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Humboldt, Alexander von: Mexicanische Alterthümer. In: Annalen der Erd-, Länder- und Völkerkunde. Bd. 11, H. 4 (1835), S. 321-325.

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Annalen
der Erd-, Länder- und Völkerkunde.


XI. Band.    Berlin, den 31. Januar 1835.    Heft 4.


Mexicanische Alterthümer.



Von
A. von Humboldt.
(Mitgetheilt von dem Herrn Verfasser.)



Die Archäologie eines Continents, den wir den neüen zu nennen
pflegen, die Spuren der Civilisation amerikanischer Urvölker sind erst
wieder, seit dem Anfange dieses Jahrhunderts, ein Gegenstand gründ-
licher Untersuchung geworden. Sie hatten, eilf Jahre nach Columbus
Tode, als, an der Küste von Yucatan, Hernandez de Cordova die ersten
großen Bauwerke von Stein (Tempel, mit Sculptur geziert) erblickte,
ein lebhaftes Jnteresse in Spanien und Jtalien erregt. Dies Jnteresse
ward gesteigert, als die Conquistadores in Südamerika bis zu dem
Hochlande von Tiahuanaco, Couzco und Quito vordrangen, wo sie,
dem National-Cultus geweihte, Denkmäler, Wohnungen der Jncas
(Heliaden), öffentliche Bäder und steinerne Caravanserais, durch Kunst-
straßen verbunden, fanden, die, in einer Länge von fast 300 geographi-
schen Meilen, auf Bergrücken von zehn bis vierzehn Tausend Fuß
Höhe, fortliefen. Da die ersten Geschichtschreiber der blutigen Erobe-
rung und späteren friedlichen Ansiedelung der Europäer, Mönche und
rohe Kriegsleüte waren, so haben Hyper-Kritik und die sogenannte
philosophische Strenge des achtzehnten Jahrhunderts, aus vornehmem
Dünkel, Alles abgelaügnet, was die Reisenden selbst gesehen und mit
naiver Einfachheit erzählt hatten. Das oberflächliche Werk eines ge-
lehrten und geistreichen Mannes, Robertson's Geschichte von Amerika,
trug besonders dazu bei, dieser Methode des bequemeren Ablaügnens
Eingang zu verschaffen, und erst seit den letzten drei Jahrzehenden, in
denen der Neüe Continent zugänglicher geworden, glückte es einigen
Reisenden, welche die Reste jener Denkmäler untersucht, jene Kunst-
straßen gemessen, jene Sculpturen in spröden, widerstrebenden Massen
von Porphyr und Diorit, abzuzeichnen begonnen haben, allmälig wie-

Annalen :c. XI. Bd. 21
Annalen
der Erd-, Länder- und Völkerkunde.


XI. Band.    Berlin, den 31. Januar 1835.    Heft 4.


Mexicaniſche Alterthümer.



Von
A. von Humboldt.
(Mitgetheilt von dem Herrn Verfaſſer.)



Die Archäologie eines Continents, den wir den neüen zu nennen
pflegen, die Spuren der Civiliſation amerikaniſcher Urvölker ſind erſt
wieder, ſeit dem Anfange dieſes Jahrhunderts, ein Gegenſtand gründ-
licher Unterſuchung geworden. Sie hatten, eilf Jahre nach Columbus
Tode, als, an der Küſte von Yucatan, Hernandez de Cordova die erſten
großen Bauwerke von Stein (Tempel, mit Sculptur geziert) erblickte,
ein lebhaftes Jntereſſe in Spanien und Jtalien erregt. Dies Jntereſſe
ward geſteigert, als die Conquiſtadores in Südamerika bis zu dem
Hochlande von Tiahuanaco, Couzco und Quito vordrangen, wo ſie,
dem National-Cultus geweihte, Denkmäler, Wohnungen der Jncas
(Heliaden), öffentliche Bäder und ſteinerne Caravanſerais, durch Kunſt-
ſtraßen verbunden, fanden, die, in einer Länge von faſt 300 geographi-
ſchen Meilen, auf Bergrücken von zehn bis vierzehn Tauſend Fuß
Höhe, fortliefen. Da die erſten Geſchichtſchreiber der blutigen Erobe-
rung und ſpäteren friedlichen Anſiedelung der Europäer, Mönche und
rohe Kriegsleüte waren, ſo haben Hyper-Kritik und die ſogenannte
philoſophiſche Strenge des achtzehnten Jahrhunderts, aus vornehmem
Dünkel, Alles abgelaügnet, was die Reiſenden ſelbſt geſehen und mit
naiver Einfachheit erzählt hatten. Das oberflächliche Werk eines ge-
lehrten und geiſtreichen Mannes, Robertſon’s Geſchichte von Amerika,
trug beſonders dazu bei, dieſer Methode des bequemeren Ablaügnens
Eingang zu verſchaffen, und erſt ſeit den letzten drei Jahrzehenden, in
denen der Neüe Continent zugänglicher geworden, glückte es einigen
Reiſenden, welche die Reſte jener Denkmäler unterſucht, jene Kunſt-
ſtraßen gemeſſen, jene Sculpturen in ſpröden, widerſtrebenden Maſſen
von Porphyr und Diorit, abzuzeichnen begonnen haben, allmälig wie-

Annalen :c. XI. Bd. 21
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[0001] Annalen der Erd-, Länder- und Völkerkunde. XI. Band. Berlin, den 31. Januar 1835. Heft 4. Mexicaniſche Alterthümer. Von A. von Humboldt. (Mitgetheilt von dem Herrn Verfaſſer.) Die Archäologie eines Continents, den wir den neüen zu nennen pflegen, die Spuren der Civiliſation amerikaniſcher Urvölker ſind erſt wieder, ſeit dem Anfange dieſes Jahrhunderts, ein Gegenſtand gründ- licher Unterſuchung geworden. Sie hatten, eilf Jahre nach Columbus Tode, als, an der Küſte von Yucatan, Hernandez de Cordova die erſten großen Bauwerke von Stein (Tempel, mit Sculptur geziert) erblickte, ein lebhaftes Jntereſſe in Spanien und Jtalien erregt. Dies Jntereſſe ward geſteigert, als die Conquiſtadores in Südamerika bis zu dem Hochlande von Tiahuanaco, Couzco und Quito vordrangen, wo ſie, dem National-Cultus geweihte, Denkmäler, Wohnungen der Jncas (Heliaden), öffentliche Bäder und ſteinerne Caravanſerais, durch Kunſt- ſtraßen verbunden, fanden, die, in einer Länge von faſt 300 geographi- ſchen Meilen, auf Bergrücken von zehn bis vierzehn Tauſend Fuß Höhe, fortliefen. Da die erſten Geſchichtſchreiber der blutigen Erobe- rung und ſpäteren friedlichen Anſiedelung der Europäer, Mönche und rohe Kriegsleüte waren, ſo haben Hyper-Kritik und die ſogenannte philoſophiſche Strenge des achtzehnten Jahrhunderts, aus vornehmem Dünkel, Alles abgelaügnet, was die Reiſenden ſelbſt geſehen und mit naiver Einfachheit erzählt hatten. Das oberflächliche Werk eines ge- lehrten und geiſtreichen Mannes, Robertſon’s Geſchichte von Amerika, trug beſonders dazu bei, dieſer Methode des bequemeren Ablaügnens Eingang zu verſchaffen, und erſt ſeit den letzten drei Jahrzehenden, in denen der Neüe Continent zugänglicher geworden, glückte es einigen Reiſenden, welche die Reſte jener Denkmäler unterſucht, jene Kunſt- ſtraßen gemeſſen, jene Sculpturen in ſpröden, widerſtrebenden Maſſen von Porphyr und Diorit, abzuzeichnen begonnen haben, allmälig wie- Annalen :c. XI. Bd. 21

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Mexicanische Alterthümer. In: Annalen der Erd-, Länder- und Völkerkunde. Bd. 11, H. 4 (1835), S. 321-325, hier S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_alterthuemer_1835/1>, abgerufen am 21.11.2024.