und sehr gut. Konferven, die den Kohlenwasserstoff zersetzen und zugleich Würmern und Insekten zum Aufenthalt dienen, bilden sich nicht darin. Jahrhundertelang hatte man geglaubt, die Halbinsel Araya habe gar keine Quellen süßen Wassers, aber im Jahre 1797 haben die Einwohner von Maniquarez nach langem vergeblichen Suchen doch solches gefunden.
Als wir über die kahlen Hügel am Vorgebirge Cirial gingen, spürten wir einen starken Bergölgeruch. Der Wind kam vom Orte her, wo die Bergölquellen liegen, deren schon die ersten Beschreibungen dieser Länder erwähnen. -- Das Töpfergeschirr von Maniquarez ist seit unvordenklicher Zeit berühmt, und dieser Industriezweig ist ganz in den Händen der Indianerweiber. Es wird noch gerade so fabriziert wie vor der Eroberung. Dieses Verfahren ist einerseits eine Probe vom Zustand der Künste in ihrer Kindheit, und andererseits von der Starrheit der Sitten, die allen eingeborenen Völkern Amerikas als ein Charakterzug eigen ist. In 300 Jahren konnte die Töpferscheibe keinen Eingang auf einer Küste finden, die von Spanien nur 30 bis 40 Tagereisen zur See entfernt ist. Die Eingeborenen haben eine dunkle Vorstellung davon, daß es ein solches Werkzeug gibt, und sie würden sich des- selben bedienen, wenn man ihnen das Muster in die Hand gäbe. Die Thongruben sind 2,75 km östlich von Maniquarez. Dieser Thon ist das Zersetzungsprodukt eines durch Eisenoxyd rot gefärbten Glimmerschiefers. Die Indianerinnen nehmen vorzugsweise solchen, der viel Glimmer enthält. Sie formen mit großem Geschick Gefäße von 60 cm bis 1 m Durchmesser mit sehr regelmäßiger Krümmung. Da sie den Brennofen nicht kennen, so schichten sie Strauchwerk von Desmanthus, Cassia und baumartiger Capparis um die Töpfe und brennen sie in freier Luft. Weiter westwärts von der Thongrube liegt die Schlucht der Mina (Bergwerk). Nicht lange nach der Eroberung sollen venezianische Goldschürfer dort Gold aus dem Glimmerschiefer gewonnen haben. Dieses Metall scheint hier nicht auf Quarzgängen vorzukommen, sondern im Gestein eingesprengt zu sein, wie zuweilen im Granit und Gneis.
Wir trafen in Maniquarez Kreolen, die von einer Jagd- partie auf Cubagua kamen. Die Hirsche von der kleinen Art sind auf diesem unbewohnten Eilande so häufig, daß man täglich drei und vier schießen kann. Ich weiß nicht, wie die Tiere hinübergekommen sind; denn Laet und andere Chronisten des Landes, die von der Gründung von Neucadiz berichten,
und ſehr gut. Konferven, die den Kohlenwaſſerſtoff zerſetzen und zugleich Würmern und Inſekten zum Aufenthalt dienen, bilden ſich nicht darin. Jahrhundertelang hatte man geglaubt, die Halbinſel Araya habe gar keine Quellen ſüßen Waſſers, aber im Jahre 1797 haben die Einwohner von Maniquarez nach langem vergeblichen Suchen doch ſolches gefunden.
Als wir über die kahlen Hügel am Vorgebirge Cirial gingen, ſpürten wir einen ſtarken Bergölgeruch. Der Wind kam vom Orte her, wo die Bergölquellen liegen, deren ſchon die erſten Beſchreibungen dieſer Länder erwähnen. — Das Töpfergeſchirr von Maniquarez iſt ſeit unvordenklicher Zeit berühmt, und dieſer Induſtriezweig iſt ganz in den Händen der Indianerweiber. Es wird noch gerade ſo fabriziert wie vor der Eroberung. Dieſes Verfahren iſt einerſeits eine Probe vom Zuſtand der Künſte in ihrer Kindheit, und andererſeits von der Starrheit der Sitten, die allen eingeborenen Völkern Amerikas als ein Charakterzug eigen iſt. In 300 Jahren konnte die Töpferſcheibe keinen Eingang auf einer Küſte finden, die von Spanien nur 30 bis 40 Tagereiſen zur See entfernt iſt. Die Eingeborenen haben eine dunkle Vorſtellung davon, daß es ein ſolches Werkzeug gibt, und ſie würden ſich des- ſelben bedienen, wenn man ihnen das Muſter in die Hand gäbe. Die Thongruben ſind 2,75 km öſtlich von Maniquarez. Dieſer Thon iſt das Zerſetzungsprodukt eines durch Eiſenoxyd rot gefärbten Glimmerſchiefers. Die Indianerinnen nehmen vorzugsweiſe ſolchen, der viel Glimmer enthält. Sie formen mit großem Geſchick Gefäße von 60 cm bis 1 m Durchmeſſer mit ſehr regelmäßiger Krümmung. Da ſie den Brennofen nicht kennen, ſo ſchichten ſie Strauchwerk von Desmanthus, Caſſia und baumartiger Capparis um die Töpfe und brennen ſie in freier Luft. Weiter weſtwärts von der Thongrube liegt die Schlucht der Mina (Bergwerk). Nicht lange nach der Eroberung ſollen venezianiſche Goldſchürfer dort Gold aus dem Glimmerſchiefer gewonnen haben. Dieſes Metall ſcheint hier nicht auf Quarzgängen vorzukommen, ſondern im Geſtein eingeſprengt zu ſein, wie zuweilen im Granit und Gneis.
Wir trafen in Maniquarez Kreolen, die von einer Jagd- partie auf Cubagua kamen. Die Hirſche von der kleinen Art ſind auf dieſem unbewohnten Eilande ſo häufig, daß man täglich drei und vier ſchießen kann. Ich weiß nicht, wie die Tiere hinübergekommen ſind; denn Laet und andere Chroniſten des Landes, die von der Gründung von Neucadiz berichten,
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[204/0220]
und ſehr gut. Konferven, die den Kohlenwaſſerſtoff zerſetzen
und zugleich Würmern und Inſekten zum Aufenthalt dienen,
bilden ſich nicht darin. Jahrhundertelang hatte man geglaubt,
die Halbinſel Araya habe gar keine Quellen ſüßen Waſſers,
aber im Jahre 1797 haben die Einwohner von Maniquarez
nach langem vergeblichen Suchen doch ſolches gefunden.
Als wir über die kahlen Hügel am Vorgebirge Cirial
gingen, ſpürten wir einen ſtarken Bergölgeruch. Der Wind
kam vom Orte her, wo die Bergölquellen liegen, deren ſchon
die erſten Beſchreibungen dieſer Länder erwähnen. — Das
Töpfergeſchirr von Maniquarez iſt ſeit unvordenklicher Zeit
berühmt, und dieſer Induſtriezweig iſt ganz in den Händen
der Indianerweiber. Es wird noch gerade ſo fabriziert wie
vor der Eroberung. Dieſes Verfahren iſt einerſeits eine Probe
vom Zuſtand der Künſte in ihrer Kindheit, und andererſeits
von der Starrheit der Sitten, die allen eingeborenen Völkern
Amerikas als ein Charakterzug eigen iſt. In 300 Jahren
konnte die Töpferſcheibe keinen Eingang auf einer Küſte finden,
die von Spanien nur 30 bis 40 Tagereiſen zur See entfernt
iſt. Die Eingeborenen haben eine dunkle Vorſtellung davon,
daß es ein ſolches Werkzeug gibt, und ſie würden ſich des-
ſelben bedienen, wenn man ihnen das Muſter in die Hand
gäbe. Die Thongruben ſind 2,75 km öſtlich von Maniquarez.
Dieſer Thon iſt das Zerſetzungsprodukt eines durch Eiſenoxyd
rot gefärbten Glimmerſchiefers. Die Indianerinnen nehmen
vorzugsweiſe ſolchen, der viel Glimmer enthält. Sie formen
mit großem Geſchick Gefäße von 60 cm bis 1 m Durchmeſſer
mit ſehr regelmäßiger Krümmung. Da ſie den Brennofen
nicht kennen, ſo ſchichten ſie Strauchwerk von Desmanthus,
Caſſia und baumartiger Capparis um die Töpfe und brennen
ſie in freier Luft. Weiter weſtwärts von der Thongrube liegt
die Schlucht der Mina (Bergwerk). Nicht lange nach der
Eroberung ſollen venezianiſche Goldſchürfer dort Gold aus
dem Glimmerſchiefer gewonnen haben. Dieſes Metall ſcheint
hier nicht auf Quarzgängen vorzukommen, ſondern im Geſtein
eingeſprengt zu ſein, wie zuweilen im Granit und Gneis.
Wir trafen in Maniquarez Kreolen, die von einer Jagd-
partie auf Cubagua kamen. Die Hirſche von der kleinen Art
ſind auf dieſem unbewohnten Eilande ſo häufig, daß man
täglich drei und vier ſchießen kann. Ich weiß nicht, wie die
Tiere hinübergekommen ſind; denn Laet und andere Chroniſten
des Landes, die von der Gründung von Neucadiz berichten,
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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial01_1859/220>, abgerufen am 16.02.2025.
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