Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.aber scherzhaft hinzu: "Da die Hofleute nur Weizenbrot essen Wir glaubten nicht anders, als hinter einem Bananen- aber ſcherzhaft hinzu: „Da die Hofleute nur Weizenbrot eſſen Wir glaubten nicht anders, als hinter einem Bananen- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0033" n="25"/> aber ſcherzhaft hinzu: „Da die Hofleute nur Weizenbrot eſſen<lb/> können, werden ſie nie über die Stadt Valencia hinaus wollen,<lb/> und wir werden ſie hier nicht zu ſehen bekommen.“ Ich<lb/> hatte einen Chiguire mitgebracht und wollte ihn braten laſſen;<lb/> aber unſer Wirt verſicherte uns, <hi rendition="#aq">nosotros cavalleros blancos,</hi><lb/> weiße Leute wie er und ich ſeien nicht dazu gemacht, von<lb/> ſolchem „Indianerwildpret“ zu genießen. Er bot uns Hirſch-<lb/> fleiſch an; er hatte tags zuvor einen mit dem Pfeil erlegt,<lb/> denn er hatte weder Pulver noch Schießgewehr.</p><lb/> <p>Wir glaubten nicht anders, als hinter einem Bananen-<lb/> gehölze liege die Hütte des Gehöftes; aber dieſer Mann, der<lb/> ſich auf ſeinen Adel und ſeine Hautfarbe ſo viel einbildete,<lb/> hatte ſich nicht die Mühe gegeben, aus Palmblättern eine<lb/> Ajupa zu errichten. Er forderte uns auf, unſere Hänge-<lb/> matten neben den ſeinigen zwiſchen zwei Bäumen befeſtigen<lb/> zu laſſen, und verſicherte uns mit ſelbſtgefälliger Miene, wenn<lb/> wir in der Regenzeit den Fluß wieder heraufkämen, würden<lb/> wir ihn unter Dach (<hi rendition="#aq">baxo techo</hi>) finden. Wir kamen bald<lb/> in den Fall, eine Philoſophie zu verwünſchen, die der Faulheit<lb/> Vorſchub leiſtet und den Menſchen für alle Bequemlichkeiten<lb/> des Lebens gleichgültig macht. Nach Mitternacht erhob ſich<lb/> ein furchtbarer Sturmwind, Blitze durchzuckten den Horizont,<lb/> der Donner rollte und wir wurden bis auf die Haut durch-<lb/> näßt. Während des Ungewitters verſetzte uns ein ſeltſamer<lb/> Vorfall auf eine Weile in gute Laune. Doña Iſabelas<lb/> Katze hatte ſich auf den Tamarindenbaum geſetzt, unter dem<lb/> wir lagerten. Sie fiel in die Hängematte eines unſerer Be-<lb/> gleiter, und der Mann, zerkratzt von der Katze und aus dem<lb/> tiefſten Schlafe aufgeſchreckt, glaubte, ein wildes Tier aus<lb/> dem Walde habe ihn angefallen. Wir liefen auf ſein Geſchrei<lb/> hinzu und riſſen ihn nur mit Mühe aus ſeinem Irrtum.<lb/> Während es auf unſere Hängematten und unſere Inſtrumente,<lb/> die wir ausgeſchifft, in Strömen regnete, wünſchte uns Don<lb/> Ignacio Glück, daß wir nicht am Ufer geſchlafen, ſondern<lb/> uns auf ſeinem Gute befänden, <hi rendition="#aq">„entre gente blanca y de<lb/> trato“</hi> (unter Weißen und Leuten von Stande). Durchnäßt,<lb/> wie wir waren, fiel es uns denn doch ſchwer, uns zu über-<lb/> zeugen, daß wir es hier ſo beſonders gut haben, und wir<lb/> hörten ziemlich widerwillig zu, wie unſer Wirt ein langes<lb/> und breites von ſeinem ſogenannten Kriegszuge an den Rio<lb/> Meta erzählte, wie tapfer er ſich in einem blutigen Gefechte<lb/> mit den Guahibos gehalten, und „welche Dienſte er Gott und<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [25/0033]
aber ſcherzhaft hinzu: „Da die Hofleute nur Weizenbrot eſſen
können, werden ſie nie über die Stadt Valencia hinaus wollen,
und wir werden ſie hier nicht zu ſehen bekommen.“ Ich
hatte einen Chiguire mitgebracht und wollte ihn braten laſſen;
aber unſer Wirt verſicherte uns, nosotros cavalleros blancos,
weiße Leute wie er und ich ſeien nicht dazu gemacht, von
ſolchem „Indianerwildpret“ zu genießen. Er bot uns Hirſch-
fleiſch an; er hatte tags zuvor einen mit dem Pfeil erlegt,
denn er hatte weder Pulver noch Schießgewehr.
Wir glaubten nicht anders, als hinter einem Bananen-
gehölze liege die Hütte des Gehöftes; aber dieſer Mann, der
ſich auf ſeinen Adel und ſeine Hautfarbe ſo viel einbildete,
hatte ſich nicht die Mühe gegeben, aus Palmblättern eine
Ajupa zu errichten. Er forderte uns auf, unſere Hänge-
matten neben den ſeinigen zwiſchen zwei Bäumen befeſtigen
zu laſſen, und verſicherte uns mit ſelbſtgefälliger Miene, wenn
wir in der Regenzeit den Fluß wieder heraufkämen, würden
wir ihn unter Dach (baxo techo) finden. Wir kamen bald
in den Fall, eine Philoſophie zu verwünſchen, die der Faulheit
Vorſchub leiſtet und den Menſchen für alle Bequemlichkeiten
des Lebens gleichgültig macht. Nach Mitternacht erhob ſich
ein furchtbarer Sturmwind, Blitze durchzuckten den Horizont,
der Donner rollte und wir wurden bis auf die Haut durch-
näßt. Während des Ungewitters verſetzte uns ein ſeltſamer
Vorfall auf eine Weile in gute Laune. Doña Iſabelas
Katze hatte ſich auf den Tamarindenbaum geſetzt, unter dem
wir lagerten. Sie fiel in die Hängematte eines unſerer Be-
gleiter, und der Mann, zerkratzt von der Katze und aus dem
tiefſten Schlafe aufgeſchreckt, glaubte, ein wildes Tier aus
dem Walde habe ihn angefallen. Wir liefen auf ſein Geſchrei
hinzu und riſſen ihn nur mit Mühe aus ſeinem Irrtum.
Während es auf unſere Hängematten und unſere Inſtrumente,
die wir ausgeſchifft, in Strömen regnete, wünſchte uns Don
Ignacio Glück, daß wir nicht am Ufer geſchlafen, ſondern
uns auf ſeinem Gute befänden, „entre gente blanca y de
trato“ (unter Weißen und Leuten von Stande). Durchnäßt,
wie wir waren, fiel es uns denn doch ſchwer, uns zu über-
zeugen, daß wir es hier ſo beſonders gut haben, und wir
hörten ziemlich widerwillig zu, wie unſer Wirt ein langes
und breites von ſeinem ſogenannten Kriegszuge an den Rio
Meta erzählte, wie tapfer er ſich in einem blutigen Gefechte
mit den Guahibos gehalten, und „welche Dienſte er Gott und
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