Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.schriftliche Verwahrung gegen ein solch ungerechtes und politisch Im Jahre 1680 entwarf der Geograph Sanson nach Pater Fritz war mit einem anderen deutschen Jesuiten, ſchriftliche Verwahrung gegen ein ſolch ungerechtes und politiſch Im Jahre 1680 entwarf der Geograph Sanſon nach Pater Fritz war mit einem anderen deutſchen Jeſuiten, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0052" n="44"/> ſchriftliche Verwahrung gegen ein ſolch ungerechtes und politiſch<lb/> unkluges Unternehmen ein. Sie behaupteten dabei (und der<lb/> Satz iſt ſonderbar genug), „das Gewiſſen geſtatte den Chriſten<lb/> nicht, Eingeborene zu Sklaven zu machen, ſolche ausgenommen,<lb/> die als Dolmetſcher zu dienen hätten“. Was man auch von<lb/> dieſem Satze halten mag, auf die hochherzige, mutvolle Ver-<lb/> wahrung der beiden Geiſtlichen unterblieb der beabſichtigte<lb/> Raubzug.</p><lb/> <p>Im Jahre 1680 entwarf der Geograph Sanſon nach<lb/> Acuñas Reiſebericht eine Karte vom Orinoko und dem Ama-<lb/> zonenſtrome. Sie iſt für den Amazonenſtrom, was Gumillas<lb/> Karte ſo lange für den unteren Orinoko geweſen. Im ganzen<lb/> Striche nördlich vom Aequator iſt ſie rein hypothetiſch, und<lb/> der Caqueta, wie ſchon oben bemerkt, gabelt ſich darauf unter<lb/> einem rechten Winkel. Der eine Arm des Caqueta iſt der<lb/> Orinoko, der andere der Rio Negro. In dieſer Weiſe glaubte<lb/> Sanſon auf der erwähnten Karte, und auf einer anderen<lb/> von ganz Südamerika aus dem Jahre 1656, die unbeſtimm-<lb/> ten Nachrichten, welche Acuña im Jahre 1639 über die<lb/> Verzweigungen des Caqueta und über die Verbindungen<lb/> zwiſchen Amazonenſtrom und Orinoko erhalten, vereinigen<lb/> zu können. Die irrige Vorſtellung, der Rio Negro ent-<lb/> ſpringe aus dem Orinoko oder aus dem Caqueta, von dem<lb/> der Orinoko nur ein Zweig wäre, hat ſich bis in die Mitte<lb/> des 18. Jahrhunderts erhalten, wo der Caſſiquiare entdeckt<lb/> wurde.</p><lb/> <p>Pater Fritz war mit einem anderen deutſchen Jeſuiten,<lb/> dem Pater Richler, nach Quito gekommen; er entwarf im<lb/> Jahre 1690 eine Karte des Amazonenſtromes, die beſte, die<lb/> man vor La Condamines Reiſe beſaß. Nach dieſer Karte<lb/> richtete ſich der franzöſiſche Akademiker auf ſeiner Flußfahrt,<lb/> wie ich auf dem Orinoko nach den Karten von La Cruz und<lb/> Caulin. Es iſt auffallend, daß Pater Fritz bei ſeinem langen<lb/> Aufenthalt am Amazonenſtrom (der Kommandant eines por-<lb/> tugieſiſchen Forts hielt ihn zwei Jahre gefangen) keine Kunde<lb/> vom Caſſiquiare erhalten haben ſoll. Die geſchichtlichen Notizen,<lb/> die er auf dem Rande ſeiner handſchriftlichen Karte beigeſetzt<lb/> und die ich in neueſter Zeit ſorgfältig unterſucht habe, ſind<lb/> ſehr mangelhaft; auch ſind ihrer nicht viele. Er läßt eine<lb/> Bergkette zwiſchen den beiden Flußſyſtemen ſtreichen und rückt<lb/> nur einen der Zweige, die den Rio Negro bilden, nahe an<lb/> einen Nebenfluß des Orinoko, der, der Lage nach, der Rio<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [44/0052]
ſchriftliche Verwahrung gegen ein ſolch ungerechtes und politiſch
unkluges Unternehmen ein. Sie behaupteten dabei (und der
Satz iſt ſonderbar genug), „das Gewiſſen geſtatte den Chriſten
nicht, Eingeborene zu Sklaven zu machen, ſolche ausgenommen,
die als Dolmetſcher zu dienen hätten“. Was man auch von
dieſem Satze halten mag, auf die hochherzige, mutvolle Ver-
wahrung der beiden Geiſtlichen unterblieb der beabſichtigte
Raubzug.
Im Jahre 1680 entwarf der Geograph Sanſon nach
Acuñas Reiſebericht eine Karte vom Orinoko und dem Ama-
zonenſtrome. Sie iſt für den Amazonenſtrom, was Gumillas
Karte ſo lange für den unteren Orinoko geweſen. Im ganzen
Striche nördlich vom Aequator iſt ſie rein hypothetiſch, und
der Caqueta, wie ſchon oben bemerkt, gabelt ſich darauf unter
einem rechten Winkel. Der eine Arm des Caqueta iſt der
Orinoko, der andere der Rio Negro. In dieſer Weiſe glaubte
Sanſon auf der erwähnten Karte, und auf einer anderen
von ganz Südamerika aus dem Jahre 1656, die unbeſtimm-
ten Nachrichten, welche Acuña im Jahre 1639 über die
Verzweigungen des Caqueta und über die Verbindungen
zwiſchen Amazonenſtrom und Orinoko erhalten, vereinigen
zu können. Die irrige Vorſtellung, der Rio Negro ent-
ſpringe aus dem Orinoko oder aus dem Caqueta, von dem
der Orinoko nur ein Zweig wäre, hat ſich bis in die Mitte
des 18. Jahrhunderts erhalten, wo der Caſſiquiare entdeckt
wurde.
Pater Fritz war mit einem anderen deutſchen Jeſuiten,
dem Pater Richler, nach Quito gekommen; er entwarf im
Jahre 1690 eine Karte des Amazonenſtromes, die beſte, die
man vor La Condamines Reiſe beſaß. Nach dieſer Karte
richtete ſich der franzöſiſche Akademiker auf ſeiner Flußfahrt,
wie ich auf dem Orinoko nach den Karten von La Cruz und
Caulin. Es iſt auffallend, daß Pater Fritz bei ſeinem langen
Aufenthalt am Amazonenſtrom (der Kommandant eines por-
tugieſiſchen Forts hielt ihn zwei Jahre gefangen) keine Kunde
vom Caſſiquiare erhalten haben ſoll. Die geſchichtlichen Notizen,
die er auf dem Rande ſeiner handſchriftlichen Karte beigeſetzt
und die ich in neueſter Zeit ſorgfältig unterſucht habe, ſind
ſehr mangelhaft; auch ſind ihrer nicht viele. Er läßt eine
Bergkette zwiſchen den beiden Flußſyſtemen ſtreichen und rückt
nur einen der Zweige, die den Rio Negro bilden, nahe an
einen Nebenfluß des Orinoko, der, der Lage nach, der Rio
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