Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.zu schreiben. Der Augenblick, wo man zum erstenmal von Unter den Briefen, die ich kurz vor unserer Einschiffung zu ſchreiben. Der Augenblick, wo man zum erſtenmal von Unter den Briefen, die ich kurz vor unſerer Einſchiffung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0034" n="18"/> zu ſchreiben. Der Augenblick, wo man zum erſtenmal von<lb/> Europa ſcheidet, hat etwas Ergreifendes. Wenn man ſich noch<lb/> ſo beſtimmt vergegenwärtigt, wie ſtark der Verkehr zwiſchen<lb/> beiden Welten iſt, wie leicht man bei den großen Fortſchritten<lb/> der Schiffahrt über den Atlantiſchen Ozean gelangt, der, der<lb/> Südſee gegenüber, ein nicht ſehr breiter Meeresarm iſt, das<lb/> Gefühl, mit dem man zum erſtenmal eine weite Seereiſe an-<lb/> tritt, hat immer etwas tief Aufregendes. Es gleicht keiner<lb/> der Empfindungen, die uns von früher Jugend auf bewegt<lb/> haben. Getrennt von den Weſen, an denen unſer Herz hängt,<lb/> im Begriff, gleichſam den Schritt in ein neues Leben zu thun,<lb/> ziehen wir uns unwillkürlich in uns ſelbſt zuſammen und<lb/> über uns kommt ein Gefühl des Alleinſeins, wie wir es nie<lb/> empfunden.</p><lb/> <p>Unter den Briefen, die ich kurz vor unſerer Einſchiffung<lb/> ſchrieb, befand ſich einer, der für die Richtung unſerer Reiſe<lb/> und den Verlauf unſerer ſpäteren Forſchungen ſehr folgereich<lb/> wurde. Als ich Paris verließ, um die Küſte von Afrika zu<lb/> beſuchen, ſchien die Entdeckungsreiſe in die Südſee auf mehrere<lb/> Jahre verſchoben. Ich hatte mit Kapitän Baudin die Ver-<lb/> abredung getroffen, daß ich, wenn er wider Vermuten die<lb/> Reiſe früher antreten könnte und ich davon Kenntnis bekäme,<lb/> von Algier aus in einen franzöſiſchen oder ſpaniſchen Hafen<lb/> eilen wolle, um die Expedition mitzumachen. Im Begriff<lb/> in die Neue Welt abzugehen, wiederholte ich jetzt dieſes Ver-<lb/> ſprechen. Ich ſchrieb Kapitän Baudin, wenn die Regierung<lb/> ihn auch jetzt noch den Weg um Kap Horn nehmen laſſen<lb/> wolle, ſo werde ich mich bemühen, mit ihm zuſammenzutreffen,<lb/> in Montevideo, in Chile, in Lima, wo immer er in den<lb/> ſpaniſchen Kolonieen anlegen möchte. Treu dieſer Zuſage,<lb/> änderte ich meinen Reiſeplan, ſobald die amerikaniſchen Blätter<lb/> im Jahre 1801 die Nachricht brachten, die franzöſiſche Expe-<lb/> dition ſei von Havre abgegangen, um von Oſt nach Weſt die<lb/> Welt zu umſegeln. Ich mietete ein kleines Fahrzeug und<lb/> ging von Batabano auf der Inſel Cuba nach Portobelo und<lb/> von da über die Landenge an die Küſte der Südſee. Infolge<lb/> einer falſchen Zeitungsnachricht haben Bonpland und ich über<lb/> 3600 <hi rendition="#aq">km</hi> in einem Lande gemacht, das wir gar nicht hatten<lb/> bereiſen wollen. Erſt in Quito erfuhren wir durch einen<lb/> Brief Delambres, des beſtändigen Sekretärs der erſten Klaſſe<lb/> des Inſtitutes, daß Kapitän Baudin um das Kap der guten<lb/> Hoffnung gegangen und die Weſt- und Oſtküſte Amerikas gar<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [18/0034]
zu ſchreiben. Der Augenblick, wo man zum erſtenmal von
Europa ſcheidet, hat etwas Ergreifendes. Wenn man ſich noch
ſo beſtimmt vergegenwärtigt, wie ſtark der Verkehr zwiſchen
beiden Welten iſt, wie leicht man bei den großen Fortſchritten
der Schiffahrt über den Atlantiſchen Ozean gelangt, der, der
Südſee gegenüber, ein nicht ſehr breiter Meeresarm iſt, das
Gefühl, mit dem man zum erſtenmal eine weite Seereiſe an-
tritt, hat immer etwas tief Aufregendes. Es gleicht keiner
der Empfindungen, die uns von früher Jugend auf bewegt
haben. Getrennt von den Weſen, an denen unſer Herz hängt,
im Begriff, gleichſam den Schritt in ein neues Leben zu thun,
ziehen wir uns unwillkürlich in uns ſelbſt zuſammen und
über uns kommt ein Gefühl des Alleinſeins, wie wir es nie
empfunden.
Unter den Briefen, die ich kurz vor unſerer Einſchiffung
ſchrieb, befand ſich einer, der für die Richtung unſerer Reiſe
und den Verlauf unſerer ſpäteren Forſchungen ſehr folgereich
wurde. Als ich Paris verließ, um die Küſte von Afrika zu
beſuchen, ſchien die Entdeckungsreiſe in die Südſee auf mehrere
Jahre verſchoben. Ich hatte mit Kapitän Baudin die Ver-
abredung getroffen, daß ich, wenn er wider Vermuten die
Reiſe früher antreten könnte und ich davon Kenntnis bekäme,
von Algier aus in einen franzöſiſchen oder ſpaniſchen Hafen
eilen wolle, um die Expedition mitzumachen. Im Begriff
in die Neue Welt abzugehen, wiederholte ich jetzt dieſes Ver-
ſprechen. Ich ſchrieb Kapitän Baudin, wenn die Regierung
ihn auch jetzt noch den Weg um Kap Horn nehmen laſſen
wolle, ſo werde ich mich bemühen, mit ihm zuſammenzutreffen,
in Montevideo, in Chile, in Lima, wo immer er in den
ſpaniſchen Kolonieen anlegen möchte. Treu dieſer Zuſage,
änderte ich meinen Reiſeplan, ſobald die amerikaniſchen Blätter
im Jahre 1801 die Nachricht brachten, die franzöſiſche Expe-
dition ſei von Havre abgegangen, um von Oſt nach Weſt die
Welt zu umſegeln. Ich mietete ein kleines Fahrzeug und
ging von Batabano auf der Inſel Cuba nach Portobelo und
von da über die Landenge an die Küſte der Südſee. Infolge
einer falſchen Zeitungsnachricht haben Bonpland und ich über
3600 km in einem Lande gemacht, das wir gar nicht hatten
bereiſen wollen. Erſt in Quito erfuhren wir durch einen
Brief Delambres, des beſtändigen Sekretärs der erſten Klaſſe
des Inſtitutes, daß Kapitän Baudin um das Kap der guten
Hoffnung gegangen und die Weſt- und Oſtküſte Amerikas gar
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |