Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.genießen, nach der die anderen sich sehnen, hat etwas Weh- Auf der überfüllten, keinen Meter breiten Piroge blieb Unsere Indianer zeigten uns am rechten Ufer den Ort, genießen, nach der die anderen ſich ſehnen, hat etwas Weh- Auf der überfüllten, keinen Meter breiten Piroge blieb Unſere Indianer zeigten uns am rechten Ufer den Ort, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0088" n="80"/> genießen, nach der die anderen ſich ſehnen, hat etwas Weh-<lb/> mütiges, Rührendes.</p><lb/> <p>Auf der überfüllten, keinen Meter breiten Piroge blieb<lb/> für die getrockneten Pflanzen, die Koffer, einen Sextanten,<lb/> den Inklinationskompaß und die meteorologiſchen Inſtrumente<lb/> kein Platz als der Raum unter dem Gitter aus Zweigen, auf<lb/> dem wir den größten Teil des Tages ausgeſtreckt liegen mußten.<lb/> Wollte man irgend etwas aus einem Koffer holen oder ein<lb/> Inſtrument gebrauchen, mußte man ans Ufer fahren und<lb/> ausſteigen. Zu dieſen Unbequemlichkeiten kam noch die Plage<lb/> der Moskiten, die unter einem ſo niedrigen Dache in Scharen<lb/> hauſen, und die Hitze, welche die Palmblätter ausſtrahlen,<lb/> deren obere Fläche beſtändig der Sonnenglut ausgeſetzt iſt.<lb/> Jeden Augenblick ſuchten wir uns unſere Lage erträglicher<lb/> zu machen, und immer vergeblich. Während der eine ſich<lb/> unter ein Tuch ſteckte, um ſich vor den Inſekten zu ſchützen,<lb/> verlangte der andere, man ſolle grünes Holz unter dem Toldo<lb/> anzünden, um die Mücken durch den Rauch zu vertreiben.<lb/> Wegen des Brennens der Augen und der Steigerung der<lb/> ohnehin erſtickenden Hitze war das eine Mittel ſo wenig an-<lb/> wendbar als das andere. Aber mit einem munteren Geiſte,<lb/> bei gegenſeitiger Herzlichkeit, bei offenem Sinn und Auge für<lb/> die großartige Natur dieſer weiten Stromthäler fällt es den<lb/> Reiſenden nicht ſchwer, Beſchwerden zu ertragen, die zur Ge-<lb/> wohnheit werden. Wenn ich mich hier auf dieſe Kleinigkeiten<lb/> eingelaſſen habe, geſchah es nur, um die Schiffahrt auf dem<lb/> Orinoko zu ſchildern und begreiflich zu machen, daß Bonpland<lb/> und ich auf dieſem Stück unſerer Reiſe beim beſten Willen<lb/> lange nicht alle die Beobachtungen machen konnten, zu denen<lb/> uns die an wiſſenſchaftlicher Ausbeute ſo reiche Naturum-<lb/> gebung aufforderte.</p><lb/> <p>Unſere Indianer zeigten uns am rechten Ufer den Ort,<lb/> wo früher die ums Jahr 1733 von den Jeſuiten gegründete<lb/> Miſſion Pararuma geſtanden. Eine Pockenepidemie, die unter<lb/> den Salivasindianern große Verheerungen anrichtete, war der<lb/> Hauptgrund, warum die Miſſion einging. Die wenigen Ein-<lb/> wohner, welche die ſchreckliche Seuche überlebten, wurden im<lb/> Dorfe Carichana aufgenommen, das wir bald beſuchen werden.<lb/> Hier bei Pararuma war es, wo, nach Pater Romans Aus-<lb/> ſage, gegen die Mitte des vorigen Jahrhunderts bei einem<lb/> ſtarken Gewitter Hagel fiel. Dies iſt ſo ziemlich der einzige<lb/> Fall, der meines Wiſſens in einer faſt im Niveau des Meeres<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [80/0088]
genießen, nach der die anderen ſich ſehnen, hat etwas Weh-
mütiges, Rührendes.
Auf der überfüllten, keinen Meter breiten Piroge blieb
für die getrockneten Pflanzen, die Koffer, einen Sextanten,
den Inklinationskompaß und die meteorologiſchen Inſtrumente
kein Platz als der Raum unter dem Gitter aus Zweigen, auf
dem wir den größten Teil des Tages ausgeſtreckt liegen mußten.
Wollte man irgend etwas aus einem Koffer holen oder ein
Inſtrument gebrauchen, mußte man ans Ufer fahren und
ausſteigen. Zu dieſen Unbequemlichkeiten kam noch die Plage
der Moskiten, die unter einem ſo niedrigen Dache in Scharen
hauſen, und die Hitze, welche die Palmblätter ausſtrahlen,
deren obere Fläche beſtändig der Sonnenglut ausgeſetzt iſt.
Jeden Augenblick ſuchten wir uns unſere Lage erträglicher
zu machen, und immer vergeblich. Während der eine ſich
unter ein Tuch ſteckte, um ſich vor den Inſekten zu ſchützen,
verlangte der andere, man ſolle grünes Holz unter dem Toldo
anzünden, um die Mücken durch den Rauch zu vertreiben.
Wegen des Brennens der Augen und der Steigerung der
ohnehin erſtickenden Hitze war das eine Mittel ſo wenig an-
wendbar als das andere. Aber mit einem munteren Geiſte,
bei gegenſeitiger Herzlichkeit, bei offenem Sinn und Auge für
die großartige Natur dieſer weiten Stromthäler fällt es den
Reiſenden nicht ſchwer, Beſchwerden zu ertragen, die zur Ge-
wohnheit werden. Wenn ich mich hier auf dieſe Kleinigkeiten
eingelaſſen habe, geſchah es nur, um die Schiffahrt auf dem
Orinoko zu ſchildern und begreiflich zu machen, daß Bonpland
und ich auf dieſem Stück unſerer Reiſe beim beſten Willen
lange nicht alle die Beobachtungen machen konnten, zu denen
uns die an wiſſenſchaftlicher Ausbeute ſo reiche Naturum-
gebung aufforderte.
Unſere Indianer zeigten uns am rechten Ufer den Ort,
wo früher die ums Jahr 1733 von den Jeſuiten gegründete
Miſſion Pararuma geſtanden. Eine Pockenepidemie, die unter
den Salivasindianern große Verheerungen anrichtete, war der
Hauptgrund, warum die Miſſion einging. Die wenigen Ein-
wohner, welche die ſchreckliche Seuche überlebten, wurden im
Dorfe Carichana aufgenommen, das wir bald beſuchen werden.
Hier bei Pararuma war es, wo, nach Pater Romans Aus-
ſage, gegen die Mitte des vorigen Jahrhunderts bei einem
ſtarken Gewitter Hagel fiel. Dies iſt ſo ziemlich der einzige
Fall, der meines Wiſſens in einer faſt im Niveau des Meeres
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