Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.ändert unterhalb der Schanze San Carlos so wenig an der ändert unterhalb der Schanze San Carlos ſo wenig an der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0279" n="271"/> ändert unterhalb der Schanze San Carlos ſo wenig an der<lb/> Farbe, daß es mir auffiel. Der Verfaſſer der <hi rendition="#aq">Chorographie<lb/> moderne du Brésil</hi> ſagt ganz richtig, der Fluß habe überall,<lb/> wo er nicht tief ſei, eine Bernſteinfarbe, wo das Waſſer aber<lb/> ſehr tief ſei, erſcheine es ſchwarzbraun, wie Kaffeeſatz. Auch<lb/> bedeutet <hi rendition="#g">Curana</hi>, wie die Eingeborenen den unteren Guainia<lb/> nennen, ſchwarzes Waſſer. Die Vereinigung des Guainia<lb/> oder Rio Negro mit dem Amazonenſtrom gilt in der Statt-<lb/> halterſchaft Gran-Para für ein ſo wichtiges Moment, daß der<lb/> Rio das Amazonas weſtlich vom Rio Negro ſeinen Namen<lb/> ablegt und fortan Rio dos Solimoẽs heißt (eigentlich Sori-<lb/> moẽs, mit Anſpielung auf das Gift der Nation der Sorimans).<lb/> Weſtlich von Ucayale nimmt der Amazonenſtrom den Namen<lb/> Rio Maranhaõ oder Marañon an. Die Ufer des oberen<lb/> Guainia ſind im ganzen ungleich weniger von Waſſervögeln<lb/> bevölkert als die des Caſſiquiare, Meta und Arauca, wo die<lb/> Ornithologen die reichſte Ausbeute für die europäiſchen Samm-<lb/> lungen finden. Daß dieſe Tiere ſo ſelten ſind, rührt ohne<lb/> Zweifel daher, daß der Strom keine Untiefen und keine offenen<lb/> Geſtade hat, ſowie von der Beſchaffenheit des ſchwarzen<lb/> Waſſers, in dem (gerade wegen ſeiner Reinheit) Waſſerinſekten<lb/> und Fiſche weniger Nahrung finden. Trotzdem nähren ſich<lb/> die Indianer in dieſem Landſtriche zweimal im Jahre von Zug-<lb/> vögeln, die auf ihrer langen Wanderung am Ufer des Rio<lb/> Negro ausruhen. Wenn der Orinoko zu ſteigen anfängt, alſo<lb/> nach der Frühlings-Tag- und Nachtgleiche, ziehen die Enten<lb/> (<hi rendition="#aq">Patos careteros</hi>) in ungeheuern Schwärmen vom 8. bis<lb/> 3. Grad nördlicher zum 1. bis 4. Grad ſüdlicher Breite gegen<lb/> Süd-Südoſt. Dieſe Tiere verlaſſen um dieſe Zeit das Thal<lb/> des Orinoko, ohne Zweifel weil ſie, wenn das Waſſer ſteigt<lb/> und die Geſtade überflutet, keine Fiſche, Waſſerinſekten und<lb/> Würmer mehr fangen können. Man erlegt ſie zu Tauſenden,<lb/> wenn ſie über den Rio Negro ziehen. Auf der Wanderung<lb/> zum Aequator ſind ſie ſehr fett und wohlſchmeckend, aber im<lb/> September, wenn der Orinoko fällt und in ſein Bett zurück-<lb/> tritt, ziehen die Enten, ob ſie nun der Ruf der erfahrenſten<lb/> Zugvögel dazu antreibt, oder jenes innere Gefühl, das man<lb/> Inſtinkt nennt, weil es nicht zu erklären iſt, vom Amazonen-<lb/> ſtrome und Rio Branco wieder nach Norden. Sie ſind zu<lb/> mager, als daß die Indianer am Rio Negro lüſtern danach<lb/> wären, und ſie entgehen ihren Nachſtellungen um ſo eher, da<lb/> eine Reiherart (Gavanes) mit ihnen wandert, die ein vortreff-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [271/0279]
ändert unterhalb der Schanze San Carlos ſo wenig an der
Farbe, daß es mir auffiel. Der Verfaſſer der Chorographie
moderne du Brésil ſagt ganz richtig, der Fluß habe überall,
wo er nicht tief ſei, eine Bernſteinfarbe, wo das Waſſer aber
ſehr tief ſei, erſcheine es ſchwarzbraun, wie Kaffeeſatz. Auch
bedeutet Curana, wie die Eingeborenen den unteren Guainia
nennen, ſchwarzes Waſſer. Die Vereinigung des Guainia
oder Rio Negro mit dem Amazonenſtrom gilt in der Statt-
halterſchaft Gran-Para für ein ſo wichtiges Moment, daß der
Rio das Amazonas weſtlich vom Rio Negro ſeinen Namen
ablegt und fortan Rio dos Solimoẽs heißt (eigentlich Sori-
moẽs, mit Anſpielung auf das Gift der Nation der Sorimans).
Weſtlich von Ucayale nimmt der Amazonenſtrom den Namen
Rio Maranhaõ oder Marañon an. Die Ufer des oberen
Guainia ſind im ganzen ungleich weniger von Waſſervögeln
bevölkert als die des Caſſiquiare, Meta und Arauca, wo die
Ornithologen die reichſte Ausbeute für die europäiſchen Samm-
lungen finden. Daß dieſe Tiere ſo ſelten ſind, rührt ohne
Zweifel daher, daß der Strom keine Untiefen und keine offenen
Geſtade hat, ſowie von der Beſchaffenheit des ſchwarzen
Waſſers, in dem (gerade wegen ſeiner Reinheit) Waſſerinſekten
und Fiſche weniger Nahrung finden. Trotzdem nähren ſich
die Indianer in dieſem Landſtriche zweimal im Jahre von Zug-
vögeln, die auf ihrer langen Wanderung am Ufer des Rio
Negro ausruhen. Wenn der Orinoko zu ſteigen anfängt, alſo
nach der Frühlings-Tag- und Nachtgleiche, ziehen die Enten
(Patos careteros) in ungeheuern Schwärmen vom 8. bis
3. Grad nördlicher zum 1. bis 4. Grad ſüdlicher Breite gegen
Süd-Südoſt. Dieſe Tiere verlaſſen um dieſe Zeit das Thal
des Orinoko, ohne Zweifel weil ſie, wenn das Waſſer ſteigt
und die Geſtade überflutet, keine Fiſche, Waſſerinſekten und
Würmer mehr fangen können. Man erlegt ſie zu Tauſenden,
wenn ſie über den Rio Negro ziehen. Auf der Wanderung
zum Aequator ſind ſie ſehr fett und wohlſchmeckend, aber im
September, wenn der Orinoko fällt und in ſein Bett zurück-
tritt, ziehen die Enten, ob ſie nun der Ruf der erfahrenſten
Zugvögel dazu antreibt, oder jenes innere Gefühl, das man
Inſtinkt nennt, weil es nicht zu erklären iſt, vom Amazonen-
ſtrome und Rio Branco wieder nach Norden. Sie ſind zu
mager, als daß die Indianer am Rio Negro lüſtern danach
wären, und ſie entgehen ihren Nachſtellungen um ſo eher, da
eine Reiherart (Gavanes) mit ihnen wandert, die ein vortreff-
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