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Humboldt, Alexander von: Ueber einige elektro-magnetische Erscheinungen und den verminderten Luftdruck in der Tropen-Gegend des Atlantischen Oceans. In: Annalen der Physik und Chemie, Bd. 37 (1836), S. 241-258.

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sinnige Beobachter hat in den willkührlich oder gereizt
aufblitzenden Organen der Photocharis eine grosszellige
Structur mit gallertartiger Beschaffenheit im Inneren ge-
funden, die mit dem elektrischen Organe der Gymno-
ten und Zitterrochen viel Aehnlichkeit zeigt. Ist dem-
nach die Secretion der schleimigen Flüssigkeit, welche
sich bei andern Leuchtthieren reichlich ergiesst, und
die ohne weiteren Einfluss der Organismen fortleuchtet,
nur bloss Folge der elektrischen Funken? Von Salz-
wasser, einer vortrefflich leitenden Flüssigkeit, umge-
ben, müssen diese kleinen Geschöpfe eine ungeheure
Spannung haben, um als Wasserthiere zu blitzen. Sie
erinnern sich mein theurer Freund, wie lange man bei
dem Zitterrochen die Möglichkeit der Wasserzersetzung
und chemischer Wirkungen geläugnet hat, weil bei den
sorgfältigen, in Triest von Sir Humphry Davy ange-
stellten Versuchen weder Wasserzersetzung noch andere
chemische Wirkungen sichtbar wurden. Sie wissen,
wie schwierig es selbst seinem Bruder, Herrn John
Davy
, geworden ist, die Ursach des früheren Nichtge-
lingens zu erklären. Vielleicht werden Sie noch eine
Zeit erleben, in der man aus dem, sich so schnell und
nach dem Willen der Thiere wieder ladenden elektri-
schen Organen der Gymnoten die elektro-magnetische
Kraft, unter gewissen bisher unerkannten Verhältnissen,
von Lichterscheinungen begleitet, ausbrechen sieht. Dann
wird es vielleicht klar werden, was jetzt nur vermuthet
werden kann, dass in den kleinsten lebendigen Organis-
men, in den aufblitzenden Leuchtinfusorien und Ringel-
würmern, wie in den donnernden Wolkenschichten und
in dem stillen magnetischen Wetterleuchten (dem Polar-
Lichte), das als Folge verstärkter Spannung im Inneren
des Erdkörpers der veränderte stündliche Gang der Mag-
netnadel lange vorher andeutet, ein und derselbe Pro-
cess vorgeht.

Erlauben Sie mir Ihre Aufmerksamkeit noch auf ei-

sinnige Beobachter hat in den willkührlich oder gereizt
aufblitzenden Organen der Photocharis eine groſszellige
Structur mit gallertartiger Beschaffenheit im Inneren ge-
funden, die mit dem elektrischen Organe der Gymno-
ten und Zitterrochen viel Aehnlichkeit zeigt. Ist dem-
nach die Secretion der schleimigen Flüssigkeit, welche
sich bei andern Leuchtthieren reichlich ergieſst, und
die ohne weiteren Einfluſs der Organismen fortleuchtet,
nur bloſs Folge der elektrischen Funken? Von Salz-
wasser, einer vortrefflich leitenden Flüssigkeit, umge-
ben, müssen diese kleinen Geschöpfe eine ungeheure
Spannung haben, um als Wasserthiere zu blitzen. Sie
erinnern sich mein theurer Freund, wie lange man bei
dem Zitterrochen die Möglichkeit der Wasserzersetzung
und chemischer Wirkungen geläugnet hat, weil bei den
sorgfältigen, in Triest von Sir Humphry Davy ange-
stellten Versuchen weder Wasserzersetzung noch andere
chemische Wirkungen sichtbar wurden. Sie wissen,
wie schwierig es selbst seinem Bruder, Herrn John
Davy
, geworden ist, die Ursach des früheren Nichtge-
lingens zu erklären. Vielleicht werden Sie noch eine
Zeit erleben, in der man aus dem, sich so schnell und
nach dem Willen der Thiere wieder ladenden elektri-
schen Organen der Gymnoten die elektro-magnetische
Kraft, unter gewissen bisher unerkannten Verhältnissen,
von Lichterscheinungen begleitet, ausbrechen sieht. Dann
wird es vielleicht klar werden, was jetzt nur vermuthet
werden kann, daſs in den kleinsten lebendigen Organis-
men, in den aufblitzenden Leuchtinfusorien und Ringel-
würmern, wie in den donnernden Wolkenschichten und
in dem stillen magnetischen Wetterleuchten (dem Polar-
Lichte), das als Folge verstärkter Spannung im Inneren
des Erdkörpers der veränderte stündliche Gang der Mag-
netnadel lange vorher andeutet, ein und derselbe Pro-
ceſs vorgeht.

Erlauben Sie mir Ihre Aufmerksamkeit noch auf ei-

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[244/0004] sinnige Beobachter hat in den willkührlich oder gereizt aufblitzenden Organen der Photocharis eine groſszellige Structur mit gallertartiger Beschaffenheit im Inneren ge- funden, die mit dem elektrischen Organe der Gymno- ten und Zitterrochen viel Aehnlichkeit zeigt. Ist dem- nach die Secretion der schleimigen Flüssigkeit, welche sich bei andern Leuchtthieren reichlich ergieſst, und die ohne weiteren Einfluſs der Organismen fortleuchtet, nur bloſs Folge der elektrischen Funken? Von Salz- wasser, einer vortrefflich leitenden Flüssigkeit, umge- ben, müssen diese kleinen Geschöpfe eine ungeheure Spannung haben, um als Wasserthiere zu blitzen. Sie erinnern sich mein theurer Freund, wie lange man bei dem Zitterrochen die Möglichkeit der Wasserzersetzung und chemischer Wirkungen geläugnet hat, weil bei den sorgfältigen, in Triest von Sir Humphry Davy ange- stellten Versuchen weder Wasserzersetzung noch andere chemische Wirkungen sichtbar wurden. Sie wissen, wie schwierig es selbst seinem Bruder, Herrn John Davy, geworden ist, die Ursach des früheren Nichtge- lingens zu erklären. Vielleicht werden Sie noch eine Zeit erleben, in der man aus dem, sich so schnell und nach dem Willen der Thiere wieder ladenden elektri- schen Organen der Gymnoten die elektro-magnetische Kraft, unter gewissen bisher unerkannten Verhältnissen, von Lichterscheinungen begleitet, ausbrechen sieht. Dann wird es vielleicht klar werden, was jetzt nur vermuthet werden kann, daſs in den kleinsten lebendigen Organis- men, in den aufblitzenden Leuchtinfusorien und Ringel- würmern, wie in den donnernden Wolkenschichten und in dem stillen magnetischen Wetterleuchten (dem Polar- Lichte), das als Folge verstärkter Spannung im Inneren des Erdkörpers der veränderte stündliche Gang der Mag- netnadel lange vorher andeutet, ein und derselbe Pro- ceſs vorgeht. Erlauben Sie mir Ihre Aufmerksamkeit noch auf ei-

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber einige elektro-magnetische Erscheinungen und den verminderten Luftdruck in der Tropen-Gegend des Atlantischen Oceans. In: Annalen der Physik und Chemie, Bd. 37 (1836), S. 241-258, hier S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_elektromagnetische_1836/4>, abgerufen am 21.11.2024.