teilen, welche die natürlichen Geographen ihres Landes sind; aber bei Nomenklatur und Orthographie thut man nicht selten gut, eine Unrichtigkeit, auf die man aufmerksam gemacht, dennoch selbst beizubehalten.
Meine astronomischen Beobachtungen in der Nacht des 25. April gaben mir die Breite nicht so bestimmt, als zu wünschen war. Der Himmel war bewölkt und ich konnte nur ein paar Höhen von a im Centaur und dem schönen Sterne am Fuße des südlichen Kreuzes nehmen. Nach diesen Höhen schien mir die Breite der Mission San Fernando gleich 4° 2' 48"; Pater Caulin gibt auf der Karte, die Solanos Beob- achtungen im Jahre 1756 zu Grunde legt, 4° 4' an. Diese Uebereinstimmung spricht für die Richtigkeit meiner Beob- achtung, obgleich sich dieselbe nur auf Höhen ziemlich weit vom Meridian gründet. Eine gute Sternbeobachtung in Gua- pasoso ergibt mir für San Fernando 4° 2'. (Gumilla setzte den Zusammenfluß des Atabapo und Guaviare unter 0° 30', d'Auville unter 2° 51'.) Die Länge konnte ich auf der Fahrt zum Rio Negro und auf dem Rückweg von diesem Fluß sehr genau bestimmen: sie ist 70° 30' 46" (oder 4° 0' westlich vom Meridian von Cumana). Der Gang des Chronometers war während der Fahrt im Kanoe so regelmäßig, daß er vom 16. April bis 9. Juli nur um 27,9 bis 28,5 Sekunden ab- wich. In San Fernando fand ich die sehr sorgfältig rekti- fizierte Inklination der Magnetnadel gleich 29° 70, die In- tensität der Kraft 219. Der Winkel und die Schwingungen waren also seit Maypures bei einem Breitenunterschied von 1° 11' beträchtlich kleiner und weniger geworden. Das an- stehende Gestein war nicht mehr eisenschüssiger Sandstein, sondern Granit in Gneis übergehend.
Am 26. April. Wir legten nur 9 bis 13 km zurück und lagerten zur Nacht auf einem Felsen in der Nähe der indianischen Pflanzungen oder Conucos von Guapasoso. Da man das eigentliche Ufer nicht sieht, und der Fluß, wenn er anschwillt, sich in die Wälder verläuft, kann man nur da landen, wo ein Fels oder ein kleines Plateau sich über das Wasser erhebt. Der Atabapo hat überall ein eigentümliches An- sehen; das eigentliche Ufer, das aus einer 2,6 bis 3,2 m hohen Bank besteht, sieht man nirgends; es versteckt sich hinter einer Reihe von Palmen und kleinen Bäumen mit sehr dünnen Stämmen, deren Wurzeln vom Wasser bespült werden. Vom Punkt, wo man vom Orinoko abgeht, bis zur Mission San
teilen, welche die natürlichen Geographen ihres Landes ſind; aber bei Nomenklatur und Orthographie thut man nicht ſelten gut, eine Unrichtigkeit, auf die man aufmerkſam gemacht, dennoch ſelbſt beizubehalten.
Meine aſtronomiſchen Beobachtungen in der Nacht des 25. April gaben mir die Breite nicht ſo beſtimmt, als zu wünſchen war. Der Himmel war bewölkt und ich konnte nur ein paar Höhen von α im Centaur und dem ſchönen Sterne am Fuße des ſüdlichen Kreuzes nehmen. Nach dieſen Höhen ſchien mir die Breite der Miſſion San Fernando gleich 4° 2′ 48″; Pater Caulin gibt auf der Karte, die Solanos Beob- achtungen im Jahre 1756 zu Grunde legt, 4° 4′ an. Dieſe Uebereinſtimmung ſpricht für die Richtigkeit meiner Beob- achtung, obgleich ſich dieſelbe nur auf Höhen ziemlich weit vom Meridian gründet. Eine gute Sternbeobachtung in Gua- paſoſo ergibt mir für San Fernando 4° 2′. (Gumilla ſetzte den Zuſammenfluß des Atabapo und Guaviare unter 0° 30′, d’Auville unter 2° 51′.) Die Länge konnte ich auf der Fahrt zum Rio Negro und auf dem Rückweg von dieſem Fluß ſehr genau beſtimmen: ſie iſt 70° 30′ 46″ (oder 4° 0′ weſtlich vom Meridian von Cumana). Der Gang des Chronometers war während der Fahrt im Kanoe ſo regelmäßig, daß er vom 16. April bis 9. Juli nur um 27,9 bis 28,5 Sekunden ab- wich. In San Fernando fand ich die ſehr ſorgfältig rekti- fizierte Inklination der Magnetnadel gleich 29° 70, die In- tenſität der Kraft 219. Der Winkel und die Schwingungen waren alſo ſeit Maypures bei einem Breitenunterſchied von 1° 11′ beträchtlich kleiner und weniger geworden. Das an- ſtehende Geſtein war nicht mehr eiſenſchüſſiger Sandſtein, ſondern Granit in Gneis übergehend.
Am 26. April. Wir legten nur 9 bis 13 km zurück und lagerten zur Nacht auf einem Felſen in der Nähe der indianiſchen Pflanzungen oder Conucos von Guapaſoſo. Da man das eigentliche Ufer nicht ſieht, und der Fluß, wenn er anſchwillt, ſich in die Wälder verläuft, kann man nur da landen, wo ein Fels oder ein kleines Plateau ſich über das Waſſer erhebt. Der Atabapo hat überall ein eigentümliches An- ſehen; das eigentliche Ufer, das aus einer 2,6 bis 3,2 m hohen Bank beſteht, ſieht man nirgends; es verſteckt ſich hinter einer Reihe von Palmen und kleinen Bäumen mit ſehr dünnen Stämmen, deren Wurzeln vom Waſſer beſpült werden. Vom Punkt, wo man vom Orinoko abgeht, bis zur Miſſion San
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teilen, welche die natürlichen Geographen ihres Landes ſind;
aber bei Nomenklatur und Orthographie thut man nicht ſelten
gut, eine Unrichtigkeit, auf die man aufmerkſam gemacht,
dennoch ſelbſt beizubehalten.
Meine aſtronomiſchen Beobachtungen in der Nacht des
25. April gaben mir die Breite nicht ſo beſtimmt, als zu
wünſchen war. Der Himmel war bewölkt und ich konnte nur
ein paar Höhen von α im Centaur und dem ſchönen Sterne
am Fuße des ſüdlichen Kreuzes nehmen. Nach dieſen Höhen
ſchien mir die Breite der Miſſion San Fernando gleich 4°
2′ 48″; Pater Caulin gibt auf der Karte, die Solanos Beob-
achtungen im Jahre 1756 zu Grunde legt, 4° 4′ an. Dieſe
Uebereinſtimmung ſpricht für die Richtigkeit meiner Beob-
achtung, obgleich ſich dieſelbe nur auf Höhen ziemlich weit
vom Meridian gründet. Eine gute Sternbeobachtung in Gua-
paſoſo ergibt mir für San Fernando 4° 2′. (Gumilla ſetzte
den Zuſammenfluß des Atabapo und Guaviare unter 0° 30′,
d’Auville unter 2° 51′.) Die Länge konnte ich auf der Fahrt
zum Rio Negro und auf dem Rückweg von dieſem Fluß ſehr
genau beſtimmen: ſie iſt 70° 30′ 46″ (oder 4° 0′ weſtlich
vom Meridian von Cumana). Der Gang des Chronometers
war während der Fahrt im Kanoe ſo regelmäßig, daß er vom
16. April bis 9. Juli nur um 27,9 bis 28,5 Sekunden ab-
wich. In San Fernando fand ich die ſehr ſorgfältig rekti-
fizierte Inklination der Magnetnadel gleich 29° 70, die In-
tenſität der Kraft 219. Der Winkel und die Schwingungen
waren alſo ſeit Maypures bei einem Breitenunterſchied von
1° 11′ beträchtlich kleiner und weniger geworden. Das an-
ſtehende Geſtein war nicht mehr eiſenſchüſſiger Sandſtein,
ſondern Granit in Gneis übergehend.
Am 26. April. Wir legten nur 9 bis 13 km zurück
und lagerten zur Nacht auf einem Felſen in der Nähe der
indianiſchen Pflanzungen oder Conucos von Guapaſoſo. Da
man das eigentliche Ufer nicht ſieht, und der Fluß, wenn er
anſchwillt, ſich in die Wälder verläuft, kann man nur da
landen, wo ein Fels oder ein kleines Plateau ſich über das
Waſſer erhebt. Der Atabapo hat überall ein eigentümliches An-
ſehen; das eigentliche Ufer, das aus einer 2,6 bis 3,2 m hohen
Bank beſteht, ſieht man nirgends; es verſteckt ſich hinter einer
Reihe von Palmen und kleinen Bäumen mit ſehr dünnen
Stämmen, deren Wurzeln vom Waſſer beſpült werden. Vom
Punkt, wo man vom Orinoko abgeht, bis zur Miſſion San
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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial03_1859/219>, abgerufen am 22.07.2024.
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