Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.und so hatten wir im Raudal mit Wellen zu kämpfen, die Sieben bis acht Kilometer von den Stromschnellen von 1 Zwei spanische Worte, die, entsprechend einer lateinischen Form, Palmwälder (palmetum) und Fichtenwälder (pinetum) be- deuten. 2 Ich nenne hier die zwei von Osten nach Westen streichen-
den Bergketten, welche zwischen 3° 30' nördlicher und 14° süd- licher Breite die Thäler oder Becken des Cassiquiare, Rio Negro und Amazonenstromes begrenzen. und ſo hatten wir im Raudal mit Wellen zu kämpfen, die Sieben bis acht Kilometer von den Stromſchnellen von 1 Zwei ſpaniſche Worte, die, entſprechend einer lateiniſchen Form, Palmwälder (palmetum) und Fichtenwälder (pinetum) be- deuten. 2 Ich nenne hier die zwei von Oſten nach Weſten ſtreichen-
den Bergketten, welche zwiſchen 3° 30′ nördlicher und 14° ſüd- licher Breite die Thäler oder Becken des Caſſiquiare, Rio Negro und Amazonenſtromes begrenzen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0017" n="9"/> und ſo hatten wir im Raudal mit Wellen zu kämpfen, die<lb/> ein ziemlich ſtarkes Scholken verurſachten. Wir ſtiegen aus<lb/> und Bonpland entdeckte wenige Schritte vom Ufer einen <hi rendition="#g">Al-<lb/> mandron</hi> (Juvia), einen prachtvollen Stamm der <hi rendition="#aq">Berthol-<lb/> letia excelsa.</hi> Die Indianer verſicherten uns, in San Fran-<lb/> cisco Solano, Vaſiva und Esmeralda wiſſe man nichts davon,<lb/> daß dieſer koſtbare Baum am Caſſiquiare wachſe. Sie glaub-<lb/> ten übrigens nicht, daß der Baum, der über 20 <hi rendition="#aq">m</hi> hoch war,<lb/> aus Samen aufgewachſen, die zufällig ein Reiſender verſtreut.<lb/> Nach Verſuchen, die man in San Carlos gemacht, weiß man,<lb/> daß die Bertholletia wegen der holzigen Fruchthülle und des<lb/> leicht ranzig werdenden Oeles der Mandel ſehr ſelten zum<lb/> Keimen zu bringen iſt. Vielleicht war dieſer Stamm ein An-<lb/> zeichen, daß tiefer im Lande gegen Oſt und Nordoſt eine<lb/> Waldung von Bertholletia beſteht. Wir wiſſen wenigſtens<lb/> beſtimmt, daß dieſer ſchöne Baum unter dem 3. Grade der<lb/> Breite in den Cerros von Guyana wild vorkommt. Die<lb/> geſellig lebenden Gewächſe haben ſelten ſcharf abgeſchnittene<lb/> Grenzen, und häufig ſtößt man, bevor man zu einem <hi rendition="#g">Palmar</hi><lb/> oder einem <hi rendition="#g">Pinal</hi> <note place="foot" n="1">Zwei ſpaniſche Worte, die, entſprechend einer lateiniſchen<lb/> Form, Palmwälder (<hi rendition="#aq">palmetum</hi>) und Fichtenwälder (<hi rendition="#aq">pinetum</hi>) be-<lb/> deuten.</note> gelangt, auf einzelne Palmen oder Fichten.<lb/> Dieſelben gleichen Koloniſten, die in ein mit anderen Gewächſen<lb/> bevölkertes Land ſich hinausgewagt haben.</p><lb/> <p>Sieben bis acht Kilometer von den Stromſchnellen von<lb/> Cananivacari ſtehen mitten in der Ebene ſeltſam geſtaltete Felſen.<lb/> Zuerſt kommt eine ſchmale, 26 <hi rendition="#aq">m</hi> hohe ſenkrechte Mauer, und<lb/> dann, am ſüdlichen Ende derſelben, erſcheinen zwei Türmchen<lb/> mit faſt horizontalen Granitſchichten. Dieſe Felſen von Gua-<lb/> nari ſind ſo ſymmetriſch gruppiert, daß ſie wie die Trümmer<lb/> eines alten Gebäudes erſcheinen. Sind es Ueberbleibſel von<lb/> Eilanden in einem Binnenmeere, das einſt das völlig ebene<lb/> Land zwiſchen der Sierra Parime und der Sierra dos Parecis<lb/> bedeckte, <note place="foot" n="2">Ich nenne hier die zwei von Oſten nach Weſten ſtreichen-<lb/> den Bergketten, welche zwiſchen 3° 30′ nördlicher und 14° ſüd-<lb/> licher Breite die Thäler oder Becken des Caſſiquiare, Rio Negro<lb/> und Amazonenſtromes begrenzen.</note> oder wurden dieſe Felswände, dieſe Granittürme<lb/> von den elaſtiſchen Kräften, die noch immer im Inneren<lb/> unſeres Planeten thätig ſind, emporgehoben? Von ſelbſt<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [9/0017]
und ſo hatten wir im Raudal mit Wellen zu kämpfen, die
ein ziemlich ſtarkes Scholken verurſachten. Wir ſtiegen aus
und Bonpland entdeckte wenige Schritte vom Ufer einen Al-
mandron (Juvia), einen prachtvollen Stamm der Berthol-
letia excelsa. Die Indianer verſicherten uns, in San Fran-
cisco Solano, Vaſiva und Esmeralda wiſſe man nichts davon,
daß dieſer koſtbare Baum am Caſſiquiare wachſe. Sie glaub-
ten übrigens nicht, daß der Baum, der über 20 m hoch war,
aus Samen aufgewachſen, die zufällig ein Reiſender verſtreut.
Nach Verſuchen, die man in San Carlos gemacht, weiß man,
daß die Bertholletia wegen der holzigen Fruchthülle und des
leicht ranzig werdenden Oeles der Mandel ſehr ſelten zum
Keimen zu bringen iſt. Vielleicht war dieſer Stamm ein An-
zeichen, daß tiefer im Lande gegen Oſt und Nordoſt eine
Waldung von Bertholletia beſteht. Wir wiſſen wenigſtens
beſtimmt, daß dieſer ſchöne Baum unter dem 3. Grade der
Breite in den Cerros von Guyana wild vorkommt. Die
geſellig lebenden Gewächſe haben ſelten ſcharf abgeſchnittene
Grenzen, und häufig ſtößt man, bevor man zu einem Palmar
oder einem Pinal 1 gelangt, auf einzelne Palmen oder Fichten.
Dieſelben gleichen Koloniſten, die in ein mit anderen Gewächſen
bevölkertes Land ſich hinausgewagt haben.
Sieben bis acht Kilometer von den Stromſchnellen von
Cananivacari ſtehen mitten in der Ebene ſeltſam geſtaltete Felſen.
Zuerſt kommt eine ſchmale, 26 m hohe ſenkrechte Mauer, und
dann, am ſüdlichen Ende derſelben, erſcheinen zwei Türmchen
mit faſt horizontalen Granitſchichten. Dieſe Felſen von Gua-
nari ſind ſo ſymmetriſch gruppiert, daß ſie wie die Trümmer
eines alten Gebäudes erſcheinen. Sind es Ueberbleibſel von
Eilanden in einem Binnenmeere, das einſt das völlig ebene
Land zwiſchen der Sierra Parime und der Sierra dos Parecis
bedeckte, 2 oder wurden dieſe Felswände, dieſe Granittürme
von den elaſtiſchen Kräften, die noch immer im Inneren
unſeres Planeten thätig ſind, emporgehoben? Von ſelbſt
1 Zwei ſpaniſche Worte, die, entſprechend einer lateiniſchen
Form, Palmwälder (palmetum) und Fichtenwälder (pinetum) be-
deuten.
2 Ich nenne hier die zwei von Oſten nach Weſten ſtreichen-
den Bergketten, welche zwiſchen 3° 30′ nördlicher und 14° ſüd-
licher Breite die Thäler oder Becken des Caſſiquiare, Rio Negro
und Amazonenſtromes begrenzen.
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