kari im Thon- und Salzboden der Punta Arenas ge- graben zu haben. Selbst die jetzt die neuen genannten Salzwerke, am Ende des Vorgebirges Araya, waren schon in der frühesten Zeit im Gange. Die Spanier, die sich zuerst auf Cubagua und bald nachher auf der Küste von Cumana niedergelassen hatten, beuteten schon zu Anfang des 16. Jahr- hunderts die Salzsümpfe aus, die sich als Lagunen nordwest- lich vom Cerro de la Vela hinziehen. Da das Vorgebirge Araya damals keine ständige Bevölkerung hatte, machten sich die Holländer den natürlichen Reichtum des Bodens zu nutze, den sie für ein Gemeingut aller Nationen ansahen. Heut- zutage hat jede Kolonie ihre eigenen Salzwerke, und die Schiffahrtskunst ist so weit fortgeschritten, daß die Cadizer Handelsleute mit geringen Kosten spanisches und portugie- sisches Salz 8500 km weit in die östliche Halbkugel senden können, um Montevideo und Buenos Ayres mit ihrem Be- darf für das Einsalzen zu versorgen. Solche Vorteile waren zur Zeit der Eroberung unbekannt; die Industrie in den Kolonieen war damals noch so weit zurück, daß das Salz von Araya mit großen Kosten nach den Antillen, nach Cartagena und Portobelo verschifft wurde. Im Jahre 1605 schickte der Madrider Hof bewaffnete Fahrzeuge nach Punta Araya, mit dem Befehl, daselbst auf Station zu liegen und die Holländer mit Gewalt zu vertreiben. Diese fuhren nichtsdestoweniger fort, heimlich Salz zu holen, bis man im Jahre 1622 bei den Salzwerken ein Fort errichtete, das unter dem Namen Castillo de Santiago oder Real Fuerza de Araya berühmt geworden ist.
Diese großen Salzsümpfe sind auf den ältesten spanischen Karten bald als Bucht, bald als Lagune angegeben. Laet, der seinen Orbis novus im Jahre 1633 schrieb und sehr gute Nachrichten von diesen Küsten hatte, sagt sogar aus- drücklich, die Lagune sei von der See durch eine über der Fluthöhe gelegene Landenge getrennt gewesen. Im Jahre 1726 zerstörte ein außerordentliches Ereignis die Saline von Araya und machte das Fort, das über eine Million harter Piaster gekostet hatte, unnütz. Man spürte einen heftigen Windstoß, eine große Seltenheit in diesen Strichen, wo die See meist nicht unruhiger ist als das Wasser unserer Flüsse; die Flut drang weit ins Land hinein und durch den Einbruch des Meeres wurde der Salzsee in einen mehrere Meilen langen Meerbusen verwandelt. Seitdem hat man nördlich von der
kari im Thon- und Salzboden der Punta Arenas ge- graben zu haben. Selbſt die jetzt die neuen genannten Salzwerke, am Ende des Vorgebirges Araya, waren ſchon in der früheſten Zeit im Gange. Die Spanier, die ſich zuerſt auf Cubagua und bald nachher auf der Küſte von Cumana niedergelaſſen hatten, beuteten ſchon zu Anfang des 16. Jahr- hunderts die Salzſümpfe aus, die ſich als Lagunen nordweſt- lich vom Cerro de la Vela hinziehen. Da das Vorgebirge Araya damals keine ſtändige Bevölkerung hatte, machten ſich die Holländer den natürlichen Reichtum des Bodens zu nutze, den ſie für ein Gemeingut aller Nationen anſahen. Heut- zutage hat jede Kolonie ihre eigenen Salzwerke, und die Schiffahrtskunſt iſt ſo weit fortgeſchritten, daß die Cadizer Handelsleute mit geringen Koſten ſpaniſches und portugie- ſiſches Salz 8500 km weit in die öſtliche Halbkugel ſenden können, um Montevideo und Buenos Ayres mit ihrem Be- darf für das Einſalzen zu verſorgen. Solche Vorteile waren zur Zeit der Eroberung unbekannt; die Induſtrie in den Kolonieen war damals noch ſo weit zurück, daß das Salz von Araya mit großen Koſten nach den Antillen, nach Cartagena und Portobelo verſchifft wurde. Im Jahre 1605 ſchickte der Madrider Hof bewaffnete Fahrzeuge nach Punta Araya, mit dem Befehl, daſelbſt auf Station zu liegen und die Holländer mit Gewalt zu vertreiben. Dieſe fuhren nichtsdeſtoweniger fort, heimlich Salz zu holen, bis man im Jahre 1622 bei den Salzwerken ein Fort errichtete, das unter dem Namen Castillo de Santiago oder Real Fuerza de Araya berühmt geworden iſt.
Dieſe großen Salzſümpfe ſind auf den älteſten ſpaniſchen Karten bald als Bucht, bald als Lagune angegeben. Laet, der ſeinen Orbis novus im Jahre 1633 ſchrieb und ſehr gute Nachrichten von dieſen Küſten hatte, ſagt ſogar aus- drücklich, die Lagune ſei von der See durch eine über der Fluthöhe gelegene Landenge getrennt geweſen. Im Jahre 1726 zerſtörte ein außerordentliches Ereignis die Saline von Araya und machte das Fort, das über eine Million harter Piaſter gekoſtet hatte, unnütz. Man ſpürte einen heftigen Windſtoß, eine große Seltenheit in dieſen Strichen, wo die See meiſt nicht unruhiger iſt als das Waſſer unſerer Flüſſe; die Flut drang weit ins Land hinein und durch den Einbruch des Meeres wurde der Salzſee in einen mehrere Meilen langen Meerbuſen verwandelt. Seitdem hat man nördlich von der
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kari im Thon- und Salzboden der Punta Arenas ge-
graben zu haben. Selbſt die jetzt die neuen genannten
Salzwerke, am Ende des Vorgebirges Araya, waren ſchon in
der früheſten Zeit im Gange. Die Spanier, die ſich zuerſt
auf Cubagua und bald nachher auf der Küſte von Cumana
niedergelaſſen hatten, beuteten ſchon zu Anfang des 16. Jahr-
hunderts die Salzſümpfe aus, die ſich als Lagunen nordweſt-
lich vom Cerro de la Vela hinziehen. Da das Vorgebirge
Araya damals keine ſtändige Bevölkerung hatte, machten ſich
die Holländer den natürlichen Reichtum des Bodens zu nutze,
den ſie für ein Gemeingut aller Nationen anſahen. Heut-
zutage hat jede Kolonie ihre eigenen Salzwerke, und die
Schiffahrtskunſt iſt ſo weit fortgeſchritten, daß die Cadizer
Handelsleute mit geringen Koſten ſpaniſches und portugie-
ſiſches Salz 8500 km weit in die öſtliche Halbkugel ſenden
können, um Montevideo und Buenos Ayres mit ihrem Be-
darf für das Einſalzen zu verſorgen. Solche Vorteile waren
zur Zeit der Eroberung unbekannt; die Induſtrie in den
Kolonieen war damals noch ſo weit zurück, daß das Salz von
Araya mit großen Koſten nach den Antillen, nach Cartagena
und Portobelo verſchifft wurde. Im Jahre 1605 ſchickte der
Madrider Hof bewaffnete Fahrzeuge nach Punta Araya, mit
dem Befehl, daſelbſt auf Station zu liegen und die Holländer
mit Gewalt zu vertreiben. Dieſe fuhren nichtsdeſtoweniger
fort, heimlich Salz zu holen, bis man im Jahre 1622 bei
den Salzwerken ein Fort errichtete, das unter dem Namen
Castillo de Santiago oder Real Fuerza de Araya berühmt
geworden iſt.
Dieſe großen Salzſümpfe ſind auf den älteſten ſpaniſchen
Karten bald als Bucht, bald als Lagune angegeben. Laet,
der ſeinen Orbis novus im Jahre 1633 ſchrieb und ſehr
gute Nachrichten von dieſen Küſten hatte, ſagt ſogar aus-
drücklich, die Lagune ſei von der See durch eine über der
Fluthöhe gelegene Landenge getrennt geweſen. Im Jahre 1726
zerſtörte ein außerordentliches Ereignis die Saline von Araya
und machte das Fort, das über eine Million harter Piaſter
gekoſtet hatte, unnütz. Man ſpürte einen heftigen Windſtoß,
eine große Seltenheit in dieſen Strichen, wo die See meiſt
nicht unruhiger iſt als das Waſſer unſerer Flüſſe; die Flut
drang weit ins Land hinein und durch den Einbruch des
Meeres wurde der Salzſee in einen mehrere Meilen langen
Meerbuſen verwandelt. Seitdem hat man nördlich von der
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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial01_1859/208>, abgerufen am 16.02.2025.
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