Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.ein und häufen sich dafür westwärts auf unberührtem, erst Die in Cariaco herrschenden Fieber nötigten uns zu ein und häufen ſich dafür weſtwärts auf unberührtem, erſt Die in Cariaco herrſchenden Fieber nötigten uns zu <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0309" n="293"/> ein und häufen ſich dafür weſtwärts auf unberührtem, erſt<lb/> kürzlich urbar gemachtem Boden. Die Provinz Neuandaluſien<lb/> allein erzeugte im Jahre 1799 18000 bis 20000 Fanegas<lb/> Kakao (zu 40 Piaſtern die Fanega in Friedenszeiten), wovon<lb/> 5000 nach der Inſel Trinidad geſchmuggelt wurden. Der<lb/> Kakao von Cumana iſt ohne allen Vergleich beſſer als der von<lb/> Guayaquil.</p><lb/> <p>Die in Cariaco herrſchenden Fieber nötigten uns zu<lb/> unſerem Bedauern, unſeren Aufenthalt daſelbſt abzukürzen.<lb/> Da wir noch nicht recht akklimatiſiert waren, ſo rieten uns<lb/> ſelbſt die Koloniſten, an die wir empfohlen waren, uns auf<lb/> den Weg zu machen. Wir lernten in der Stadt viele Leute<lb/> kennen, die durch eine gewiſſe Leichtigkeit des Benehmens,<lb/> durch umfaſſenderen Ideenkreis und, darf ich hinzuſetzen, durch<lb/> entſchiedene Vorliebe für die Regierungsform der Vereinigten<lb/> Staaten verrieten, daß ſie viel mit dem Auslande in Verkehr<lb/> geſtanden. Hier hörten wir zum erſtenmal in dieſem Himmels-<lb/> ſtriche die Namen Franklin und Waſhington mit Begeiſterung<lb/> ausſprechen. Neben dem Ausdrucke dieſer Begeiſterung be-<lb/> kamen wir Klagen zu hören über den gegenwärtigen Zuſtand<lb/> von Neuandaluſien, Schilderungen, oft übertriebene, des natür-<lb/> lichen Reichtumes des Landes, leidenſchaftliche, ungeduldige<lb/> Wünſche für eine beſſere Zukunft. Dieſe Stimmung mußte<lb/> einem Reiſenden auffallen, der unmittelbarer Zeuge der großen<lb/> politiſchen Erſchütterungen in Europa geweſen war. Noch gab<lb/> ſich darin nichts Feindſeliges, Gewaltſames, keine beſtimmte<lb/> Richtung zu erkennen. Gedanken und Ausdruck hatten die<lb/> Unſicherheit, die, bei den Völkern wie beim einzelnen, als ein<lb/> Merkmal der halben Bildung, der voreilig ſich entwickelnden<lb/> Kultur erſcheint. Seit die Inſel Trinidad eine engliſche<lb/> Kolonie geworden iſt, hat das ganze öſtliche Ende der Provinz<lb/> Cumana, zumal die Küſte von Paria und der Meerbuſen<lb/> dieſes Namens ein ganz anderes Geſicht bekommen. Fremde<lb/> haben ſich da niedergelaſſen und den Bau des Kaffeebaumes,<lb/> des Baumwollenſtrauches, des tahitiſchen Zuckerrohres ein-<lb/> geführt. In Carupano, im ſchönen Thale des Rio Caribe,<lb/> in Guire und im neuen Flecken Punta de Pietro gegenüber<lb/> dem Puerto d’Eſpaña auf Trinidad hat die Bevölkerung ſehr<lb/> ſtark zugenommen. Im <hi rendition="#aq">Golfo triste</hi> iſt der Boden ſo frucht-<lb/> bar, daß der Mais jährlich zwei Ernten und das 380. Korn<lb/> gibt. Die Vereinzelung der Niederlaſſungen hat dem Handel<lb/> mit fremden Kolonieen Vorſchub geleiſtet, und ſeit dem Jahre<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [293/0309]
ein und häufen ſich dafür weſtwärts auf unberührtem, erſt
kürzlich urbar gemachtem Boden. Die Provinz Neuandaluſien
allein erzeugte im Jahre 1799 18000 bis 20000 Fanegas
Kakao (zu 40 Piaſtern die Fanega in Friedenszeiten), wovon
5000 nach der Inſel Trinidad geſchmuggelt wurden. Der
Kakao von Cumana iſt ohne allen Vergleich beſſer als der von
Guayaquil.
Die in Cariaco herrſchenden Fieber nötigten uns zu
unſerem Bedauern, unſeren Aufenthalt daſelbſt abzukürzen.
Da wir noch nicht recht akklimatiſiert waren, ſo rieten uns
ſelbſt die Koloniſten, an die wir empfohlen waren, uns auf
den Weg zu machen. Wir lernten in der Stadt viele Leute
kennen, die durch eine gewiſſe Leichtigkeit des Benehmens,
durch umfaſſenderen Ideenkreis und, darf ich hinzuſetzen, durch
entſchiedene Vorliebe für die Regierungsform der Vereinigten
Staaten verrieten, daß ſie viel mit dem Auslande in Verkehr
geſtanden. Hier hörten wir zum erſtenmal in dieſem Himmels-
ſtriche die Namen Franklin und Waſhington mit Begeiſterung
ausſprechen. Neben dem Ausdrucke dieſer Begeiſterung be-
kamen wir Klagen zu hören über den gegenwärtigen Zuſtand
von Neuandaluſien, Schilderungen, oft übertriebene, des natür-
lichen Reichtumes des Landes, leidenſchaftliche, ungeduldige
Wünſche für eine beſſere Zukunft. Dieſe Stimmung mußte
einem Reiſenden auffallen, der unmittelbarer Zeuge der großen
politiſchen Erſchütterungen in Europa geweſen war. Noch gab
ſich darin nichts Feindſeliges, Gewaltſames, keine beſtimmte
Richtung zu erkennen. Gedanken und Ausdruck hatten die
Unſicherheit, die, bei den Völkern wie beim einzelnen, als ein
Merkmal der halben Bildung, der voreilig ſich entwickelnden
Kultur erſcheint. Seit die Inſel Trinidad eine engliſche
Kolonie geworden iſt, hat das ganze öſtliche Ende der Provinz
Cumana, zumal die Küſte von Paria und der Meerbuſen
dieſes Namens ein ganz anderes Geſicht bekommen. Fremde
haben ſich da niedergelaſſen und den Bau des Kaffeebaumes,
des Baumwollenſtrauches, des tahitiſchen Zuckerrohres ein-
geführt. In Carupano, im ſchönen Thale des Rio Caribe,
in Guire und im neuen Flecken Punta de Pietro gegenüber
dem Puerto d’Eſpaña auf Trinidad hat die Bevölkerung ſehr
ſtark zugenommen. Im Golfo triste iſt der Boden ſo frucht-
bar, daß der Mais jährlich zwei Ernten und das 380. Korn
gibt. Die Vereinzelung der Niederlaſſungen hat dem Handel
mit fremden Kolonieen Vorſchub geleiſtet, und ſeit dem Jahre
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