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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.

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wenn besondere klimatische Verhältnisse ihm Vorschub leisten,
im Thale sehr oft auftreten könnte. Denn die mittlere Tem-
peratur desselben ist immer noch so hoch, daß der Thermo-
meter sich in den heißesten Monaten zwischen 22 und 26° 1
hält. Wenn sich nicht wohl bezweifeln läßt, daß dieser Typhus
in der gemäßigten Zone durch Berührung ansteckend ist, wie
sollte man da sicher sein, daß er bei großer Bösartigkeit nicht
auch in der heißen Zone in einer Gegend ansteckend wird,
wo 18 km von der Küste die Sommertemperatur die Dispo-
sition des Körpers noch steigert? Die Lage von Xalapa am
Abhange der mexikanischen Gebirge bietet ungleich mehr Sicher-
heit, da die Stadt weniger volkreich und fünfmal weiter von
der See entfernt ist als Caracas, da sie um 450 m höher
liegt und ihre mittlere Temperatur 3° weniger beträgt. Im
Jahre 1696 weihte ein Bischof von Venezuela, Diego de
Bannos, eine Kirche (ermita) der heiligen Rosalia von Pa-
lermo, weil sie die Hauptstadt vom schwarzen Erbrechen,
Vomito negro, erlöst, nachdem es sechzehn Monate gewütet.
Ein Hochamt, das alle Jahre zu Anfang September in der
Hauptkirche begangen wird, ist zum Andenken an diese Seuche
gestiftet, wie denn in den spanischen Kolonieen auch die Tage,
an denen große Erdbeben stattgefunden, durch Prozessionen
im Gedächtnis erhalten werden. Das Jahr 1696 war wirk-
lich durch eine Gelbefieberepidemie ausgezeichnet, die auf allen
Antillen herrschte, wo die Krankheit sich erst seit dem Jahre 1688
eigentlich festzusetzen begonnen hatte; wie soll man aber in
Caracas an eine Epidemie des schwarzen Erbrechens glauben,
die ganze sechzehn Monate gedauert, und also die sehr kühle
Jahreszeit in der der Thermometer auf 12 oder 13° fällt,
überdauert hätte? Sollte der Typhus im hohen Thale von
Caracas älter sein als in den besuchteren Häfen von Terra
Firma? In diesen war er, nach Ulloa, vor dem Jahre 1729
nicht bekannt, und so bezweifle ich, daß die Epidemie von
1697 das gelbe Fieber oder der echte amerikanische Typhus
war. Schwarze Ausleerungen kommen in remittierenden Gallen-
fiebern häufig vor und sind an und für sich so wenig als
das Blutspeien für die schreckliche Krankheit charakteristisch,
die man gegenwärtig in der Havana und in Veracruz unter
dem Namen Vomito kennt. Wenn aber keine genaue Be-
schreibung vorliegt, aus der hervorgeht, daß der amerikanische

1 17 bis 20° R.

wenn beſondere klimatiſche Verhältniſſe ihm Vorſchub leiſten,
im Thale ſehr oft auftreten könnte. Denn die mittlere Tem-
peratur desſelben iſt immer noch ſo hoch, daß der Thermo-
meter ſich in den heißeſten Monaten zwiſchen 22 und 26° 1
hält. Wenn ſich nicht wohl bezweifeln läßt, daß dieſer Typhus
in der gemäßigten Zone durch Berührung anſteckend iſt, wie
ſollte man da ſicher ſein, daß er bei großer Bösartigkeit nicht
auch in der heißen Zone in einer Gegend anſteckend wird,
wo 18 km von der Küſte die Sommertemperatur die Dispo-
ſition des Körpers noch ſteigert? Die Lage von Xalapa am
Abhange der mexikaniſchen Gebirge bietet ungleich mehr Sicher-
heit, da die Stadt weniger volkreich und fünfmal weiter von
der See entfernt iſt als Caracas, da ſie um 450 m höher
liegt und ihre mittlere Temperatur 3° weniger beträgt. Im
Jahre 1696 weihte ein Biſchof von Venezuela, Diego de
Baños, eine Kirche (ermita) der heiligen Roſalia von Pa-
lermo, weil ſie die Hauptſtadt vom ſchwarzen Erbrechen,
Vomito negro, erlöſt, nachdem es ſechzehn Monate gewütet.
Ein Hochamt, das alle Jahre zu Anfang September in der
Hauptkirche begangen wird, iſt zum Andenken an dieſe Seuche
geſtiftet, wie denn in den ſpaniſchen Kolonieen auch die Tage,
an denen große Erdbeben ſtattgefunden, durch Prozeſſionen
im Gedächtnis erhalten werden. Das Jahr 1696 war wirk-
lich durch eine Gelbefieberepidemie ausgezeichnet, die auf allen
Antillen herrſchte, wo die Krankheit ſich erſt ſeit dem Jahre 1688
eigentlich feſtzuſetzen begonnen hatte; wie ſoll man aber in
Caracas an eine Epidemie des ſchwarzen Erbrechens glauben,
die ganze ſechzehn Monate gedauert, und alſo die ſehr kühle
Jahreszeit in der der Thermometer auf 12 oder 13° fällt,
überdauert hätte? Sollte der Typhus im hohen Thale von
Caracas älter ſein als in den beſuchteren Häfen von Terra
Firma? In dieſen war er, nach Ulloa, vor dem Jahre 1729
nicht bekannt, und ſo bezweifle ich, daß die Epidemie von
1697 das gelbe Fieber oder der echte amerikaniſche Typhus
war. Schwarze Ausleerungen kommen in remittierenden Gallen-
fiebern häufig vor und ſind an und für ſich ſo wenig als
das Blutſpeien für die ſchreckliche Krankheit charakteriſtiſch,
die man gegenwärtig in der Havana und in Veracruz unter
dem Namen Vomito kennt. Wenn aber keine genaue Be-
ſchreibung vorliegt, aus der hervorgeht, daß der amerikaniſche

1 17 bis 20° R.
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[118/0126] wenn beſondere klimatiſche Verhältniſſe ihm Vorſchub leiſten, im Thale ſehr oft auftreten könnte. Denn die mittlere Tem- peratur desſelben iſt immer noch ſo hoch, daß der Thermo- meter ſich in den heißeſten Monaten zwiſchen 22 und 26° 1 hält. Wenn ſich nicht wohl bezweifeln läßt, daß dieſer Typhus in der gemäßigten Zone durch Berührung anſteckend iſt, wie ſollte man da ſicher ſein, daß er bei großer Bösartigkeit nicht auch in der heißen Zone in einer Gegend anſteckend wird, wo 18 km von der Küſte die Sommertemperatur die Dispo- ſition des Körpers noch ſteigert? Die Lage von Xalapa am Abhange der mexikaniſchen Gebirge bietet ungleich mehr Sicher- heit, da die Stadt weniger volkreich und fünfmal weiter von der See entfernt iſt als Caracas, da ſie um 450 m höher liegt und ihre mittlere Temperatur 3° weniger beträgt. Im Jahre 1696 weihte ein Biſchof von Venezuela, Diego de Baños, eine Kirche (ermita) der heiligen Roſalia von Pa- lermo, weil ſie die Hauptſtadt vom ſchwarzen Erbrechen, Vomito negro, erlöſt, nachdem es ſechzehn Monate gewütet. Ein Hochamt, das alle Jahre zu Anfang September in der Hauptkirche begangen wird, iſt zum Andenken an dieſe Seuche geſtiftet, wie denn in den ſpaniſchen Kolonieen auch die Tage, an denen große Erdbeben ſtattgefunden, durch Prozeſſionen im Gedächtnis erhalten werden. Das Jahr 1696 war wirk- lich durch eine Gelbefieberepidemie ausgezeichnet, die auf allen Antillen herrſchte, wo die Krankheit ſich erſt ſeit dem Jahre 1688 eigentlich feſtzuſetzen begonnen hatte; wie ſoll man aber in Caracas an eine Epidemie des ſchwarzen Erbrechens glauben, die ganze ſechzehn Monate gedauert, und alſo die ſehr kühle Jahreszeit in der der Thermometer auf 12 oder 13° fällt, überdauert hätte? Sollte der Typhus im hohen Thale von Caracas älter ſein als in den beſuchteren Häfen von Terra Firma? In dieſen war er, nach Ulloa, vor dem Jahre 1729 nicht bekannt, und ſo bezweifle ich, daß die Epidemie von 1697 das gelbe Fieber oder der echte amerikaniſche Typhus war. Schwarze Ausleerungen kommen in remittierenden Gallen- fiebern häufig vor und ſind an und für ſich ſo wenig als das Blutſpeien für die ſchreckliche Krankheit charakteriſtiſch, die man gegenwärtig in der Havana und in Veracruz unter dem Namen Vomito kennt. Wenn aber keine genaue Be- ſchreibung vorliegt, aus der hervorgeht, daß der amerikaniſche 1 17 bis 20° R.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial02_1859/126>, abgerufen am 24.11.2024.