Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.zu erheischen. Man steuerte nicht weiter dem Lande zu, und Küsten, aus der Ferne gesehen, verhalten sich wie Wolken, Als wir uns eben anschickten, ans Land zu gehen, sah zu erheiſchen. Man ſteuerte nicht weiter dem Lande zu, und Küſten, aus der Ferne geſehen, verhalten ſich wie Wolken, Als wir uns eben anſchickten, ans Land zu gehen, ſah <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0165" n="149"/> zu erheiſchen. Man ſteuerte nicht weiter dem Lande zu, und<lb/> da das Senkblei nur 5,5 bis 7,3 <hi rendition="#aq">m</hi> Waſſer anzeigte, warf<lb/> man eilends den Anker aus.</p><lb/> <p>Küſten, aus der Ferne geſehen, verhalten ſich wie Wolken,<lb/> in denen jeder Beobachter die Gegenſtände erblickt, die ſeine<lb/> Einbildungskraft beſchäftigen. Da unſere Aufnahmen und die<lb/> Angabe des Chronometers mit den Karten, die uns zur Hand<lb/> waren, im Widerſpruch ſtanden, ſo verlor man ſich in eitlen<lb/> Mutmaßungen. Die einen hielten Sandhaufen für Indianer-<lb/> hütten und deuteten auf den Punkt, wo nach ihnen das Fort<lb/> Pampatar liegen mußte; andere ſahen die Ziegenherden, welche<lb/> im dürren Thale von San Juan ſo häufig ſind; ſie zeigten<lb/> die hohen Berge von Macanao, die ihnen halb in Wolken<lb/> gehüllt ſchienen. Der Kapitän beſchloß, einen Steuermann<lb/> ans Land zu ſchicken; man legte Hand an, um die Schaluppe<lb/> ins Waſſer zu laſſen, da das Boot auf der Reede von Santa<lb/> Cruz durch die Brandung ſtark gelitten hatte. Da die Küſte<lb/> ziemlich fern war, konnte die Rückfahrt zur Korvette ſchwierig<lb/> werden, wenn der Wind abends ſtark wurde.</p><lb/> <p>Als wir uns eben anſchickten, ans Land zu gehen, ſah<lb/> man zwei Piroguen an der Küſte hinfahren. Man rief ſie<lb/> durch einen zweiten Kanonenſchuß an, und obgleich man die Flagge<lb/> von Kaſtilien aufgezogen hatte, kamen ſie doch nur zögernd<lb/> herbei. Dieſe Piroguen waren, wie alle der Eingeborenen, aus<lb/><hi rendition="#g">einem</hi> Baumſtamm, und in jeder befanden ſich achtzehn In-<lb/> dianer von Stamme der Guaykari (Guayqueries), nackt bis<lb/> zum Gürtel und von hohem Wuchs. Ihr Körperbau zeugte<lb/> von großer Muskelkraft und ihre Hautfarbe war ein Mittel-<lb/> ding zwiſchen braun und kupferrot. Von weitem, wie ſie<lb/> unbeweglich daſaßen und ſich vom Horizont abhoben, konnte<lb/> man ſie für Bronzeſtatuen halten. Dies war uns um ſo auf-<lb/> fallender, da es ſo wenig dem Begriff entſprach, den wir uns<lb/> nach manchen Reiſeberichten von der eigentümlichen Körper-<lb/> bildung und der großen Körperſchwäche der Eingeborenen ge-<lb/> macht hatten. Wir machten in der Folge die Erfahrung,<lb/> und brauchten deshalb die Grenzen der Provinz Cumana<lb/> nicht zu überſchreiten, wie auffallend die Guayqueries äußer-<lb/> lich von den Chaymas und den Kariben verſchieden ſind.<lb/> So nahe alle Völker Amerikas miteinander verwandt ſcheinen,<lb/> da ſie ja derſelben Raſſe angehören, ſo unterſcheiden ſich<lb/> doch die Stämme nicht ſelten bedeutend im Körperwuchs,<lb/> in der mehr oder weniger dunkeln Hautfarbe, im Blick,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [149/0165]
zu erheiſchen. Man ſteuerte nicht weiter dem Lande zu, und
da das Senkblei nur 5,5 bis 7,3 m Waſſer anzeigte, warf
man eilends den Anker aus.
Küſten, aus der Ferne geſehen, verhalten ſich wie Wolken,
in denen jeder Beobachter die Gegenſtände erblickt, die ſeine
Einbildungskraft beſchäftigen. Da unſere Aufnahmen und die
Angabe des Chronometers mit den Karten, die uns zur Hand
waren, im Widerſpruch ſtanden, ſo verlor man ſich in eitlen
Mutmaßungen. Die einen hielten Sandhaufen für Indianer-
hütten und deuteten auf den Punkt, wo nach ihnen das Fort
Pampatar liegen mußte; andere ſahen die Ziegenherden, welche
im dürren Thale von San Juan ſo häufig ſind; ſie zeigten
die hohen Berge von Macanao, die ihnen halb in Wolken
gehüllt ſchienen. Der Kapitän beſchloß, einen Steuermann
ans Land zu ſchicken; man legte Hand an, um die Schaluppe
ins Waſſer zu laſſen, da das Boot auf der Reede von Santa
Cruz durch die Brandung ſtark gelitten hatte. Da die Küſte
ziemlich fern war, konnte die Rückfahrt zur Korvette ſchwierig
werden, wenn der Wind abends ſtark wurde.
Als wir uns eben anſchickten, ans Land zu gehen, ſah
man zwei Piroguen an der Küſte hinfahren. Man rief ſie
durch einen zweiten Kanonenſchuß an, und obgleich man die Flagge
von Kaſtilien aufgezogen hatte, kamen ſie doch nur zögernd
herbei. Dieſe Piroguen waren, wie alle der Eingeborenen, aus
einem Baumſtamm, und in jeder befanden ſich achtzehn In-
dianer von Stamme der Guaykari (Guayqueries), nackt bis
zum Gürtel und von hohem Wuchs. Ihr Körperbau zeugte
von großer Muskelkraft und ihre Hautfarbe war ein Mittel-
ding zwiſchen braun und kupferrot. Von weitem, wie ſie
unbeweglich daſaßen und ſich vom Horizont abhoben, konnte
man ſie für Bronzeſtatuen halten. Dies war uns um ſo auf-
fallender, da es ſo wenig dem Begriff entſprach, den wir uns
nach manchen Reiſeberichten von der eigentümlichen Körper-
bildung und der großen Körperſchwäche der Eingeborenen ge-
macht hatten. Wir machten in der Folge die Erfahrung,
und brauchten deshalb die Grenzen der Provinz Cumana
nicht zu überſchreiten, wie auffallend die Guayqueries äußer-
lich von den Chaymas und den Kariben verſchieden ſind.
So nahe alle Völker Amerikas miteinander verwandt ſcheinen,
da ſie ja derſelben Raſſe angehören, ſo unterſcheiden ſich
doch die Stämme nicht ſelten bedeutend im Körperwuchs,
in der mehr oder weniger dunkeln Hautfarbe, im Blick,
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