Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.sie beruhen auf einer Gesamtheit von Verhältnissen, die an Der Wind wehte stark aus Ost-Nord-Ost; er war uns Die ungemeine Breite des Orinoko zwischen der Ein- 1 Die Sandflöhe (Pulex penetrans, Linne), die sich beim
Menschen und Affen unter die Nägel der Zehen eingraben und da- selbst ihre Eier legen. ſie beruhen auf einer Geſamtheit von Verhältniſſen, die an Der Wind wehte ſtark aus Oſt-Nord-Oſt; er war uns Die ungemeine Breite des Orinoko zwiſchen der Ein- 1 Die Sandflöhe (Pulex penetrans, Linné), die ſich beim
Menſchen und Affen unter die Nägel der Zehen eingraben und da- ſelbſt ihre Eier legen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0048" n="40"/> ſie beruhen auf einer Geſamtheit von Verhältniſſen, die an<lb/> Ort und Stelle leichter aufzufaſſen, als genau zu beſchreiben<lb/> ſind. So erriete ein erfahrener Schiffer ſchon an der Form<lb/> der Wogen, an der Farbe des Waſſers, am Ausſehen des<lb/> Himmels und der Wolken, ob er ſich im Atlantiſchen Meere,<lb/> oder im Mittelmeere oder im tropiſchen Strich des Großen<lb/> Ozeanes befindet.</p><lb/> <p>Der Wind wehte ſtark aus Oſt-Nord-Oſt; er war uns<lb/> günſtig, um ſtromaufwärts nach der Miſſion Encaramada zu<lb/> ſegeln; aber unſere Piroge leiſtete dem Wogenſchlage ſo ge-<lb/> ringen Widerſtand, daß, wer gewöhnlich ſeekrank wurde, bei<lb/> der heftigen Bewegung ſelbſt auf dem Fluſſe ſich ſehr un-<lb/> behaglich fühlte. Das Scholken rührt daher, daß die Gewäſſer<lb/> der beiden Ströme bei der Vereinigung aufeinander ſtoßen.<lb/> Dieſer Stoß iſt ſehr ſtark, aber lange nicht ſo gefährlich, als<lb/> Pater Gumilla behauptet. Wir fuhren an der Punta Curi-<lb/> quima vorbei, einer einzeln ſtehenden Maſſe von quarzigem<lb/> Granit, einem kleinen, aus abgerundeten Blöcken beſtehenden<lb/> Vorgebirge. Hier, auf dem rechten Ufer des Orinoko, hatte<lb/> zur Zeit der Jeſuiten Pater Rotella unter den Palenque-<lb/> und Viriviri-Indianern eine Miſſion angelegt. Bei Hoch-<lb/> waſſer waren der Berg Curiquima und das Dorf am Fuße<lb/> desſelben rings von Waſſer umgeben. Wegen dieſes großen<lb/> Uebelſtandes und wegen der Unzahl Moskiten und <hi rendition="#g">Niguas</hi>, <note place="foot" n="1">Die Sandflöhe <hi rendition="#aq">(Pulex penetrans, Linné),</hi> die ſich beim<lb/> Menſchen und Affen unter die Nägel der Zehen eingraben und da-<lb/> ſelbſt ihre Eier legen.</note><lb/> von denen Miſſionäre und Indianer geplagt wurden, gab<lb/> man den feuchten Ort auf. Jetzt iſt er völlig verlaſſen, wäh-<lb/> rend gegenüber auf dem linken Ufer in den Hügeln von Co-<lb/> ruato herumziehende Indianer hauſen, die entweder aus den<lb/> Miſſionen oder aus freien, den Mönchen nicht unterworfenen<lb/> Stämmen ausgeſtoßen worden ſind.</p><lb/> <p>Die ungemeine Breite des Orinoko zwiſchen der Ein-<lb/> mündung des Apure und dem Berge Curiquima fiel mir ſehr<lb/> auf; ich berechnete ſie daher nach einer Standlinie, die ich am<lb/> weſtlichen Ufer zweimal abgemeſſen. Das Bett des Orinoko<lb/> war beim gegenwärtigen tiefen Waſſerſtande 3519 <hi rendition="#aq">m</hi> breit;<lb/> aber in der Regenzeit, wenn der Berg Curiquima und der<lb/> Hof Capuchino beim Hügel Pocopocori Inſeln ſind, mögen<lb/> es 10752 <hi rendition="#aq">m</hi> werden. Zum ſtarken Anſchwellen des Orinoko<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [40/0048]
ſie beruhen auf einer Geſamtheit von Verhältniſſen, die an
Ort und Stelle leichter aufzufaſſen, als genau zu beſchreiben
ſind. So erriete ein erfahrener Schiffer ſchon an der Form
der Wogen, an der Farbe des Waſſers, am Ausſehen des
Himmels und der Wolken, ob er ſich im Atlantiſchen Meere,
oder im Mittelmeere oder im tropiſchen Strich des Großen
Ozeanes befindet.
Der Wind wehte ſtark aus Oſt-Nord-Oſt; er war uns
günſtig, um ſtromaufwärts nach der Miſſion Encaramada zu
ſegeln; aber unſere Piroge leiſtete dem Wogenſchlage ſo ge-
ringen Widerſtand, daß, wer gewöhnlich ſeekrank wurde, bei
der heftigen Bewegung ſelbſt auf dem Fluſſe ſich ſehr un-
behaglich fühlte. Das Scholken rührt daher, daß die Gewäſſer
der beiden Ströme bei der Vereinigung aufeinander ſtoßen.
Dieſer Stoß iſt ſehr ſtark, aber lange nicht ſo gefährlich, als
Pater Gumilla behauptet. Wir fuhren an der Punta Curi-
quima vorbei, einer einzeln ſtehenden Maſſe von quarzigem
Granit, einem kleinen, aus abgerundeten Blöcken beſtehenden
Vorgebirge. Hier, auf dem rechten Ufer des Orinoko, hatte
zur Zeit der Jeſuiten Pater Rotella unter den Palenque-
und Viriviri-Indianern eine Miſſion angelegt. Bei Hoch-
waſſer waren der Berg Curiquima und das Dorf am Fuße
desſelben rings von Waſſer umgeben. Wegen dieſes großen
Uebelſtandes und wegen der Unzahl Moskiten und Niguas, 1
von denen Miſſionäre und Indianer geplagt wurden, gab
man den feuchten Ort auf. Jetzt iſt er völlig verlaſſen, wäh-
rend gegenüber auf dem linken Ufer in den Hügeln von Co-
ruato herumziehende Indianer hauſen, die entweder aus den
Miſſionen oder aus freien, den Mönchen nicht unterworfenen
Stämmen ausgeſtoßen worden ſind.
Die ungemeine Breite des Orinoko zwiſchen der Ein-
mündung des Apure und dem Berge Curiquima fiel mir ſehr
auf; ich berechnete ſie daher nach einer Standlinie, die ich am
weſtlichen Ufer zweimal abgemeſſen. Das Bett des Orinoko
war beim gegenwärtigen tiefen Waſſerſtande 3519 m breit;
aber in der Regenzeit, wenn der Berg Curiquima und der
Hof Capuchino beim Hügel Pocopocori Inſeln ſind, mögen
es 10752 m werden. Zum ſtarken Anſchwellen des Orinoko
1 Die Sandflöhe (Pulex penetrans, Linné), die ſich beim
Menſchen und Affen unter die Nägel der Zehen eingraben und da-
ſelbſt ihre Eier legen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |