Humboldt, Alexander von: Abhandlung über die dreyfache Verbindung aus Phosphor, Stickstoff und Sauerstoff, oder über das Daseyn der Phosphures dazote oxidés. In: Allgemeines Journal der Chemie, Bd. 1 (1798), S. 573-589.27. v. Humboldt über die dreyfache Verbindung löslich sey. Als ich vielen Schwefel sehr langsam in eineratmosphärischen Luft, welche nur 0,16 Sauerstoff enthielt, verbrannt hatte, fand ich den Rückstand zwey Tage lang durchsichtig; am dritten, wo die Temperatur des Zimmers bis auf -- 5° des hundertgradigten Thermometers fiel, überzogen sich die Wände der Glocke, welche das Stick- stoffgas enthielt, mit einem gelben Staub; es war sehr reiner Schwefel, der sich aus seiner gasartigen Auflösung niederschlug. Als ich mich mit der Zerlegung der Berg- schwaden beschäftigte, sammelte ich in den Ritzen eines Eisenganges eine Mischung von Wasserstoff-Stickstoff- und Kohlenstoffsaurem Gas. Die Flasche, welche diese Mischung enthielt, war klar und durchsichtig; in Schnee gestellt, überzog sie sich inwendig mit einem gelben Eisen- kalk: dieser Schwaden hielt also Metall aufgelöst1). Wenn es nur mechanisch damit gemischt war, warum schied es sich nur bey der Temperatur des Gefrierpunkts daraus ab? Die Kohlenstoffsäure, welche ich aus Bier und Cham- pagner- 1) Metalle in Gasarten aufgelöst, sind ein für die Meteorologie und
Mineralogie äußerst interessanter Gegenstand. Es ist eine sehr erwiesene Thatsache, daß die Feuerkugeln oft Stücken halb- verschlacktes Eisen fallen lassen. Befindet sich wohl dieses Eisen in den höchsten Schichten der Atmosphäre im gasartigen Zu- stand? Erhebt es sich mit dem Wasserstoffgas, welches die Moräste in Ueberfluß ausdunsten? -- Die Mineralogen ken- nen die schönen Gruppen von Bergkrystall oder Kalkspath, die blos auf einer Seite mit Kieß oder Bleyglanz überzogen sind. Jhr Ansehen leitet auf den Gedanken eines Hauchs, welcher diese metallischen Stoffe abgesezt, und nur die eine Seite der Krystallen getroffen hat. War dieser Hauch wohl ein Luftstrom von metall- haltigem Wasserstoffgas? Jch gebe diese Gedanken für nichts, als für auf die Analogie chemischer Erscheinungen gegründete Ansich- ten aus. Es ist indessen Zeit, die Geologie der Physik und Che- mie zu nähern. -- Die electrischen Regen enthalten Kalkerde. Wenn 27. v. Humboldt uͤber die dreyfache Verbindung loͤslich ſey. Als ich vielen Schwefel ſehr langſam in eineratmoſphaͤriſchen Luft, welche nur 0,16 Sauerſtoff enthielt, verbrannt hatte, fand ich den Ruͤckſtand zwey Tage lang durchſichtig; am dritten, wo die Temperatur des Zimmers bis auf — 5° des hundertgradigten Thermometers fiel, uͤberzogen ſich die Waͤnde der Glocke, welche das Stick- ſtoffgas enthielt, mit einem gelben Staub; es war ſehr reiner Schwefel, der ſich aus ſeiner gasartigen Aufloͤſung niederſchlug. Als ich mich mit der Zerlegung der Berg- ſchwaden beſchaͤftigte, ſammelte ich in den Ritzen eines Eiſenganges eine Miſchung von Waſſerſtoff-Stickſtoff- und Kohlenſtoffſaurem Gas. Die Flaſche, welche dieſe Miſchung enthielt, war klar und durchſichtig; in Schnee geſtellt, uͤberzog ſie ſich inwendig mit einem gelben Eiſen- kalk: dieſer Schwaden hielt alſo Metall aufgeloͤſt1). Wenn es nur mechaniſch damit gemiſcht war, warum ſchied es ſich nur bey der Temperatur des Gefrierpunkts daraus ab? Die Kohlenſtoffſaͤure, welche ich aus Bier und Cham- pagner- 1) Metalle in Gasarten aufgeloͤſt, ſind ein fuͤr die Meteorologie und
Mineralogie aͤußerſt intereſſanter Gegenſtand. Es iſt eine ſehr erwieſene Thatſache, daß die Feuerkugeln oft Stuͤcken halb- verſchlacktes Eiſen fallen laſſen. Befindet ſich wohl dieſes Eiſen in den hoͤchſten Schichten der Atmoſphaͤre im gasartigen Zu- ſtand? Erhebt es ſich mit dem Waſſerſtoffgas, welches die Moraͤſte in Ueberfluß ausdunſten? — Die Mineralogen ken- nen die ſchoͤnen Gruppen von Bergkryſtall oder Kalkſpath, die blos auf einer Seite mit Kieß oder Bleyglanz uͤberzogen ſind. Jhr Anſehen leitet auf den Gedanken eines Hauchs, welcher dieſe metalliſchen Stoffe abgeſezt, und nur die eine Seite der Kryſtallen getroffen hat. War dieſer Hauch wohl ein Luftſtrom von metall- haltigem Waſſerſtoffgas? Jch gebe dieſe Gedanken fuͤr nichts, als fuͤr auf die Analogie chemiſcher Erſcheinungen gegruͤndete Anſich- ten aus. Es iſt indeſſen Zeit, die Geologie der Phyſik und Che- mie zu naͤhern. — Die electriſchen Regen enthalten Kalkerde. Wenn <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0003" n="574"/><fw place="top" type="header">27. v. Humboldt uͤber die dreyfache Verbindung</fw><lb/> loͤslich ſey. Als ich vielen Schwefel ſehr langſam in einer<lb/> atmoſphaͤriſchen Luft, welche nur 0,16 Sauerſtoff enthielt,<lb/> verbrannt hatte, fand ich den Ruͤckſtand zwey Tage lang<lb/> durchſichtig; am dritten, wo die Temperatur des Zimmers<lb/> bis auf — 5° des hundertgradigten Thermometers fiel,<lb/> uͤberzogen ſich die Waͤnde der Glocke, welche das Stick-<lb/> ſtoffgas enthielt, mit einem gelben Staub; es war ſehr<lb/> reiner Schwefel, der ſich aus ſeiner gasartigen Aufloͤſung<lb/> niederſchlug. Als ich mich mit der Zerlegung der Berg-<lb/> ſchwaden beſchaͤftigte, ſammelte ich in den Ritzen eines<lb/> Eiſenganges eine Miſchung von Waſſerſtoff-Stickſtoff-<lb/> und Kohlenſtoffſaurem Gas. Die Flaſche, welche dieſe<lb/> Miſchung enthielt, war klar und durchſichtig; in Schnee<lb/> geſtellt, uͤberzog ſie ſich inwendig mit einem gelben Eiſen-<lb/> kalk: dieſer Schwaden hielt alſo Metall aufgeloͤſt<note xml:id="seg2pn_1_1" next="#seg2pn_1_2" place="foot" n="1)">Metalle in Gasarten aufgeloͤſt, ſind ein fuͤr die Meteorologie und<lb/> Mineralogie aͤußerſt intereſſanter Gegenſtand. Es iſt eine ſehr<lb/> erwieſene Thatſache, daß die Feuerkugeln oft Stuͤcken halb-<lb/> verſchlacktes Eiſen fallen laſſen. Befindet ſich wohl dieſes Eiſen<lb/> in den hoͤchſten Schichten der Atmoſphaͤre im gasartigen Zu-<lb/> ſtand? Erhebt es ſich mit dem Waſſerſtoffgas, welches die<lb/> Moraͤſte in Ueberfluß ausdunſten? — Die Mineralogen ken-<lb/> nen die ſchoͤnen Gruppen von Bergkryſtall oder Kalkſpath, die<lb/> blos auf einer Seite mit Kieß oder Bleyglanz uͤberzogen ſind.<lb/> Jhr Anſehen leitet auf den Gedanken eines Hauchs, welcher dieſe<lb/> metalliſchen Stoffe abgeſezt, und nur die eine Seite der Kryſtallen<lb/> getroffen hat. War dieſer Hauch wohl ein Luftſtrom von metall-<lb/> haltigem Waſſerſtoffgas? Jch gebe dieſe Gedanken fuͤr nichts, als<lb/> fuͤr auf die Analogie chemiſcher Erſcheinungen gegruͤndete Anſich-<lb/> ten aus. Es iſt indeſſen Zeit, die Geologie der Phyſik und Che-<lb/> mie zu naͤhern. — Die electriſchen Regen enthalten Kalkerde.<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Wenn</fw></note>. Wenn<lb/> es nur mechaniſch damit gemiſcht war, warum ſchied es<lb/> ſich nur bey der Temperatur des Gefrierpunkts daraus<lb/> ab? Die Kohlenſtoffſaͤure, welche ich aus Bier und Cham-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">pagner-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [574/0003]
27. v. Humboldt uͤber die dreyfache Verbindung
loͤslich ſey. Als ich vielen Schwefel ſehr langſam in einer
atmoſphaͤriſchen Luft, welche nur 0,16 Sauerſtoff enthielt,
verbrannt hatte, fand ich den Ruͤckſtand zwey Tage lang
durchſichtig; am dritten, wo die Temperatur des Zimmers
bis auf — 5° des hundertgradigten Thermometers fiel,
uͤberzogen ſich die Waͤnde der Glocke, welche das Stick-
ſtoffgas enthielt, mit einem gelben Staub; es war ſehr
reiner Schwefel, der ſich aus ſeiner gasartigen Aufloͤſung
niederſchlug. Als ich mich mit der Zerlegung der Berg-
ſchwaden beſchaͤftigte, ſammelte ich in den Ritzen eines
Eiſenganges eine Miſchung von Waſſerſtoff-Stickſtoff-
und Kohlenſtoffſaurem Gas. Die Flaſche, welche dieſe
Miſchung enthielt, war klar und durchſichtig; in Schnee
geſtellt, uͤberzog ſie ſich inwendig mit einem gelben Eiſen-
kalk: dieſer Schwaden hielt alſo Metall aufgeloͤſt 1). Wenn
es nur mechaniſch damit gemiſcht war, warum ſchied es
ſich nur bey der Temperatur des Gefrierpunkts daraus
ab? Die Kohlenſtoffſaͤure, welche ich aus Bier und Cham-
pagner-
1) Metalle in Gasarten aufgeloͤſt, ſind ein fuͤr die Meteorologie und
Mineralogie aͤußerſt intereſſanter Gegenſtand. Es iſt eine ſehr
erwieſene Thatſache, daß die Feuerkugeln oft Stuͤcken halb-
verſchlacktes Eiſen fallen laſſen. Befindet ſich wohl dieſes Eiſen
in den hoͤchſten Schichten der Atmoſphaͤre im gasartigen Zu-
ſtand? Erhebt es ſich mit dem Waſſerſtoffgas, welches die
Moraͤſte in Ueberfluß ausdunſten? — Die Mineralogen ken-
nen die ſchoͤnen Gruppen von Bergkryſtall oder Kalkſpath, die
blos auf einer Seite mit Kieß oder Bleyglanz uͤberzogen ſind.
Jhr Anſehen leitet auf den Gedanken eines Hauchs, welcher dieſe
metalliſchen Stoffe abgeſezt, und nur die eine Seite der Kryſtallen
getroffen hat. War dieſer Hauch wohl ein Luftſtrom von metall-
haltigem Waſſerſtoffgas? Jch gebe dieſe Gedanken fuͤr nichts, als
fuͤr auf die Analogie chemiſcher Erſcheinungen gegruͤndete Anſich-
ten aus. Es iſt indeſſen Zeit, die Geologie der Phyſik und Che-
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