Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.behauptet, die Stadt Nueva Valencia de el Rey sei im Jahre Wenn das so vielfach besprochene Problem von der Ab- Wenn man die Flußthäler und die Seebecken genau be- behauptet, die Stadt Nueva Valencia de el Rey ſei im Jahre Wenn das ſo vielfach beſprochene Problem von der Ab- Wenn man die Flußthäler und die Seebecken genau be- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0212" n="204"/> behauptet, die Stadt Nueva Valencia de el Rey ſei im Jahre<lb/> 1555 2,25 <hi rendition="#aq">km</hi> vom See erbaut worden, und daß ſich bei<lb/> ihm die Länge des Sees zur Breite verhält wie 7 zu 3.<lb/> Gegenwärtig liegt zwiſchen dem See und der Stadt ein<lb/> ebener Landſtrich von mehr als 5260 <hi rendition="#aq">m</hi>, den Oviedo ſicher<lb/> zu 7 <hi rendition="#aq">km</hi> angeſchlagen hätte, und die Länge des Seebeckens<lb/> verhält ſich zur Breite wie 10 zu 2,3 oder wie 7 zu 1,6.<lb/> Schon das Ausſehen des Bodens zwiſchen Valencia und<lb/> Guigue, die Hügel, die auf der Ebene öſtlich vom Cano de<lb/> Cambury ſteil aufſteigen und zum Teil (<hi rendition="#aq">el Islote</hi> und <hi rendition="#aq">la Isla de<lb/> la Negra</hi> oder <hi rendition="#aq">Caratapona</hi>) ſogar noch jetzt <hi rendition="#g">Inſeln</hi> heißen,<lb/> beweiſen zur Genüge, daß ſeit Oviedos Zeit das Waſſer be-<lb/> deutend zurückgewichen iſt. Was die Veränderung des Um-<lb/> riſſes des Sees betrifft, ſo ſcheint es mir nicht ſehr wahr-<lb/> ſcheinlich, daß er im 17. Jahrhundert beinahe zur Hälfte ſo<lb/> breit als lang geweſen ſein ſollte. Die Lage der Granit-<lb/> berge von Mariara und Guigue und der Fall des Bodens,<lb/> der gegen Nord und Süd raſcher ſteigt als gegen Oſt und<lb/> Weſt, ſtreiten gleichermaßen gegen dieſe Annahme.</p><lb/> <p>Wenn das ſo vielfach beſprochene Problem von der Ab-<lb/> nahme der Gewäſſer zur Sprache kommt, ſo hat man, denke<lb/> ich, zwei Epochen zu unterſcheiden, in welchen das Sinken<lb/> des Waſſerſpiegels ſtattgefunden.</p><lb/> <p>Wenn man die Flußthäler und die Seebecken genau be-<lb/> trachtet, findet man überall das alte Ufer in bedeutender<lb/> Entfernung. Niemand leugnet wohl jetzt mehr, daß unſere<lb/> Flüſſe und Seen in ſehr bedeutendem Maße abgenommen<lb/> haben; aber zahlreiche geologiſche Thatſachen weiſen auch dar-<lb/> auf hin, daß dieſer große Wechſel in der Verteilung der<lb/> Gewäſſer vor aller Geſchichte eingetreten iſt, und daß ſich<lb/> ſeit mehreren Jahrtauſenden bei den meiſten Seen ein feſtes<lb/> Gleichgewicht zwiſchen dem Betrage der Zuflüſſe einerſeits,<lb/> und der Verdunſtung und Verſickerung andererſeits hergeſtellt<lb/> hat. So oft dieſes Gleichgewicht geſtört iſt, thut man gut,<lb/> ſich umzuſehen, ob ſolches nicht von rein örtlichen Verhältniſſen<lb/> und aus jüngſter Zeit herrührt, ehe man eine beſtändige Ab-<lb/> nahme des Waſſers annimmt. Ein ſolcher Gedankengang<lb/> entſpricht dem vorſichtigeren Verfahren der heutigen Wiſſen-<lb/> ſchaften. Zu einer Zeit, wo die phyſiſche Weltbeſchreibung<lb/> das freie Geiſteserzeugnis einiger beredten Schriftſteller war<lb/> und nur durch Phantaſiebilder wirkte, hätte man in der Er-<lb/> ſcheinung, von der es ſich hier handelt, einen neuen Beweis<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [204/0212]
behauptet, die Stadt Nueva Valencia de el Rey ſei im Jahre
1555 2,25 km vom See erbaut worden, und daß ſich bei
ihm die Länge des Sees zur Breite verhält wie 7 zu 3.
Gegenwärtig liegt zwiſchen dem See und der Stadt ein
ebener Landſtrich von mehr als 5260 m, den Oviedo ſicher
zu 7 km angeſchlagen hätte, und die Länge des Seebeckens
verhält ſich zur Breite wie 10 zu 2,3 oder wie 7 zu 1,6.
Schon das Ausſehen des Bodens zwiſchen Valencia und
Guigue, die Hügel, die auf der Ebene öſtlich vom Cano de
Cambury ſteil aufſteigen und zum Teil (el Islote und la Isla de
la Negra oder Caratapona) ſogar noch jetzt Inſeln heißen,
beweiſen zur Genüge, daß ſeit Oviedos Zeit das Waſſer be-
deutend zurückgewichen iſt. Was die Veränderung des Um-
riſſes des Sees betrifft, ſo ſcheint es mir nicht ſehr wahr-
ſcheinlich, daß er im 17. Jahrhundert beinahe zur Hälfte ſo
breit als lang geweſen ſein ſollte. Die Lage der Granit-
berge von Mariara und Guigue und der Fall des Bodens,
der gegen Nord und Süd raſcher ſteigt als gegen Oſt und
Weſt, ſtreiten gleichermaßen gegen dieſe Annahme.
Wenn das ſo vielfach beſprochene Problem von der Ab-
nahme der Gewäſſer zur Sprache kommt, ſo hat man, denke
ich, zwei Epochen zu unterſcheiden, in welchen das Sinken
des Waſſerſpiegels ſtattgefunden.
Wenn man die Flußthäler und die Seebecken genau be-
trachtet, findet man überall das alte Ufer in bedeutender
Entfernung. Niemand leugnet wohl jetzt mehr, daß unſere
Flüſſe und Seen in ſehr bedeutendem Maße abgenommen
haben; aber zahlreiche geologiſche Thatſachen weiſen auch dar-
auf hin, daß dieſer große Wechſel in der Verteilung der
Gewäſſer vor aller Geſchichte eingetreten iſt, und daß ſich
ſeit mehreren Jahrtauſenden bei den meiſten Seen ein feſtes
Gleichgewicht zwiſchen dem Betrage der Zuflüſſe einerſeits,
und der Verdunſtung und Verſickerung andererſeits hergeſtellt
hat. So oft dieſes Gleichgewicht geſtört iſt, thut man gut,
ſich umzuſehen, ob ſolches nicht von rein örtlichen Verhältniſſen
und aus jüngſter Zeit herrührt, ehe man eine beſtändige Ab-
nahme des Waſſers annimmt. Ein ſolcher Gedankengang
entſpricht dem vorſichtigeren Verfahren der heutigen Wiſſen-
ſchaften. Zu einer Zeit, wo die phyſiſche Weltbeſchreibung
das freie Geiſteserzeugnis einiger beredten Schriftſteller war
und nur durch Phantaſiebilder wirkte, hätte man in der Er-
ſcheinung, von der es ſich hier handelt, einen neuen Beweis
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