß- verſtande deſſen beruht, was mit den Ma- giſtratswahlen unter Tiber vorging. — Frey- lich kounte der Senat einſeitig keine Grundge- ſetze machen, und freylich hielt er es hoͤchſt ſel-
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Theil I. bis Juſtinian.
tritt der Satz ein, den wir bald noch mehr
brauchen werden: daß jeder, der im einzelen
Falle nach ſeiner Einſicht handeln darf, auch
um ſo mehr das unſtreitige Recht hat, zum
voraus zu erklaͤren, wie er handeln werde.
Alle hoͤhere magiſtratus waren Mitglieder
des Senats, ſeine Schluͤſſe verbanden ſie al-
ſo, ſchon wie die Schluͤſſe und Verabredun-
gen jedes Corps den verbinden, der ſie hat
machen helfen, und ſobald kein Tribun ſich
widerſetzte, ſo haͤtte es ein ſehr verdaͤchtiges
Anſehen gehabt, wenn etwa ein Conſul oder
Praͤtor gegen ein Senatus-Conſult gehandelt
haͤtte, blos deswegen, weil an der Foͤrmlich-
keit etwas fehle, weil es nicht von der Ver-
ſammlung beſtaͤtigt worden ſey, die es hoͤchſt
wahrſcheinlich ohne allen Anſtand beſtaͤtigt
haͤtte. Es iſt alſo wohl kein Zweifel, daß
auch Senatsſchluͤſſe eine Quelle des Roͤmi-
ſchen Staats- und Privatrechts ſchon zu die-
ſer Zeit waren, da Cicero a) dies ausdruͤck-
lich ſagt, da Pomponius b) es als eine
Veraͤnderung erzaͤhlt, die lange vor Auguſt
ſich zugetragen habe, und da die entgegenge-
ſetzte Meynung nur auf einem groben Miß-
verſtande deſſen beruht, was mit den Ma-
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lich kounte der Senat einſeitig keine Grundge-
ſetze machen, und freylich hielt er es hoͤchſt
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