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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.

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systeme verbindet, von den Zuflüssen der Loire zu denen der
Seine sein Fahrzeug tragen lassen; er könnte die Nievre
hinauffahren, über eine Landenge beim Dorfe Menou gehen
und sofort die Yonne hinab in die Seine gelangen.

Wir werden bald sehen, welche Vorteile es hätte, wenn
man über den sumpfigen Landstrich zwischen dem Tuamini
und dem Pimichin einen Kanal zöge. Käme dieser Plan
einmal zur Ausführung, so hätte die Fahrt vom Fort San
Carlos nach Angostura, der Hauptstadt von Guyana, nur
noch den Rio Negro herauf bis zur Mission Maroa einige
Schwierigkeit; von da ginge es auf dem Tuamini, dem Temi,
Atabapo und Orinoko abwärts. Ueber den Cassiquiare ist
der Weg von San Carlos nach San Fernando am Atabapo
weit unangenehmer und um die Hälfte länger als über Javita
und den Canno Pimichin. Auf diesem Landstriche, in den zur
Zeit der Grenzexpedition kein astronomisches Werkzeug ge-
kommen war, habe ich mit Louis Berthouds Chronometer und
durch Meridianhöhen von Gestirnen Länge und Breite von
San Baltasar am Atabapo, Javita, San Carlos am Rio
Negro, des Felsen Culimacari und der Mission Esmeralda
bestimmt; die von mir entworfene Karte hat somit die Zweifel
über die gegenseitigen Entfernungen der christlichen Nieder-
lassungen gehoben. Wenn es keinen anderen Weg gibt als
auf vielgekrümmten, verschlungenen Gewässern, wenn in dichten
Wäldern nur kleine Dörfer stecken, wenn auf völlig ebenem
Lande kein Berg, kein erhabener Gegenstand von zwei Punkten
zugleich sichtbar ist, kann man nur am Himmel lesen, wo
man sich auf Erden befindet. In den wildesten Ländern der
heißen Zone fühlt man mehr als anderswo das Bedürfnis
astronomischer Beobachtungen. Dieselben sind dort nicht allein
nützliche Hilfsmittel, um Karten zu vollenden und zu ver-
bessern, sie sind vielmehr zur Aufnahme des Terrains von
vorne herein unerläßlich.

Der Missionär von San Fernando, bei dem wir zwei
Tage verweilten, führt den Titel eines Präsidenten der Mis-
sionen am Orinoko. Die 26 Ordensgeistlichen, die am Rio
Negro, Cassiquiare, Atabapo, Caura und Orinoko leben, stehen
unter ihm und er seinerseits steht unter dem Guardian des
Klosters in Nueva Barcelona, oder, wie man hier sagt, des
Colegio de la Purisima Concepcion de Propaganda Fide.
Sein Dorf sah etwas wohlhabender aus, als die wir bis jetzt
auf unserem Wege angetroffen, indessen hatte es doch nur

ſyſteme verbindet, von den Zuflüſſen der Loire zu denen der
Seine ſein Fahrzeug tragen laſſen; er könnte die Nièvre
hinauffahren, über eine Landenge beim Dorfe Menou gehen
und ſofort die Yonne hinab in die Seine gelangen.

Wir werden bald ſehen, welche Vorteile es hätte, wenn
man über den ſumpfigen Landſtrich zwiſchen dem Tuamini
und dem Pimichin einen Kanal zöge. Käme dieſer Plan
einmal zur Ausführung, ſo hätte die Fahrt vom Fort San
Carlos nach Angoſtura, der Hauptſtadt von Guyana, nur
noch den Rio Negro herauf bis zur Miſſion Maroa einige
Schwierigkeit; von da ginge es auf dem Tuamini, dem Temi,
Atabapo und Orinoko abwärts. Ueber den Caſſiquiare iſt
der Weg von San Carlos nach San Fernando am Atabapo
weit unangenehmer und um die Hälfte länger als über Javita
und den Caño Pimichin. Auf dieſem Landſtriche, in den zur
Zeit der Grenzexpedition kein aſtronomiſches Werkzeug ge-
kommen war, habe ich mit Louis Berthouds Chronometer und
durch Meridianhöhen von Geſtirnen Länge und Breite von
San Baltaſar am Atabapo, Javita, San Carlos am Rio
Negro, des Felſen Culimacari und der Miſſion Esmeralda
beſtimmt; die von mir entworfene Karte hat ſomit die Zweifel
über die gegenſeitigen Entfernungen der chriſtlichen Nieder-
laſſungen gehoben. Wenn es keinen anderen Weg gibt als
auf vielgekrümmten, verſchlungenen Gewäſſern, wenn in dichten
Wäldern nur kleine Dörfer ſtecken, wenn auf völlig ebenem
Lande kein Berg, kein erhabener Gegenſtand von zwei Punkten
zugleich ſichtbar iſt, kann man nur am Himmel leſen, wo
man ſich auf Erden befindet. In den wildeſten Ländern der
heißen Zone fühlt man mehr als anderswo das Bedürfnis
aſtronomiſcher Beobachtungen. Dieſelben ſind dort nicht allein
nützliche Hilfsmittel, um Karten zu vollenden und zu ver-
beſſern, ſie ſind vielmehr zur Aufnahme des Terrains von
vorne herein unerläßlich.

Der Miſſionär von San Fernando, bei dem wir zwei
Tage verweilten, führt den Titel eines Präſidenten der Miſ-
ſionen am Orinoko. Die 26 Ordensgeiſtlichen, die am Rio
Negro, Caſſiquiare, Atabapo, Caura und Orinoko leben, ſtehen
unter ihm und er ſeinerſeits ſteht unter dem Guardian des
Kloſters in Nueva Barcelona, oder, wie man hier ſagt, des
Colegio de la Purisima Concepcion de Propaganda Fide.
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[199/0207] ſyſteme verbindet, von den Zuflüſſen der Loire zu denen der Seine ſein Fahrzeug tragen laſſen; er könnte die Nièvre hinauffahren, über eine Landenge beim Dorfe Menou gehen und ſofort die Yonne hinab in die Seine gelangen. Wir werden bald ſehen, welche Vorteile es hätte, wenn man über den ſumpfigen Landſtrich zwiſchen dem Tuamini und dem Pimichin einen Kanal zöge. Käme dieſer Plan einmal zur Ausführung, ſo hätte die Fahrt vom Fort San Carlos nach Angoſtura, der Hauptſtadt von Guyana, nur noch den Rio Negro herauf bis zur Miſſion Maroa einige Schwierigkeit; von da ginge es auf dem Tuamini, dem Temi, Atabapo und Orinoko abwärts. Ueber den Caſſiquiare iſt der Weg von San Carlos nach San Fernando am Atabapo weit unangenehmer und um die Hälfte länger als über Javita und den Caño Pimichin. Auf dieſem Landſtriche, in den zur Zeit der Grenzexpedition kein aſtronomiſches Werkzeug ge- kommen war, habe ich mit Louis Berthouds Chronometer und durch Meridianhöhen von Geſtirnen Länge und Breite von San Baltaſar am Atabapo, Javita, San Carlos am Rio Negro, des Felſen Culimacari und der Miſſion Esmeralda beſtimmt; die von mir entworfene Karte hat ſomit die Zweifel über die gegenſeitigen Entfernungen der chriſtlichen Nieder- laſſungen gehoben. Wenn es keinen anderen Weg gibt als auf vielgekrümmten, verſchlungenen Gewäſſern, wenn in dichten Wäldern nur kleine Dörfer ſtecken, wenn auf völlig ebenem Lande kein Berg, kein erhabener Gegenſtand von zwei Punkten zugleich ſichtbar iſt, kann man nur am Himmel leſen, wo man ſich auf Erden befindet. In den wildeſten Ländern der heißen Zone fühlt man mehr als anderswo das Bedürfnis aſtronomiſcher Beobachtungen. Dieſelben ſind dort nicht allein nützliche Hilfsmittel, um Karten zu vollenden und zu ver- beſſern, ſie ſind vielmehr zur Aufnahme des Terrains von vorne herein unerläßlich. Der Miſſionär von San Fernando, bei dem wir zwei Tage verweilten, führt den Titel eines Präſidenten der Miſ- ſionen am Orinoko. Die 26 Ordensgeiſtlichen, die am Rio Negro, Caſſiquiare, Atabapo, Caura und Orinoko leben, ſtehen unter ihm und er ſeinerſeits ſteht unter dem Guardian des Kloſters in Nueva Barcelona, oder, wie man hier ſagt, des Colegio de la Purisima Concepcion de Propaganda Fide. Sein Dorf ſah etwas wohlhabender aus, als die wir bis jetzt auf unſerem Wege angetroffen, indeſſen hatte es doch nur

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial03_1859/207>, abgerufen am 23.11.2024.