Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.Dilettanten, die das Wort Suchenden und die an das Wort Schon vor Jahren beschäftigte A. v. Humboldt der Ge- Dilettanten, die das Wort Suchenden und die an das Wort Schon vor Jahren beſchäftigte A. v. Humboldt der Ge- <TEI> <text> <front> <div n="1"> <p><pb facs="#f0014" n="X"/> Dilettanten, die das Wort Suchenden und die an das Wort<lb/> Glaubenden beſchäftigt. Alexander v. Humboldt iſt einer der<lb/> erſten, nach Rang und Zeit, welche die Naturwiſſenſchaft in<lb/> die ſo fruchtbare Laufbahn gewieſen haben, die ſie ſeit einigen<lb/> Menſchenaltern verfolgt. Und neben ſo Vielem und Großem<lb/> hat er auch ein Reiſewerk geſchaffen, wie es recht eigentlich<lb/> dem Weſen und Bedürfnis der heutigen Kultur entſpricht.<lb/> Es gewährt einerſeits wahren Kunſtgenuß durch die trefflichen<lb/> Schilderungen einer gewaltigen Natur und der Menſchheit in<lb/> einem ihrer merkwürdigſten Bruchſtücke; andererſeits feſſelt<lb/> und befreit es zugleich den Geiſt durch Ideen. Während der<lb/> Leſer auch im gemeinen Sinne Neues in Menge erfährt,<lb/> während es keineswegs an den kleinen und großen Vorfällen<lb/> fehlt, welche die Einbildungskraft beſchäftigen und die Neugier<lb/> reizen, ſieht er faſt bei jedem Schritt einen jener umfaſſenden<lb/> Gedanken, von welchen die heutige Wiſſenſchaft beherrſcht wird,<lb/> entſtehen oder ſich beſtätigen, und er lernt an hundert leben-<lb/> digen Beiſpielen, wie die wahre Naturwiſſenſchaft zuſtande<lb/> kommt. Ich wüßte nichts, was anregender und bildender<lb/> wäre. Für den <hi rendition="#aq">„general reader“</hi> iſt das Buch, wie es vor-<lb/> liegt, nicht beſtimmt; es ließe ſich ihm aber ſehr leicht zugäng-<lb/> lich machen, und müßte dann als treffliches Bildungsmittel<lb/> in den weiteſten Kreiſen wirken.“</p><lb/> <p>Schon vor Jahren beſchäftigte A. v. Humboldt der Ge-<lb/> danke, dieſes ſein Buch, auf das er, neben dem <hi rendition="#aq">Essai sur<lb/> l’état politique de la Nouvelle Espagne,</hi> ſelbſt ſehr viel<lb/> hielt, endlich in einer deutſchen Ausgabe aus dem hier ange-<lb/> deuteten Geſichtspunkt unter ſeinen Auſpizien erſcheinen zu<lb/> laſſen. Als aber die Sache ernſtlich zur Sprache kam, hatte<lb/> er, faſt ein Achtziger, bereits das große Unternehmen des<lb/> Kosmos begonnen, und ſo verſtand es ſich von ſelbſt, daß er<lb/> die Uebertragung fremden Händen überlaſſen mußte. Der<lb/> Plan der neuen Ausgabe wurde in den letzten Jahren zwiſchen<lb/> ihm und dem Herausgeber im allgemeinen und einzelnen feſt-<lb/> geſtellt; er konnte ſich noch ſelbſt von der Art der formellen<lb/> und materiellen Behandlung überzeugen, auch alle wünſchens-<lb/> werten Anordnungen treffen, indem ihm ein Teil des Manu-<lb/> ſkriptes gedruckt vorgelegt wurde, und er ſchrieb ſofort die<lb/></p> </div> </front> </text> </TEI> [X/0014]
Dilettanten, die das Wort Suchenden und die an das Wort
Glaubenden beſchäftigt. Alexander v. Humboldt iſt einer der
erſten, nach Rang und Zeit, welche die Naturwiſſenſchaft in
die ſo fruchtbare Laufbahn gewieſen haben, die ſie ſeit einigen
Menſchenaltern verfolgt. Und neben ſo Vielem und Großem
hat er auch ein Reiſewerk geſchaffen, wie es recht eigentlich
dem Weſen und Bedürfnis der heutigen Kultur entſpricht.
Es gewährt einerſeits wahren Kunſtgenuß durch die trefflichen
Schilderungen einer gewaltigen Natur und der Menſchheit in
einem ihrer merkwürdigſten Bruchſtücke; andererſeits feſſelt
und befreit es zugleich den Geiſt durch Ideen. Während der
Leſer auch im gemeinen Sinne Neues in Menge erfährt,
während es keineswegs an den kleinen und großen Vorfällen
fehlt, welche die Einbildungskraft beſchäftigen und die Neugier
reizen, ſieht er faſt bei jedem Schritt einen jener umfaſſenden
Gedanken, von welchen die heutige Wiſſenſchaft beherrſcht wird,
entſtehen oder ſich beſtätigen, und er lernt an hundert leben-
digen Beiſpielen, wie die wahre Naturwiſſenſchaft zuſtande
kommt. Ich wüßte nichts, was anregender und bildender
wäre. Für den „general reader“ iſt das Buch, wie es vor-
liegt, nicht beſtimmt; es ließe ſich ihm aber ſehr leicht zugäng-
lich machen, und müßte dann als treffliches Bildungsmittel
in den weiteſten Kreiſen wirken.“
Schon vor Jahren beſchäftigte A. v. Humboldt der Ge-
danke, dieſes ſein Buch, auf das er, neben dem Essai sur
l’état politique de la Nouvelle Espagne, ſelbſt ſehr viel
hielt, endlich in einer deutſchen Ausgabe aus dem hier ange-
deuteten Geſichtspunkt unter ſeinen Auſpizien erſcheinen zu
laſſen. Als aber die Sache ernſtlich zur Sprache kam, hatte
er, faſt ein Achtziger, bereits das große Unternehmen des
Kosmos begonnen, und ſo verſtand es ſich von ſelbſt, daß er
die Uebertragung fremden Händen überlaſſen mußte. Der
Plan der neuen Ausgabe wurde in den letzten Jahren zwiſchen
ihm und dem Herausgeber im allgemeinen und einzelnen feſt-
geſtellt; er konnte ſich noch ſelbſt von der Art der formellen
und materiellen Behandlung überzeugen, auch alle wünſchens-
werten Anordnungen treffen, indem ihm ein Teil des Manu-
ſkriptes gedruckt vorgelegt wurde, und er ſchrieb ſofort die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |