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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.

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sicher nicht, wie in Europa, weil die Temperatur zu niedrig
wird, sondern weil in diesen Monaten, die am weitesten von
der Regenzeit entfernt sind, die Luft dem Maximum von
Trockenheit sich nähert. Nur die Gewächse mit glänzenden,
stark lederartigen Blättern halten die Dürre aus. Unter dem
schönen tropischen Himmel befremdet den Reisenden der fast
winterliche Charakter des Landes; aber das frischeste Grün
erscheint wieder, sobald man an die Ufer des Orinoko gelangt.
Dort herrscht ein anderes Klima und durch ihre Beschattung
unterhalten die großen Wälder im Boden einen gewissen
Grad von Feuchtigkeit und schützen ihn vor der verzehrenden
Sonnenglut.

Jenseits des kleinen Dorfes Antimano wird das Thal
bedeutend enger. Das Flußufer ist mit Lata bewachsen, der
schönen Grasart mit zweizeiligen Blättern, die gegen 10 m
hoch wird und die wir unter dem Namen Gynerium (sac-
charoides
) beschrieben haben. Um jede Hütte stehen unge-
heure Stämme von Persea (Laurus Persea), an denen Ari-
stolochien, Paullinien und eine Menge anderer Schlingpflanzen
wachsen. Die benachbarten bewaldeten Berge scheinen dieses
westliche Ende des Thales von Caracas feucht zu erhalten.
Die Nacht vor unserer Ankunft in Las Ajuntas brachten wir
auf einer Zuckerpflanzung zu. In einem viereckigen Hause
lagen gegen 80 Neger auf Ochsenhäuten am Boden. In
jedem Gemach waren vier Sklaven, und das Ganze sah aus
wie eine Kaserne. Im Hofe brannten ein Dutzend Feuer,
an denen gekocht wurde. Auch hier fiel uns die lärmende
Lustigkeit der Schwarzen auf und wir konnten kaum schlafen.
Wegen des bewölkten Himmels konnte ich keine Sternbeobach-
tungen machen; der Mond kam nur von Zeit zu Zeit zum
Vorschein, die Landschaft war trübselig einförmig, alle Hügel
umher mit Maguey bewachsen. Man arbeitete an einem
kleinen Kanale, der über 23 m hoch das Wasser des Rio San
Pedro in den Hof leiten sollte. Nach einer barometrischen
Beobachtung liegt der Boden der Hacienda nur 97 m über
dem Bett des Guayre bei Noria in der Nähe von Caracas.

Der Boden dieses Landstriches erwies sich zum Bau des
Kaffeebaumes nicht sehr geeignet; er gibt im allgemeinen im
Thale von Caracas einen geringeren Ertrag, als man anfangs
vermutet hatte, da man bei Chacao mit dem Anbau begann.
Um sich von der Wichtigkeit dieses Handelszweiges im all-
gemeinen einen Begriff zu machen, genügt die Angabe, daß

ſicher nicht, wie in Europa, weil die Temperatur zu niedrig
wird, ſondern weil in dieſen Monaten, die am weiteſten von
der Regenzeit entfernt ſind, die Luft dem Maximum von
Trockenheit ſich nähert. Nur die Gewächſe mit glänzenden,
ſtark lederartigen Blättern halten die Dürre aus. Unter dem
ſchönen tropiſchen Himmel befremdet den Reiſenden der faſt
winterliche Charakter des Landes; aber das friſcheſte Grün
erſcheint wieder, ſobald man an die Ufer des Orinoko gelangt.
Dort herrſcht ein anderes Klima und durch ihre Beſchattung
unterhalten die großen Wälder im Boden einen gewiſſen
Grad von Feuchtigkeit und ſchützen ihn vor der verzehrenden
Sonnenglut.

Jenſeits des kleinen Dorfes Antimano wird das Thal
bedeutend enger. Das Flußufer iſt mit Lata bewachſen, der
ſchönen Grasart mit zweizeiligen Blättern, die gegen 10 m
hoch wird und die wir unter dem Namen Gynerium (sac-
charoides
) beſchrieben haben. Um jede Hütte ſtehen unge-
heure Stämme von Perſea (Laurus Persea), an denen Ari-
ſtolochien, Paullinien und eine Menge anderer Schlingpflanzen
wachſen. Die benachbarten bewaldeten Berge ſcheinen dieſes
weſtliche Ende des Thales von Caracas feucht zu erhalten.
Die Nacht vor unſerer Ankunft in Las Ajuntas brachten wir
auf einer Zuckerpflanzung zu. In einem viereckigen Hauſe
lagen gegen 80 Neger auf Ochſenhäuten am Boden. In
jedem Gemach waren vier Sklaven, und das Ganze ſah aus
wie eine Kaſerne. Im Hofe brannten ein Dutzend Feuer,
an denen gekocht wurde. Auch hier fiel uns die lärmende
Luſtigkeit der Schwarzen auf und wir konnten kaum ſchlafen.
Wegen des bewölkten Himmels konnte ich keine Sternbeobach-
tungen machen; der Mond kam nur von Zeit zu Zeit zum
Vorſchein, die Landſchaft war trübſelig einförmig, alle Hügel
umher mit Maguey bewachſen. Man arbeitete an einem
kleinen Kanale, der über 23 m hoch das Waſſer des Rio San
Pedro in den Hof leiten ſollte. Nach einer barometriſchen
Beobachtung liegt der Boden der Hacienda nur 97 m über
dem Bett des Guayre bei Noria in der Nähe von Caracas.

Der Boden dieſes Landſtriches erwies ſich zum Bau des
Kaffeebaumes nicht ſehr geeignet; er gibt im allgemeinen im
Thale von Caracas einen geringeren Ertrag, als man anfangs
vermutet hatte, da man bei Chacao mit dem Anbau begann.
Um ſich von der Wichtigkeit dieſes Handelszweiges im all-
gemeinen einen Begriff zu machen, genügt die Angabe, daß

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[171/0179] ſicher nicht, wie in Europa, weil die Temperatur zu niedrig wird, ſondern weil in dieſen Monaten, die am weiteſten von der Regenzeit entfernt ſind, die Luft dem Maximum von Trockenheit ſich nähert. Nur die Gewächſe mit glänzenden, ſtark lederartigen Blättern halten die Dürre aus. Unter dem ſchönen tropiſchen Himmel befremdet den Reiſenden der faſt winterliche Charakter des Landes; aber das friſcheſte Grün erſcheint wieder, ſobald man an die Ufer des Orinoko gelangt. Dort herrſcht ein anderes Klima und durch ihre Beſchattung unterhalten die großen Wälder im Boden einen gewiſſen Grad von Feuchtigkeit und ſchützen ihn vor der verzehrenden Sonnenglut. Jenſeits des kleinen Dorfes Antimano wird das Thal bedeutend enger. Das Flußufer iſt mit Lata bewachſen, der ſchönen Grasart mit zweizeiligen Blättern, die gegen 10 m hoch wird und die wir unter dem Namen Gynerium (sac- charoides) beſchrieben haben. Um jede Hütte ſtehen unge- heure Stämme von Perſea (Laurus Persea), an denen Ari- ſtolochien, Paullinien und eine Menge anderer Schlingpflanzen wachſen. Die benachbarten bewaldeten Berge ſcheinen dieſes weſtliche Ende des Thales von Caracas feucht zu erhalten. Die Nacht vor unſerer Ankunft in Las Ajuntas brachten wir auf einer Zuckerpflanzung zu. In einem viereckigen Hauſe lagen gegen 80 Neger auf Ochſenhäuten am Boden. In jedem Gemach waren vier Sklaven, und das Ganze ſah aus wie eine Kaſerne. Im Hofe brannten ein Dutzend Feuer, an denen gekocht wurde. Auch hier fiel uns die lärmende Luſtigkeit der Schwarzen auf und wir konnten kaum ſchlafen. Wegen des bewölkten Himmels konnte ich keine Sternbeobach- tungen machen; der Mond kam nur von Zeit zu Zeit zum Vorſchein, die Landſchaft war trübſelig einförmig, alle Hügel umher mit Maguey bewachſen. Man arbeitete an einem kleinen Kanale, der über 23 m hoch das Waſſer des Rio San Pedro in den Hof leiten ſollte. Nach einer barometriſchen Beobachtung liegt der Boden der Hacienda nur 97 m über dem Bett des Guayre bei Noria in der Nähe von Caracas. Der Boden dieſes Landſtriches erwies ſich zum Bau des Kaffeebaumes nicht ſehr geeignet; er gibt im allgemeinen im Thale von Caracas einen geringeren Ertrag, als man anfangs vermutet hatte, da man bei Chacao mit dem Anbau begann. Um ſich von der Wichtigkeit dieſes Handelszweiges im all- gemeinen einen Begriff zu machen, genügt die Angabe, daß

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial02_1859/179>, abgerufen am 21.11.2024.