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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.

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gehörten zwei Nationen an, den Pacimonales und den Cheru-
vichahenas. Da letztere Glieder eines ansehnlichen Stammes
sind, der am Rio Tomo in der Nachbarschaft der Manivas
am oberen Rio Negro haust, so suchte ich von ihnen über den
oberen Lauf und die Quellen dieses Flusses Erkundigung
einzuziehen; aber mein Dolmetscher konnte ihnen den Sinn
meiner Fragen nicht deutlich machen. Sie wiederholten nur
zum Ueberdruß, die Quellen des Rio Negro und des Inirida
seien so nahe beisammen, "wie die Finger der Hand". In
einer Hütte der Pacimonales kauften wir zwei schöne, große
Vögel, einen Tukan (Piapoco), der dem Ramphastos erythro-
rynchos
nahe steht, und den Ana, eine Art Ara, 45 cm
lang, mit durchaus purpurrotem Gefieder, gleich dem Psittacus
Macao.
Wir hatten in unserer Piroge bereits sieben Papa-
geien, zwei Felshühner, einen Motmot, zwei Guane oder
Pavas de Monte, zwei Manaviri (Cercoleptes oder Viverra
caudivolvula
) und acht Affen, nämlich zwei Atelen (die
Marimonda von den großen Katarakten, Brissots Simia
Belzebuth
), zwei Titi (Simia sciurea, Buffons Saimiri),
eine Viudita (Simia lugens), zwei Douroucouli oder Nacht-
affen (Cusicusi oder Simia trivirgata), und den Cacajao mit
kurzem Schwanz (Simia melanocephala). 1 Pater Zea war
auch im stillen sehr schlecht damit zufrieden, daß sich unsere
wandernde Menagerie mit jedem Tage vermehrte. Der Tukan
gleicht nach Lebensweise und geistiger Anlage dem Raben;
es ist ein mutiges, leicht zu zähmendes Tier. Sein langer
Schnabel dient ihm als Verteidigungswaffe. Er macht sich
zum Herrn im Hause, stiehlt, was er erreichen kann, badet
sich oft und fischt gern am Ufer des Stromes. Der Tukan,
den wir gekauft, war sehr jung, dennoch neckte er auf der
ganzen Fahrt mit sichtbarer Lust die Cusicusi, die trübseligen,
zornmütigen Nachtaffen. Ich habe nicht bemerkt, daß, wie
in manchen naturgeschichtlichen Werken steht, der Tukan in-
folge des Baues seines Schnabels sein Futter in die Luft
werfen und so verschlingen müßte. Allerdings nimmt er das-
selbe etwas schwer vom Boden auf; hat er es aber einmal
mit der Spitze seines ungeheuren Schnabels gefaßt, so darf
er nur den Kopf zurückwerfen und den Schnabel, solange er
schlingt, aufrecht halten. Wenn er trinken will, macht der

1 Die drei letztgenannten Arten sind neu.

gehörten zwei Nationen an, den Pacimonales und den Cheru-
vichahenas. Da letztere Glieder eines anſehnlichen Stammes
ſind, der am Rio Tomo in der Nachbarſchaft der Manivas
am oberen Rio Negro hauſt, ſo ſuchte ich von ihnen über den
oberen Lauf und die Quellen dieſes Fluſſes Erkundigung
einzuziehen; aber mein Dolmetſcher konnte ihnen den Sinn
meiner Fragen nicht deutlich machen. Sie wiederholten nur
zum Ueberdruß, die Quellen des Rio Negro und des Inirida
ſeien ſo nahe beiſammen, „wie die Finger der Hand“. In
einer Hütte der Pacimonales kauften wir zwei ſchöne, große
Vögel, einen Tukan (Piapoco), der dem Ramphastos erythro-
rynchos
nahe ſteht, und den Ana, eine Art Ara, 45 cm
lang, mit durchaus purpurrotem Gefieder, gleich dem Psittacus
Macao.
Wir hatten in unſerer Piroge bereits ſieben Papa-
geien, zwei Felshühner, einen Motmot, zwei Guane oder
Pavas de Monte, zwei Manaviri (Cercoleptes oder Viverra
caudivolvula
) und acht Affen, nämlich zwei Atelen (die
Marimonda von den großen Katarakten, Briſſots Simia
Belzebuth
), zwei Titi (Simia sciurea, Buffons Saïmiri),
eine Viudita (Simia lugens), zwei Douroucouli oder Nacht-
affen (Cuſicuſi oder Simia trivirgata), und den Cacajao mit
kurzem Schwanz (Simia melanocephala). 1 Pater Zea war
auch im ſtillen ſehr ſchlecht damit zufrieden, daß ſich unſere
wandernde Menagerie mit jedem Tage vermehrte. Der Tukan
gleicht nach Lebensweiſe und geiſtiger Anlage dem Raben;
es iſt ein mutiges, leicht zu zähmendes Tier. Sein langer
Schnabel dient ihm als Verteidigungswaffe. Er macht ſich
zum Herrn im Hauſe, ſtiehlt, was er erreichen kann, badet
ſich oft und fiſcht gern am Ufer des Stromes. Der Tukan,
den wir gekauft, war ſehr jung, dennoch neckte er auf der
ganzen Fahrt mit ſichtbarer Luſt die Cuſicuſi, die trübſeligen,
zornmütigen Nachtaffen. Ich habe nicht bemerkt, daß, wie
in manchen naturgeſchichtlichen Werken ſteht, der Tukan in-
folge des Baues ſeines Schnabels ſein Futter in die Luft
werfen und ſo verſchlingen müßte. Allerdings nimmt er das-
ſelbe etwas ſchwer vom Boden auf; hat er es aber einmal
mit der Spitze ſeines ungeheuren Schnabels gefaßt, ſo darf
er nur den Kopf zurückwerfen und den Schnabel, ſolange er
ſchlingt, aufrecht halten. Wenn er trinken will, macht der

1 Die drei letztgenannten Arten ſind neu.
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[7/0015] gehörten zwei Nationen an, den Pacimonales und den Cheru- vichahenas. Da letztere Glieder eines anſehnlichen Stammes ſind, der am Rio Tomo in der Nachbarſchaft der Manivas am oberen Rio Negro hauſt, ſo ſuchte ich von ihnen über den oberen Lauf und die Quellen dieſes Fluſſes Erkundigung einzuziehen; aber mein Dolmetſcher konnte ihnen den Sinn meiner Fragen nicht deutlich machen. Sie wiederholten nur zum Ueberdruß, die Quellen des Rio Negro und des Inirida ſeien ſo nahe beiſammen, „wie die Finger der Hand“. In einer Hütte der Pacimonales kauften wir zwei ſchöne, große Vögel, einen Tukan (Piapoco), der dem Ramphastos erythro- rynchos nahe ſteht, und den Ana, eine Art Ara, 45 cm lang, mit durchaus purpurrotem Gefieder, gleich dem Psittacus Macao. Wir hatten in unſerer Piroge bereits ſieben Papa- geien, zwei Felshühner, einen Motmot, zwei Guane oder Pavas de Monte, zwei Manaviri (Cercoleptes oder Viverra caudivolvula) und acht Affen, nämlich zwei Atelen (die Marimonda von den großen Katarakten, Briſſots Simia Belzebuth), zwei Titi (Simia sciurea, Buffons Saïmiri), eine Viudita (Simia lugens), zwei Douroucouli oder Nacht- affen (Cuſicuſi oder Simia trivirgata), und den Cacajao mit kurzem Schwanz (Simia melanocephala). 1 Pater Zea war auch im ſtillen ſehr ſchlecht damit zufrieden, daß ſich unſere wandernde Menagerie mit jedem Tage vermehrte. Der Tukan gleicht nach Lebensweiſe und geiſtiger Anlage dem Raben; es iſt ein mutiges, leicht zu zähmendes Tier. Sein langer Schnabel dient ihm als Verteidigungswaffe. Er macht ſich zum Herrn im Hauſe, ſtiehlt, was er erreichen kann, badet ſich oft und fiſcht gern am Ufer des Stromes. Der Tukan, den wir gekauft, war ſehr jung, dennoch neckte er auf der ganzen Fahrt mit ſichtbarer Luſt die Cuſicuſi, die trübſeligen, zornmütigen Nachtaffen. Ich habe nicht bemerkt, daß, wie in manchen naturgeſchichtlichen Werken ſteht, der Tukan in- folge des Baues ſeines Schnabels ſein Futter in die Luft werfen und ſo verſchlingen müßte. Allerdings nimmt er das- ſelbe etwas ſchwer vom Boden auf; hat er es aber einmal mit der Spitze ſeines ungeheuren Schnabels gefaßt, ſo darf er nur den Kopf zurückwerfen und den Schnabel, ſolange er ſchlingt, aufrecht halten. Wenn er trinken will, macht der 1 Die drei letztgenannten Arten ſind neu.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial04_1859/15>, abgerufen am 21.11.2024.