30 Bergleute, und die Gesamtzahl der mit der Förderung und dem Schmelzen des Erzes beschäftigten Sklaven beträgt nur 60 bis 70. Da der Schacht nur 58 m tief ist, so können, der Wasser wegen, die reichsten Strecken des Stockwerkes, die darunter liegen, nicht abgebaut werden. Man hat bis jetzt nicht daran gedacht, Schöpfräder aufzustellen. Die Gesamt- ausbeute an gediegenem Kupfer beträgt jährlich 1200 bis 1500 Zentner. Das Kupfer, in Cadiz als Caracaskupfer bekannt, ist ausgezeichnet gut; man zieht es sogar dem schwe- dischen und dem Kupfer von Coquimbo in Chile vor. Das Kupfer von Aroa wird zum Teil an Ort und Stelle zum Glockenguß verwendet. In neuester Zeit ist zwischen Aroa und Nirgua bei Guanita im Berge San Pablo einiges Silbererz entdeckt worden. Goldkörner kommen überall im Gebirgslande zwischen dem Rio Yaracuy, der Stadt San Felipe, Nirgua und Barquesimeto vor, besonders aber im Flusse Santa Cruz, in dem die indianischen Goldwäscher zuweilen Geschiebe von 4 bis 5 Piastern Wert finden. Kommen im anstehenden Glimmerschiefer- und Gneisgestein wirkliche Gänge vor, oder ist das Gold auch hier, wie im Granit von Guadarama in Spanien oder im Fichtelgebirge in Franken, durch die ganze Gebirgsart zerstreut? Das durchsickernde Wasser mag die zer- streuten Goldblättchen zusammenschwemmen, und in diesem Fall wären alle Bergbauversuche fruchtlos. In der Savana de la Miel bei der Stadt Barquesimeto hat man im schwarzen, glänzenden, dem Bergpech (Ampelite) ähnlichen Schiefer einen Schacht niedergetrieben. Die Mineralien, die man daraus zu Tage gefördert, und die man mir nach Caracas geschickt, waren Quarz, nicht goldhaltige Schwefelkiese und in Nadeln mit Seidenglanz kristallisiertes kohlensaures Blei.
In der ersten Zeit nach der Eroberung begann man trotz der Einfälle des kriegerischen Stammes der Girahara die Gruben von Nirgua und Buria auszubeuten. Im selben Bezirk veranlaßte im Jahre 1553 die Menge der Negersklaven einen Vorfall, der, so wenig er an sich zu bedeuten hatte, dadurch interessant wird, daß er mit den Ereignissen, die sich unter unseren Augen auf San Domingo begeben haben, Aehn- lichkeit hat. Ein Negersklave stiftete unter den Grubenarbeitern von San Felipe de Buria einen Aufstand an, zog sich in die Wälder und gründete mit 200 Genossen einen Flecken, in dem er zum König ausgerufen wurde. Miguel, der neue König, liebte Prunk und Feierlichkeit; sein Weib Guiomar ließ er
30 Bergleute, und die Geſamtzahl der mit der Förderung und dem Schmelzen des Erzes beſchäftigten Sklaven beträgt nur 60 bis 70. Da der Schacht nur 58 m tief iſt, ſo können, der Waſſer wegen, die reichſten Strecken des Stockwerkes, die darunter liegen, nicht abgebaut werden. Man hat bis jetzt nicht daran gedacht, Schöpfräder aufzuſtellen. Die Geſamt- ausbeute an gediegenem Kupfer beträgt jährlich 1200 bis 1500 Zentner. Das Kupfer, in Cadiz als Caracaskupfer bekannt, iſt ausgezeichnet gut; man zieht es ſogar dem ſchwe- diſchen und dem Kupfer von Coquimbo in Chile vor. Das Kupfer von Aroa wird zum Teil an Ort und Stelle zum Glockenguß verwendet. In neueſter Zeit iſt zwiſchen Aroa und Nirgua bei Guanita im Berge San Pablo einiges Silbererz entdeckt worden. Goldkörner kommen überall im Gebirgslande zwiſchen dem Rio Yaracuy, der Stadt San Felipe, Nirgua und Barqueſimeto vor, beſonders aber im Fluſſe Santa Cruz, in dem die indianiſchen Goldwäſcher zuweilen Geſchiebe von 4 bis 5 Piaſtern Wert finden. Kommen im anſtehenden Glimmerſchiefer- und Gneisgeſtein wirkliche Gänge vor, oder iſt das Gold auch hier, wie im Granit von Guadarama in Spanien oder im Fichtelgebirge in Franken, durch die ganze Gebirgsart zerſtreut? Das durchſickernde Waſſer mag die zer- ſtreuten Goldblättchen zuſammenſchwemmen, und in dieſem Fall wären alle Bergbauverſuche fruchtlos. In der Savana de la Miel bei der Stadt Barqueſimeto hat man im ſchwarzen, glänzenden, dem Bergpech (Ampélite) ähnlichen Schiefer einen Schacht niedergetrieben. Die Mineralien, die man daraus zu Tage gefördert, und die man mir nach Caracas geſchickt, waren Quarz, nicht goldhaltige Schwefelkieſe und in Nadeln mit Seidenglanz kriſtalliſiertes kohlenſaures Blei.
In der erſten Zeit nach der Eroberung begann man trotz der Einfälle des kriegeriſchen Stammes der Girahara die Gruben von Nirgua und Buria auszubeuten. Im ſelben Bezirk veranlaßte im Jahre 1553 die Menge der Negerſklaven einen Vorfall, der, ſo wenig er an ſich zu bedeuten hatte, dadurch intereſſant wird, daß er mit den Ereigniſſen, die ſich unter unſeren Augen auf San Domingo begeben haben, Aehn- lichkeit hat. Ein Negerſklave ſtiftete unter den Grubenarbeitern von San Felipe de Buria einen Aufſtand an, zog ſich in die Wälder und gründete mit 200 Genoſſen einen Flecken, in dem er zum König ausgerufen wurde. Miguel, der neue König, liebte Prunk und Feierlichkeit; ſein Weib Guiomar ließ er
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30 Bergleute, und die Geſamtzahl der mit der Förderung
und dem Schmelzen des Erzes beſchäftigten Sklaven beträgt
nur 60 bis 70. Da der Schacht nur 58 m tief iſt, ſo können,
der Waſſer wegen, die reichſten Strecken des Stockwerkes, die
darunter liegen, nicht abgebaut werden. Man hat bis jetzt
nicht daran gedacht, Schöpfräder aufzuſtellen. Die Geſamt-
ausbeute an gediegenem Kupfer beträgt jährlich 1200 bis
1500 Zentner. Das Kupfer, in Cadiz als Caracaskupfer
bekannt, iſt ausgezeichnet gut; man zieht es ſogar dem ſchwe-
diſchen und dem Kupfer von Coquimbo in Chile vor. Das
Kupfer von Aroa wird zum Teil an Ort und Stelle zum
Glockenguß verwendet. In neueſter Zeit iſt zwiſchen Aroa
und Nirgua bei Guanita im Berge San Pablo einiges Silbererz
entdeckt worden. Goldkörner kommen überall im Gebirgslande
zwiſchen dem Rio Yaracuy, der Stadt San Felipe, Nirgua
und Barqueſimeto vor, beſonders aber im Fluſſe Santa Cruz,
in dem die indianiſchen Goldwäſcher zuweilen Geſchiebe von
4 bis 5 Piaſtern Wert finden. Kommen im anſtehenden
Glimmerſchiefer- und Gneisgeſtein wirkliche Gänge vor, oder
iſt das Gold auch hier, wie im Granit von Guadarama in
Spanien oder im Fichtelgebirge in Franken, durch die ganze
Gebirgsart zerſtreut? Das durchſickernde Waſſer mag die zer-
ſtreuten Goldblättchen zuſammenſchwemmen, und in dieſem
Fall wären alle Bergbauverſuche fruchtlos. In der Savana
de la Miel bei der Stadt Barqueſimeto hat man im ſchwarzen,
glänzenden, dem Bergpech (Ampélite) ähnlichen Schiefer einen
Schacht niedergetrieben. Die Mineralien, die man daraus zu
Tage gefördert, und die man mir nach Caracas geſchickt,
waren Quarz, nicht goldhaltige Schwefelkieſe und in Nadeln
mit Seidenglanz kriſtalliſiertes kohlenſaures Blei.
In der erſten Zeit nach der Eroberung begann man trotz
der Einfälle des kriegeriſchen Stammes der Girahara die
Gruben von Nirgua und Buria auszubeuten. Im ſelben
Bezirk veranlaßte im Jahre 1553 die Menge der Negerſklaven
einen Vorfall, der, ſo wenig er an ſich zu bedeuten hatte,
dadurch intereſſant wird, daß er mit den Ereigniſſen, die ſich
unter unſeren Augen auf San Domingo begeben haben, Aehn-
lichkeit hat. Ein Negerſklave ſtiftete unter den Grubenarbeitern
von San Felipe de Buria einen Aufſtand an, zog ſich in die
Wälder und gründete mit 200 Genoſſen einen Flecken, in dem
er zum König ausgerufen wurde. Miguel, der neue König,
liebte Prunk und Feierlichkeit; ſein Weib Guiomar ließ er
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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial02_1859/266>, abgerufen am 20.06.2024.
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