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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.

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gestellt, ergeben als mittlere Jahrestemperatur von
Caracas etwas mehr als 21,5°. Eine solche kommt aber im
System der cisatlantischen Klimate auf Ebenen unter dem
36. bis 37. Breitengrade vor. Es ist wohl überflüssig zu
bemerken, daß dieser Vergleich sich nur auf die Summe von
Wärme bezieht, die sich an jedem Punkte im Laufe des ganzen
Jahres entwickelt, keineswegs aufs Klima, das heißt auf
die Verteilung der Wärme unter die verschiedenen Jahres-
zeiten.

Sehr selten sieht man in Caracas im Sommer die Tem-
peratur ein paar Stunden lang auf 29,2° steigen; sie soll
im Winter unmittelbar nach Sonnenaufgang schon auf 11,3°
gesunken sein. Solange ich mich in Caracas aufhielt, waren
das Maximum und das Minimum nur 25 und 12,5°. Die
Kälte bei Nacht ist um so empfindlicher, da dabei meist neb-
lichtes Wetter ist. Wochenlang konnte ich weder Sonnen-
noch Sternhöhen messen. Der Uebergang von herrlich durch-
sichtiger Luft zur völligen Dunkelheit erfolgt so rasch, daß
nicht selten, wenn ich schon, eine Minute vor dem Eintritt
eines Trabanten, das Auge am Fernrohr hatte, mir der Planet
und meine nächste Umgebung miteinander im Nebel ver-
schwanden. In Europa ist in der gemäßigten Zone die Tem-
peratur auf den Gebirgen etwas gleichförmiger als in den
Niederungen. Beim Gotthardshospiz z. B. ist der Unterschied
zwischen den mittleren Temperaturen der wärmsten und der
kältesten Monate 17,3°, während derselbe unter der nämlichen
Breite beinahe am Meeresspiegel 20 bis 21° beträgt. Die
Kälte nimmt auf unseren Berge nicht so rasch zu, wie die
Wärme abnimmt. Wenn wir den Kordilleren näher kommen,
werden wir sehen, daß in der heißen Zone das Klima in
den Niederungen gleichförmiger ist als auf den Hochebenen.
In Cumana und Guayra (denn man darf keine Orte an-
führen, wo die Nordwinde einige Monate lang das Gleich-
gewicht der Atmosphäre stören) steht der Thermometer das
ganze Jahr zwischen 21 und 35°; in Santa Fe und Quito
kommen Schwankungen zwischen 3 und 22° vor, wenn man
nicht die kältesten und heißesten Tage, sondern Stunden des
Jahres vergleicht. In den Niederungen, wie in Cumana,
ist der Unterschied zwischen Tag und Nacht meist nur 3 bis 4°;
in Quito fand ich diesen Unterschied (ich zog dabei jeden Tag
und jede Nacht das Mittel aus 4 bis 5 Beobachtungen) gleich 7°.
In Caracas, das fast dreimal weniger hoch und auf einer

geſtellt, ergeben als mittlere Jahrestemperatur von
Caracas etwas mehr als 21,5°. Eine ſolche kommt aber im
Syſtem der cisatlantiſchen Klimate auf Ebenen unter dem
36. bis 37. Breitengrade vor. Es iſt wohl überflüſſig zu
bemerken, daß dieſer Vergleich ſich nur auf die Summe von
Wärme bezieht, die ſich an jedem Punkte im Laufe des ganzen
Jahres entwickelt, keineswegs aufs Klima, das heißt auf
die Verteilung der Wärme unter die verſchiedenen Jahres-
zeiten.

Sehr ſelten ſieht man in Caracas im Sommer die Tem-
peratur ein paar Stunden lang auf 29,2° ſteigen; ſie ſoll
im Winter unmittelbar nach Sonnenaufgang ſchon auf 11,3°
geſunken ſein. Solange ich mich in Caracas aufhielt, waren
das Maximum und das Minimum nur 25 und 12,5°. Die
Kälte bei Nacht iſt um ſo empfindlicher, da dabei meiſt neb-
lichtes Wetter iſt. Wochenlang konnte ich weder Sonnen-
noch Sternhöhen meſſen. Der Uebergang von herrlich durch-
ſichtiger Luft zur völligen Dunkelheit erfolgt ſo raſch, daß
nicht ſelten, wenn ich ſchon, eine Minute vor dem Eintritt
eines Trabanten, das Auge am Fernrohr hatte, mir der Planet
und meine nächſte Umgebung miteinander im Nebel ver-
ſchwanden. In Europa iſt in der gemäßigten Zone die Tem-
peratur auf den Gebirgen etwas gleichförmiger als in den
Niederungen. Beim Gotthardshoſpiz z. B. iſt der Unterſchied
zwiſchen den mittleren Temperaturen der wärmſten und der
kälteſten Monate 17,3°, während derſelbe unter der nämlichen
Breite beinahe am Meeresſpiegel 20 bis 21° beträgt. Die
Kälte nimmt auf unſeren Berge nicht ſo raſch zu, wie die
Wärme abnimmt. Wenn wir den Kordilleren näher kommen,
werden wir ſehen, daß in der heißen Zone das Klima in
den Niederungen gleichförmiger iſt als auf den Hochebenen.
In Cumana und Guayra (denn man darf keine Orte an-
führen, wo die Nordwinde einige Monate lang das Gleich-
gewicht der Atmoſphäre ſtören) ſteht der Thermometer das
ganze Jahr zwiſchen 21 und 35°; in Santa Fé und Quito
kommen Schwankungen zwiſchen 3 und 22° vor, wenn man
nicht die kälteſten und heißeſten Tage, ſondern Stunden des
Jahres vergleicht. In den Niederungen, wie in Cumana,
iſt der Unterſchied zwiſchen Tag und Nacht meiſt nur 3 bis 4°;
in Quito fand ich dieſen Unterſchied (ich zog dabei jeden Tag
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[115/0123] geſtellt, ergeben als mittlere Jahrestemperatur von Caracas etwas mehr als 21,5°. Eine ſolche kommt aber im Syſtem der cisatlantiſchen Klimate auf Ebenen unter dem 36. bis 37. Breitengrade vor. Es iſt wohl überflüſſig zu bemerken, daß dieſer Vergleich ſich nur auf die Summe von Wärme bezieht, die ſich an jedem Punkte im Laufe des ganzen Jahres entwickelt, keineswegs aufs Klima, das heißt auf die Verteilung der Wärme unter die verſchiedenen Jahres- zeiten. Sehr ſelten ſieht man in Caracas im Sommer die Tem- peratur ein paar Stunden lang auf 29,2° ſteigen; ſie ſoll im Winter unmittelbar nach Sonnenaufgang ſchon auf 11,3° geſunken ſein. Solange ich mich in Caracas aufhielt, waren das Maximum und das Minimum nur 25 und 12,5°. Die Kälte bei Nacht iſt um ſo empfindlicher, da dabei meiſt neb- lichtes Wetter iſt. Wochenlang konnte ich weder Sonnen- noch Sternhöhen meſſen. Der Uebergang von herrlich durch- ſichtiger Luft zur völligen Dunkelheit erfolgt ſo raſch, daß nicht ſelten, wenn ich ſchon, eine Minute vor dem Eintritt eines Trabanten, das Auge am Fernrohr hatte, mir der Planet und meine nächſte Umgebung miteinander im Nebel ver- ſchwanden. In Europa iſt in der gemäßigten Zone die Tem- peratur auf den Gebirgen etwas gleichförmiger als in den Niederungen. Beim Gotthardshoſpiz z. B. iſt der Unterſchied zwiſchen den mittleren Temperaturen der wärmſten und der kälteſten Monate 17,3°, während derſelbe unter der nämlichen Breite beinahe am Meeresſpiegel 20 bis 21° beträgt. Die Kälte nimmt auf unſeren Berge nicht ſo raſch zu, wie die Wärme abnimmt. Wenn wir den Kordilleren näher kommen, werden wir ſehen, daß in der heißen Zone das Klima in den Niederungen gleichförmiger iſt als auf den Hochebenen. In Cumana und Guayra (denn man darf keine Orte an- führen, wo die Nordwinde einige Monate lang das Gleich- gewicht der Atmoſphäre ſtören) ſteht der Thermometer das ganze Jahr zwiſchen 21 und 35°; in Santa Fé und Quito kommen Schwankungen zwiſchen 3 und 22° vor, wenn man nicht die kälteſten und heißeſten Tage, ſondern Stunden des Jahres vergleicht. In den Niederungen, wie in Cumana, iſt der Unterſchied zwiſchen Tag und Nacht meiſt nur 3 bis 4°; in Quito fand ich dieſen Unterſchied (ich zog dabei jeden Tag und jede Nacht das Mittel aus 4 bis 5 Beobachtungen) gleich 7°. In Caracas, das faſt dreimal weniger hoch und auf einer

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial02_1859/123>, abgerufen am 21.11.2024.