Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.klären, und wie sollte man es glaublich finden, daß sich das Am 18. morgens wurde der Wind etwas frischer, und Wir fuhren an den Küsten von Lanzarote, Lobos und 1 Mit Verwunderung liest man in einem sonst ganz nützlichen,
unter den Seeleuten sehr verbreiteten Buche, in der neunten Aus- gabe des Practical Navigator von Hamilton Moore, S. 200, in- folge der Massenattraktion oder der allgemeinen Schwere komme ein Fahrzeug schwer von der Küste weg und werde die Schaluppe einer Fregatte von dieser selbst angezogen. klären, und wie ſollte man es glaublich finden, daß ſich das Am 18. morgens wurde der Wind etwas friſcher, und Wir fuhren an den Küſten von Lanzarote, Lobos und 1 Mit Verwunderung lieſt man in einem ſonſt ganz nützlichen,
unter den Seeleuten ſehr verbreiteten Buche, in der neunten Aus- gabe des Practical Navigator von Hamilton Moore, S. 200, in- folge der Maſſenattraktion oder der allgemeinen Schwere komme ein Fahrzeug ſchwer von der Küſte weg und werde die Schaluppe einer Fregatte von dieſer ſelbſt angezogen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0064" n="48"/> klären, und wie ſollte man es glaublich finden, daß ſich das<lb/> Waſſer am Fuße der Klippen in die Tiefe ſtürzt, und daß<lb/> bei dieſem fortwährenden Zug nach unten die Waſſerteilchen<lb/> den entſtehenden leeren Raum auszufüllen ſuchen? <note place="foot" n="1">Mit Verwunderung lieſt man in einem ſonſt ganz nützlichen,<lb/> unter den Seeleuten ſehr verbreiteten Buche, in der neunten Aus-<lb/> gabe des <hi rendition="#aq">Practical Navigator</hi> von Hamilton Moore, S. 200, in-<lb/> folge der Maſſenattraktion oder der allgemeinen Schwere komme ein<lb/> Fahrzeug ſchwer von der Küſte weg und werde die Schaluppe einer<lb/> Fregatte von dieſer ſelbſt angezogen.</note></p><lb/> <p>Am 18. morgens wurde der Wind etwas friſcher, und<lb/> ſo gelang es uns, aus dem Kanal zu kommen. Wir kamen<lb/> dem Infierno noch einmal ſehr nahe, und jetzt bemerkten wir<lb/> im Geſtein große Spalten, durch welche wahrſcheinlich die<lb/> Gaſe entwichen, als die Baſaltkuppe emporgehoben wurde.<lb/> Wir verloren die kleinen Inſeln Alegranza, Montaña Clara<lb/> und Gracioſa aus dem Geſicht. Sie ſcheinen nie von Guanchen<lb/> bewohnt geweſen zu ſein und man beſucht ſie jetzt nur, um<lb/> Orſeille dort zu ſammeln; dieſe Pflanze iſt übrigens weniger<lb/> geſucht, ſeit ſo viele andere Flechtenarten aus dem nördlichen<lb/> Europa koſtbare Farbſtoffe liefern. Montaña Clara iſt be-<lb/> rühmt wegen der ſchönen Kanarienvögel, die dort vorkommen.<lb/> Der Geſang dieſer Vögel wechſelt nach Schwärmen, wie ja<lb/> auch bei uns der Geſang der Finken in zwei benachbarten<lb/> Landſtrichen häufig ein anderer iſt. Auf Montaña Clara gibt<lb/> es auch Ziegen, zum Beweis, daß das Eiland im Inneren<lb/> nicht ſo öde iſt als die Küſte, die wir geſehen. Der Name<lb/> Alegranza kommt her von „La Joyeuſe“, wie die erſten Er-<lb/> oberer der Kanarien, zwei normänniſche Barone, Jean de<lb/> B<hi rendition="#aq">é</hi>thencourt und Gadifer de Salle, die Inſel benannten. Es<lb/> war der erſte Punkt, wo ſie gelandet. Nach einem Aufent-<lb/> halt von einigen Tagen auf der Inſel Gracioſa, von der wir<lb/> ein kleines Stück geſehen, beſchloſſen ſie ſich der benachbarten<lb/> Inſel Lanzarote zu bemächtigen, und wurden von Guadarfia,<lb/> dem Häuptling der Guanchen, ſo gaſtfreundlich empfangen,<lb/> wie Cortez im Palaſt Montezumas. Der Hirtenkönig, der<lb/> keine anderen Schätze hatte als ſeine Ziegen, wurde ſo ſchmäh-<lb/> lich verraten, wie der mexikaniſche Sultan.</p><lb/> <p>Wir fuhren an den Küſten von Lanzarote, Lobos und<lb/> Fuerteventura hin. Die zweite ſcheint früher mit den anderen<lb/> zuſammengehangen zu haben. Dieſe geologiſche Hypotheſe<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [48/0064]
klären, und wie ſollte man es glaublich finden, daß ſich das
Waſſer am Fuße der Klippen in die Tiefe ſtürzt, und daß
bei dieſem fortwährenden Zug nach unten die Waſſerteilchen
den entſtehenden leeren Raum auszufüllen ſuchen? 1
Am 18. morgens wurde der Wind etwas friſcher, und
ſo gelang es uns, aus dem Kanal zu kommen. Wir kamen
dem Infierno noch einmal ſehr nahe, und jetzt bemerkten wir
im Geſtein große Spalten, durch welche wahrſcheinlich die
Gaſe entwichen, als die Baſaltkuppe emporgehoben wurde.
Wir verloren die kleinen Inſeln Alegranza, Montaña Clara
und Gracioſa aus dem Geſicht. Sie ſcheinen nie von Guanchen
bewohnt geweſen zu ſein und man beſucht ſie jetzt nur, um
Orſeille dort zu ſammeln; dieſe Pflanze iſt übrigens weniger
geſucht, ſeit ſo viele andere Flechtenarten aus dem nördlichen
Europa koſtbare Farbſtoffe liefern. Montaña Clara iſt be-
rühmt wegen der ſchönen Kanarienvögel, die dort vorkommen.
Der Geſang dieſer Vögel wechſelt nach Schwärmen, wie ja
auch bei uns der Geſang der Finken in zwei benachbarten
Landſtrichen häufig ein anderer iſt. Auf Montaña Clara gibt
es auch Ziegen, zum Beweis, daß das Eiland im Inneren
nicht ſo öde iſt als die Küſte, die wir geſehen. Der Name
Alegranza kommt her von „La Joyeuſe“, wie die erſten Er-
oberer der Kanarien, zwei normänniſche Barone, Jean de
Béthencourt und Gadifer de Salle, die Inſel benannten. Es
war der erſte Punkt, wo ſie gelandet. Nach einem Aufent-
halt von einigen Tagen auf der Inſel Gracioſa, von der wir
ein kleines Stück geſehen, beſchloſſen ſie ſich der benachbarten
Inſel Lanzarote zu bemächtigen, und wurden von Guadarfia,
dem Häuptling der Guanchen, ſo gaſtfreundlich empfangen,
wie Cortez im Palaſt Montezumas. Der Hirtenkönig, der
keine anderen Schätze hatte als ſeine Ziegen, wurde ſo ſchmäh-
lich verraten, wie der mexikaniſche Sultan.
Wir fuhren an den Küſten von Lanzarote, Lobos und
Fuerteventura hin. Die zweite ſcheint früher mit den anderen
zuſammengehangen zu haben. Dieſe geologiſche Hypotheſe
1 Mit Verwunderung lieſt man in einem ſonſt ganz nützlichen,
unter den Seeleuten ſehr verbreiteten Buche, in der neunten Aus-
gabe des Practical Navigator von Hamilton Moore, S. 200, in-
folge der Maſſenattraktion oder der allgemeinen Schwere komme ein
Fahrzeug ſchwer von der Küſte weg und werde die Schaluppe einer
Fregatte von dieſer ſelbſt angezogen.
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