Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.die Botutos oder Trompeten aus gebrannter Erde, 1 bis Am 30. April. Die Nacht war ziemlich schön, so daß Der Missionär von San Fernando1 war mit seinen In- 1 Einer der Vorgänger des Geistlichen, den wir in San Fer-
nando als Präsidenten der Missionen fanden. die Botutos oder Trompeten aus gebrannter Erde, 1 bis Am 30. April. Die Nacht war ziemlich ſchön, ſo daß Der Miſſionär von San Fernando1 war mit ſeinen In- 1 Einer der Vorgänger des Geiſtlichen, den wir in San Fer-
nando als Präſidenten der Miſſionen fanden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0224" n="216"/> die <hi rendition="#g">Botutos</hi> oder Trompeten aus gebrannter Erde, 1 bis<lb/> 1,3 <hi rendition="#aq">m</hi> lange Röhren, die ſich an mehreren Stellen zu Hohl-<lb/> kugeln erweitern, ſind bei den Indianern unentbehrliche In-<lb/> ſtrumente, wenn es ſich davon handelt, mit Muſik Effekt zu<lb/> machen.</p><lb/> <p>Am 30. April. Die Nacht war ziemlich ſchön, ſo daß<lb/> ich die Meridianhöhen des α im ſüdlichen Kreuz und der zwei<lb/> großen Sterne in den Füßen des Centauren beobachten konnte.<lb/> Ich fand für San Baltaſar eine Breite von 3° 14′ 23″.<lb/> Als Länge ergab ſich aus Stundenwinkeln der Sonne nach<lb/> dem Chronometer 70° 14′ 21″. Die Inklination der Magnet-<lb/> nadel war 27′ 80. Wir verließen die Miſſion morgens ziem-<lb/> lich ſpät und fuhren den Atabapo noch 22,5 <hi rendition="#aq">km</hi> hinauf; ſtatt<lb/> ihm aber weiter ſeiner Quelle zu gegen Oſten, wo er Atacavi<lb/> heißt, zu folgen, liefen wir jetzt in den Rio Temi ein. Ehe<lb/> wir an die Mündung desſelben kamen, beim Einfluß des<lb/> Guaſacavi, wurden wir auf eine Granitkuppe am weſtlichen<lb/> Ufer aufmerkſam. Dieſelbe heißt der <hi rendition="#g">Fels der Guahiba-<lb/> Indianerin</hi>, oder der Fels der Mutter, Piedra de la madre.<lb/> Wir fragten nach dem Grund einer ſo ſonderbaren Benennung.<lb/> Pater Zea konnte unſere Neugier nicht befriedigen, aber einige<lb/> Wochen ſpäter erzählte uns ein anderer Miſſionär einen Vor-<lb/> fall, den ich in meinem Tagebuch aufgezeichnet und der den<lb/> ſchmerzlichſten Eindruck auf uns machte. Wenn der Menſch<lb/> in dieſen Einöden kaum eine Spur ſeines Daſeins hinter ſich<lb/> läßt, ſo iſt es für den Europäer doppelt demütigend, daß durch<lb/> den Namen eines Felſens, durch eines der unvergänglichen<lb/> Denkmale der Natur, das Andenken an die ſittliche Ver-<lb/> worfenheit unſeres Geſchlechtes, an den Gegenſatz zwiſchen<lb/> der Tugend des Wilden und der Barbarei des civiliſierten<lb/> Menſchen verewigt wird.</p><lb/> <p>Der Miſſionär von San Fernando<note place="foot" n="1">Einer der Vorgänger des Geiſtlichen, den wir in San Fer-<lb/> nando als Präſidenten der Miſſionen fanden.</note> war mit ſeinen In-<lb/> dianern an den Guaviare gezogen, um einen jener feindlichen<lb/> Einfälle zu machen, welche ſowohl die Religion als die ſpa-<lb/> niſchen Geſetze verbieten. Man fand in einer Hütte eine<lb/> Mutter vom Stamme der Guahibos mit drei Kindern, von<lb/> denen zwei noch nicht erwachſen waren. Sie bereiteten Ma-<lb/> niokmehl. An Widerſtand war nicht zu denken; der Vater<lb/> war auf dem Fiſchfang, und ſo ſuchte die Mutter mit ihren<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [216/0224]
die Botutos oder Trompeten aus gebrannter Erde, 1 bis
1,3 m lange Röhren, die ſich an mehreren Stellen zu Hohl-
kugeln erweitern, ſind bei den Indianern unentbehrliche In-
ſtrumente, wenn es ſich davon handelt, mit Muſik Effekt zu
machen.
Am 30. April. Die Nacht war ziemlich ſchön, ſo daß
ich die Meridianhöhen des α im ſüdlichen Kreuz und der zwei
großen Sterne in den Füßen des Centauren beobachten konnte.
Ich fand für San Baltaſar eine Breite von 3° 14′ 23″.
Als Länge ergab ſich aus Stundenwinkeln der Sonne nach
dem Chronometer 70° 14′ 21″. Die Inklination der Magnet-
nadel war 27′ 80. Wir verließen die Miſſion morgens ziem-
lich ſpät und fuhren den Atabapo noch 22,5 km hinauf; ſtatt
ihm aber weiter ſeiner Quelle zu gegen Oſten, wo er Atacavi
heißt, zu folgen, liefen wir jetzt in den Rio Temi ein. Ehe
wir an die Mündung desſelben kamen, beim Einfluß des
Guaſacavi, wurden wir auf eine Granitkuppe am weſtlichen
Ufer aufmerkſam. Dieſelbe heißt der Fels der Guahiba-
Indianerin, oder der Fels der Mutter, Piedra de la madre.
Wir fragten nach dem Grund einer ſo ſonderbaren Benennung.
Pater Zea konnte unſere Neugier nicht befriedigen, aber einige
Wochen ſpäter erzählte uns ein anderer Miſſionär einen Vor-
fall, den ich in meinem Tagebuch aufgezeichnet und der den
ſchmerzlichſten Eindruck auf uns machte. Wenn der Menſch
in dieſen Einöden kaum eine Spur ſeines Daſeins hinter ſich
läßt, ſo iſt es für den Europäer doppelt demütigend, daß durch
den Namen eines Felſens, durch eines der unvergänglichen
Denkmale der Natur, das Andenken an die ſittliche Ver-
worfenheit unſeres Geſchlechtes, an den Gegenſatz zwiſchen
der Tugend des Wilden und der Barbarei des civiliſierten
Menſchen verewigt wird.
Der Miſſionär von San Fernando 1 war mit ſeinen In-
dianern an den Guaviare gezogen, um einen jener feindlichen
Einfälle zu machen, welche ſowohl die Religion als die ſpa-
niſchen Geſetze verbieten. Man fand in einer Hütte eine
Mutter vom Stamme der Guahibos mit drei Kindern, von
denen zwei noch nicht erwachſen waren. Sie bereiteten Ma-
niokmehl. An Widerſtand war nicht zu denken; der Vater
war auf dem Fiſchfang, und ſo ſuchte die Mutter mit ihren
1 Einer der Vorgänger des Geiſtlichen, den wir in San Fer-
nando als Präſidenten der Miſſionen fanden.
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