mittelbar auf den Lauf des Schiffes und auf die Steuerung Bezug hatte.
So glänzend das Zodiakallicht im trockenen Tuythale war, so sah ich es doch noch weit schöner auf dem Rücken der Kordilleren von Mexiko, am Ufer des Sees von Tezcuco, in 2261 m Meereshöhe. Auf dieser Hochebene geht der De- lucsche Hygrometer auf 15° zurück, und bei einem Luftdruck von 21 Zoll 8 Linien ist die Schwächung des Lichtes 1/1006mal geringer als auf den Niederungen. Im Januar 1804 reichte die Helle zuweilen mehr als 60° über den Horizont herauf. Die Milchstraße erschien blaß neben dem Glanz des Zo- diakallichtes, und wenn bläuliche zerstreute Wölkchen gegen West am Himmel schwebten, meinte man, der Mond sei am Aufgehen.
Ich muß hier einer sehr auffallenden Beobachtung ge- denken, die sich in meinem an Ort und Stelle geführten Tage- buche mehrmals verzeichnet findet. Am 18. Januar und am 15. Februar 1800 zeigte sich das Zodiakallicht nach je zwei Minuten sehr merkbar jetzt schwächer, jetzt wieder stärker. Bald war es sehr schwach, bald heller als der Glanz der Milchstraße im Schützen. Der Wechsel erfolgte in der ganzen Pyramide, besonders aber im Inneren, weit von den Rändern. Wäh- rend dieser Schwankungen des Zodiakallichtes zeigte der Hygro- meter große Trockenheit an. Die Sterne vierter und fünfter Größe erschienen dem bloßen Auge fortwährend in derselben Lichtstärke. Nirgends war ein Wolkenstreif am Himmel zu sehen, und nichts schien irgendwie die Reinheit der Luft zu beeinträchtigen. In anderen Jahren, in der südlichen Halb- kugel, sah ich das Licht eine halbe Stunde, ehe es verschwand, stärker werden. Nach Dominik Cassini sollte "das Zodiakal- licht in manchen Jahren schwächer und dann wieder so stark werden wie anfangs". Er glaubte, dieser allmähliche Licht- wechsel "hänge mit denselben Emanationen zusammen, in deren Folge auf der Sonnenscheibe periodisch Flecken und Fackeln erscheinen", aber der ausgezeichnete Beobachter erwähnt nichts von einem solchen raschen, innerhalb weniger Minuten erfol- genden Wechsel in der Stärke des Zodiakallichtes, wie ich denselben unter den Tropen öfters gesehen. Mairan behauptet, in Frankreich sehe man in den Monaten Februar und März ziemlich oft mit dem Zodiakalschein eine Art Nordlicht sich mischen, das er das unbestimmte nennt, und dessen Licht- nebel sich entweder um den ganzen Horizont verbreitet oder
mittelbar auf den Lauf des Schiffes und auf die Steuerung Bezug hatte.
So glänzend das Zodiakallicht im trockenen Tuythale war, ſo ſah ich es doch noch weit ſchöner auf dem Rücken der Kordilleren von Mexiko, am Ufer des Sees von Tezcuco, in 2261 m Meereshöhe. Auf dieſer Hochebene geht der De- lucſche Hygrometer auf 15° zurück, und bei einem Luftdruck von 21 Zoll 8 Linien iſt die Schwächung des Lichtes 1/1006mal geringer als auf den Niederungen. Im Januar 1804 reichte die Helle zuweilen mehr als 60° über den Horizont herauf. Die Milchſtraße erſchien blaß neben dem Glanz des Zo- diakallichtes, und wenn bläuliche zerſtreute Wölkchen gegen Weſt am Himmel ſchwebten, meinte man, der Mond ſei am Aufgehen.
Ich muß hier einer ſehr auffallenden Beobachtung ge- denken, die ſich in meinem an Ort und Stelle geführten Tage- buche mehrmals verzeichnet findet. Am 18. Januar und am 15. Februar 1800 zeigte ſich das Zodiakallicht nach je zwei Minuten ſehr merkbar jetzt ſchwächer, jetzt wieder ſtärker. Bald war es ſehr ſchwach, bald heller als der Glanz der Milchſtraße im Schützen. Der Wechſel erfolgte in der ganzen Pyramide, beſonders aber im Inneren, weit von den Rändern. Wäh- rend dieſer Schwankungen des Zodiakallichtes zeigte der Hygro- meter große Trockenheit an. Die Sterne vierter und fünfter Größe erſchienen dem bloßen Auge fortwährend in derſelben Lichtſtärke. Nirgends war ein Wolkenſtreif am Himmel zu ſehen, und nichts ſchien irgendwie die Reinheit der Luft zu beeinträchtigen. In anderen Jahren, in der ſüdlichen Halb- kugel, ſah ich das Licht eine halbe Stunde, ehe es verſchwand, ſtärker werden. Nach Dominik Caſſini ſollte „das Zodiakal- licht in manchen Jahren ſchwächer und dann wieder ſo ſtark werden wie anfangs“. Er glaubte, dieſer allmähliche Licht- wechſel „hänge mit denſelben Emanationen zuſammen, in deren Folge auf der Sonnenſcheibe periodiſch Flecken und Fackeln erſcheinen“, aber der ausgezeichnete Beobachter erwähnt nichts von einem ſolchen raſchen, innerhalb weniger Minuten erfol- genden Wechſel in der Stärke des Zodiakallichtes, wie ich denſelben unter den Tropen öfters geſehen. Mairan behauptet, in Frankreich ſehe man in den Monaten Februar und März ziemlich oft mit dem Zodiakalſchein eine Art Nordlicht ſich miſchen, das er das unbeſtimmte nennt, und deſſen Licht- nebel ſich entweder um den ganzen Horizont verbreitet oder
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mittelbar auf den Lauf des Schiffes und auf die Steuerung
Bezug hatte.
So glänzend das Zodiakallicht im trockenen Tuythale
war, ſo ſah ich es doch noch weit ſchöner auf dem Rücken der
Kordilleren von Mexiko, am Ufer des Sees von Tezcuco, in
2261 m Meereshöhe. Auf dieſer Hochebene geht der De-
lucſche Hygrometer auf 15° zurück, und bei einem Luftdruck
von 21 Zoll 8 Linien iſt die Schwächung des Lichtes 1/1006mal
geringer als auf den Niederungen. Im Januar 1804 reichte
die Helle zuweilen mehr als 60° über den Horizont herauf.
Die Milchſtraße erſchien blaß neben dem Glanz des Zo-
diakallichtes, und wenn bläuliche zerſtreute Wölkchen gegen
Weſt am Himmel ſchwebten, meinte man, der Mond ſei am
Aufgehen.
Ich muß hier einer ſehr auffallenden Beobachtung ge-
denken, die ſich in meinem an Ort und Stelle geführten Tage-
buche mehrmals verzeichnet findet. Am 18. Januar und am
15. Februar 1800 zeigte ſich das Zodiakallicht nach je zwei
Minuten ſehr merkbar jetzt ſchwächer, jetzt wieder ſtärker. Bald
war es ſehr ſchwach, bald heller als der Glanz der Milchſtraße
im Schützen. Der Wechſel erfolgte in der ganzen Pyramide,
beſonders aber im Inneren, weit von den Rändern. Wäh-
rend dieſer Schwankungen des Zodiakallichtes zeigte der Hygro-
meter große Trockenheit an. Die Sterne vierter und fünfter
Größe erſchienen dem bloßen Auge fortwährend in derſelben
Lichtſtärke. Nirgends war ein Wolkenſtreif am Himmel zu
ſehen, und nichts ſchien irgendwie die Reinheit der Luft zu
beeinträchtigen. In anderen Jahren, in der ſüdlichen Halb-
kugel, ſah ich das Licht eine halbe Stunde, ehe es verſchwand,
ſtärker werden. Nach Dominik Caſſini ſollte „das Zodiakal-
licht in manchen Jahren ſchwächer und dann wieder ſo ſtark
werden wie anfangs“. Er glaubte, dieſer allmähliche Licht-
wechſel „hänge mit denſelben Emanationen zuſammen, in deren
Folge auf der Sonnenſcheibe periodiſch Flecken und Fackeln
erſcheinen“, aber der ausgezeichnete Beobachter erwähnt nichts
von einem ſolchen raſchen, innerhalb weniger Minuten erfol-
genden Wechſel in der Stärke des Zodiakallichtes, wie ich
denſelben unter den Tropen öfters geſehen. Mairan behauptet,
in Frankreich ſehe man in den Monaten Februar und März
ziemlich oft mit dem Zodiakalſchein eine Art Nordlicht ſich
miſchen, das er das unbeſtimmte nennt, und deſſen Licht-
nebel ſich entweder um den ganzen Horizont verbreitet oder
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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial02_1859/192>, abgerufen am 16.02.2025.
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