Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.von Guanaguana angelangt, hatten wir eine interessante Fern- Steigt man auf sehr krummem Pfade vom Bergkamme Der Weg von der Cuchilla herab ist bei weitem nicht 1 Absolute Höhe des Klosters 803 m.
von Guanaguana angelangt, hatten wir eine intereſſante Fern- Steigt man auf ſehr krummem Pfade vom Bergkamme Der Weg von der Cuchilla herab iſt bei weitem nicht 1 Abſolute Höhe des Kloſters 803 m.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0274" n="258"/> von Guanaguana angelangt, hatten wir eine intereſſante Fern-<lb/> ſicht. Wir überſahen mit <hi rendition="#g">einem</hi> Blick die weiten Prärieen<lb/> oder Savannen von Maturin und am Rio Tigre, den Spitz-<lb/> berg Turimiquiri und zahlloſe parallel ſtreichende Bergketten,<lb/> die von weitem einer wogenden See gleichen. Gegen Nordoſt<lb/> öffnet ſich das Thal, in dem das Kloſter Caripe liegt. Sein<lb/> Anblick iſt um ſo einladender, als es bewaldet iſt und ſo<lb/> von den kahlen, nur mit Gras bewachſenen Bergen umher<lb/> freundlich abſticht. Wir fanden die abſolute Höhe der Cuchilla<lb/> gleich 1068 <hi rendition="#aq">m;</hi> ſie liegt alſo 641 <hi rendition="#aq">m</hi> über dem Miſſionshaus<lb/> von Guanaguana.</p><lb/> <p>Steigt man auf ſehr krummem Pfade vom Bergkamme<lb/> nieder, ſo betritt man bald ein ganz bewaldetes Land. Der<lb/> Boden iſt mit Moos und einer neuen Art Droſera bedeckt,<lb/> die im Wuchs der Droſera unſerer Alpen gleicht. Je näher<lb/> man dem Kloſter Caripe kommt, deſto dichter wird der Wald,<lb/> deſto üppiger die Vegetation. Alles bekommt einen andern<lb/> Charakter, ſogar die Gebirgsart, in der wir von Punta Delgada<lb/> an geweſen waren. Die Kalkſteinſchichten werden dünner; ſie<lb/> bilden Mauern, Geſimſe und Türme wie in Peru, im Pappen-<lb/> heimſchen und bei Oicow in Galizien. Es iſt nicht mehr<lb/> Alpenkalk, ſondern eine Formation, welche jenem übergelagert<lb/> iſt, analog dem Jurakalk.</p><lb/> <p>Der Weg von der Cuchilla herab iſt bei weitem nicht<lb/> ſo lang als der hinauf. Wir fanden, daß das Thal von<lb/> Caripe 390 <hi rendition="#aq">m</hi> höher liegt als das Thal von Guanaguana.<lb/> Ein Bergzug von unbedeutender Breite trennt zwei Becken;<lb/> das eine iſt köſtlich kühl, das andere als furchtbar heiß ver-<lb/> rufen. Solchen Kontraſten begegnet man in Mexiko, in Neu-<lb/> Granada und Peru häufig, aber im Nordoſten von Süd-<lb/> amerika ſind ſie ſelten. Unter allen hochgelegenen Thälern<lb/> in Neu-Andaluſien iſt auch nur das von Caripe <note place="foot" n="1">Abſolute Höhe des Kloſters 803 <hi rendition="#aq">m.</hi></note> ſehr ſtark<lb/> bewohnt. In einer Provinz mit ſchwacher Bevölkerung, wo<lb/> die Gebirge weder eine ſehr bedeutende Maſſe, noch ausge-<lb/> dehnte Hochebenen haben, findet der Menſch wenig Anlaß,<lb/> aus den Ebenen wegzuziehen und ſich in gemäßigteren Ge-<lb/> birgsſtrichen niederzulaſſen.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [258/0274]
von Guanaguana angelangt, hatten wir eine intereſſante Fern-
ſicht. Wir überſahen mit einem Blick die weiten Prärieen
oder Savannen von Maturin und am Rio Tigre, den Spitz-
berg Turimiquiri und zahlloſe parallel ſtreichende Bergketten,
die von weitem einer wogenden See gleichen. Gegen Nordoſt
öffnet ſich das Thal, in dem das Kloſter Caripe liegt. Sein
Anblick iſt um ſo einladender, als es bewaldet iſt und ſo
von den kahlen, nur mit Gras bewachſenen Bergen umher
freundlich abſticht. Wir fanden die abſolute Höhe der Cuchilla
gleich 1068 m; ſie liegt alſo 641 m über dem Miſſionshaus
von Guanaguana.
Steigt man auf ſehr krummem Pfade vom Bergkamme
nieder, ſo betritt man bald ein ganz bewaldetes Land. Der
Boden iſt mit Moos und einer neuen Art Droſera bedeckt,
die im Wuchs der Droſera unſerer Alpen gleicht. Je näher
man dem Kloſter Caripe kommt, deſto dichter wird der Wald,
deſto üppiger die Vegetation. Alles bekommt einen andern
Charakter, ſogar die Gebirgsart, in der wir von Punta Delgada
an geweſen waren. Die Kalkſteinſchichten werden dünner; ſie
bilden Mauern, Geſimſe und Türme wie in Peru, im Pappen-
heimſchen und bei Oicow in Galizien. Es iſt nicht mehr
Alpenkalk, ſondern eine Formation, welche jenem übergelagert
iſt, analog dem Jurakalk.
Der Weg von der Cuchilla herab iſt bei weitem nicht
ſo lang als der hinauf. Wir fanden, daß das Thal von
Caripe 390 m höher liegt als das Thal von Guanaguana.
Ein Bergzug von unbedeutender Breite trennt zwei Becken;
das eine iſt köſtlich kühl, das andere als furchtbar heiß ver-
rufen. Solchen Kontraſten begegnet man in Mexiko, in Neu-
Granada und Peru häufig, aber im Nordoſten von Süd-
amerika ſind ſie ſelten. Unter allen hochgelegenen Thälern
in Neu-Andaluſien iſt auch nur das von Caripe 1 ſehr ſtark
bewohnt. In einer Provinz mit ſchwacher Bevölkerung, wo
die Gebirge weder eine ſehr bedeutende Maſſe, noch ausge-
dehnte Hochebenen haben, findet der Menſch wenig Anlaß,
aus den Ebenen wegzuziehen und ſich in gemäßigteren Ge-
birgsſtrichen niederzulaſſen.
1 Abſolute Höhe des Kloſters 803 m.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |