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Humboldt, Alexander von: Ueber einige neuere Galvanische Erscheinungen. In: Medicinisch-chirurgische Zeitung. Nr. 100 (1797) S. 375-382.

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chen dieselben Resultate zu erwarten. Wir experimentiren un-
ter unbestimmten unbekannten Bedingungen! So wollten An-
fangs einigen Gliedern des National-Instituts zu Paris meine
Versuche über Stimmung der Erregbarkeit durch chemische Mit-
tel nicht glücken; dieselben Versuche, die ich vielen Personen,
und zuletzt noch in ihrer ganzen Stärke unserm vortrefflichen
Freunde, Hn. Hufeland zu zeigen die Freude hatte. Oft miß-
lingen Versuche, bey welchen die Ursache des Mißlingens gar
nicht zu errathen ist. So meldete man nur, daß meine in der
Flora Fribergensis beschriebenen Versuche über das Keimen
der Saamen in oxygenirter Salzsäure nicht glücklich zu wieder-
hohlen wären -- und einige Monathe nachher sehe ich, daß man
bey dem akademisch-botanischen Garten in Wien diese kleine Ent-
deckung seit Jahren praktisch benutzt, daß man dort aus veralte-
ten Saamen durch jene Säure Pflanzen erzeugt hat, welche noch
nie zum Keimen zu bringen waren. -- Meine Antwort auf Hn.
Fourcroy's Bemerkungen über mein Memoire sur le Proces
chymique de la vitalite
werden Sie wahrscheinlich bald in
Gren's neuem Journal der Physik lesen. Wenn es in eben dem
Journale (4ten B. 2. H.) heißt, der Galvanismus könne nicht
zum Maaße der Reitzempfänglichkeit dienen, weil die Intensi-
tät des Reitzes durch Benetzung der Organe mit excitirenden
Stoffen modificirt werde, so widersprechen dieser Behauptung
alle Erfahrungen. Ein mattes Organ zeigt fortwährend schwache
Contractionen, das Galvanische Fluidum mag unmittelbar oder
durch Stoffe eingeleitet werden, die mit jenen Stoffen benetzt
sind. Wenn ein Reitz ein Mahl stärker als das andere Mahl
wirkt, so folgt wohl daraus, daß die Erregbarkeit sich verändert
habe. Auch lehren analoge Erfahrungen (das langsamere Pul-
siren der Herzen in Stickgas, das Kneipen frischer Nerven vor
und nach der Benetzung mit excitirenden Stoffen) die Richtigkeit
jenes Maaßes. Man muß mit diesen Erscheinungen sehr vertraut
seyn, um rasch darüber aburtheilen zu wollen.

Re-

chen dieſelben Reſultate zu erwarten. Wir experimentiren un-
ter unbeſtimmten unbekannten Bedingungen! So wollten An-
fangs einigen Gliedern des National-Inſtituts zu Paris meine
Verſuche uͤber Stimmung der Erregbarkeit durch chemiſche Mit-
tel nicht gluͤcken; dieſelben Verſuche, die ich vielen Perſonen,
und zuletzt noch in ihrer ganzen Staͤrke unſerm vortrefflichen
Freunde, Hn. Hufeland zu zeigen die Freude hatte. Oft miß-
lingen Verſuche, bey welchen die Urſache des Mißlingens gar
nicht zu errathen iſt. So meldete man nur, daß meine in der
Flora Fribergenſis beſchriebenen Verſuche uͤber das Keimen
der Saamen in oxygenirter Salzſaͤure nicht gluͤcklich zu wieder-
hohlen waͤren — und einige Monathe nachher ſehe ich, daß man
bey dem akademiſch-botaniſchen Garten in Wien dieſe kleine Ent-
deckung ſeit Jahren praktiſch benutzt, daß man dort aus veralte-
ten Saamen durch jene Saͤure Pflanzen erzeugt hat, welche noch
nie zum Keimen zu bringen waren. — Meine Antwort auf Hn.
Fourcroy's Bemerkungen uͤber mein Mémoire ſur le Procès
chymique de la vitalité
werden Sie wahrſcheinlich bald in
Gren's neuem Journal der Phyſik leſen. Wenn es in eben dem
Journale (4ten B. 2. H.) heißt, der Galvaniſmus koͤnne nicht
zum Maaße der Reitzempfaͤnglichkeit dienen, weil die Intenſi-
taͤt des Reitzes durch Benetzung der Organe mit excitirenden
Stoffen modificirt werde, ſo widerſprechen dieſer Behauptung
alle Erfahrungen. Ein mattes Organ zeigt fortwaͤhrend ſchwache
Contractionen, das Galvaniſche Fluidum mag unmittelbar oder
durch Stoffe eingeleitet werden, die mit jenen Stoffen benetzt
ſind. Wenn ein Reitz ein Mahl ſtaͤrker als das andere Mahl
wirkt, ſo folgt wohl daraus, daß die Erregbarkeit ſich veraͤndert
habe. Auch lehren analoge Erfahrungen (das langſamere Pul-
ſiren der Herzen in Stickgas, das Kneipen friſcher Nerven vor
und nach der Benetzung mit excitirenden Stoffen) die Richtigkeit
jenes Maaßes. Man muß mit dieſen Erſcheinungen ſehr vertraut
ſeyn, um raſch daruͤber aburtheilen zu wollen.

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[382/0008] chen dieſelben Reſultate zu erwarten. Wir experimentiren un- ter unbeſtimmten unbekannten Bedingungen! So wollten An- fangs einigen Gliedern des National-Inſtituts zu Paris meine Verſuche uͤber Stimmung der Erregbarkeit durch chemiſche Mit- tel nicht gluͤcken; dieſelben Verſuche, die ich vielen Perſonen, und zuletzt noch in ihrer ganzen Staͤrke unſerm vortrefflichen Freunde, Hn. Hufeland zu zeigen die Freude hatte. Oft miß- lingen Verſuche, bey welchen die Urſache des Mißlingens gar nicht zu errathen iſt. So meldete man nur, daß meine in der Flora Fribergenſis beſchriebenen Verſuche uͤber das Keimen der Saamen in oxygenirter Salzſaͤure nicht gluͤcklich zu wieder- hohlen waͤren — und einige Monathe nachher ſehe ich, daß man bey dem akademiſch-botaniſchen Garten in Wien dieſe kleine Ent- deckung ſeit Jahren praktiſch benutzt, daß man dort aus veralte- ten Saamen durch jene Saͤure Pflanzen erzeugt hat, welche noch nie zum Keimen zu bringen waren. — Meine Antwort auf Hn. Fourcroy's Bemerkungen uͤber mein Mémoire ſur le Procès chymique de la vitalité werden Sie wahrſcheinlich bald in Gren's neuem Journal der Phyſik leſen. Wenn es in eben dem Journale (4ten B. 2. H.) heißt, der Galvaniſmus koͤnne nicht zum Maaße der Reitzempfaͤnglichkeit dienen, weil die Intenſi- taͤt des Reitzes durch Benetzung der Organe mit excitirenden Stoffen modificirt werde, ſo widerſprechen dieſer Behauptung alle Erfahrungen. Ein mattes Organ zeigt fortwaͤhrend ſchwache Contractionen, das Galvaniſche Fluidum mag unmittelbar oder durch Stoffe eingeleitet werden, die mit jenen Stoffen benetzt ſind. Wenn ein Reitz ein Mahl ſtaͤrker als das andere Mahl wirkt, ſo folgt wohl daraus, daß die Erregbarkeit ſich veraͤndert habe. Auch lehren analoge Erfahrungen (das langſamere Pul- ſiren der Herzen in Stickgas, das Kneipen friſcher Nerven vor und nach der Benetzung mit excitirenden Stoffen) die Richtigkeit jenes Maaßes. Man muß mit dieſen Erſcheinungen ſehr vertraut ſeyn, um raſch daruͤber aburtheilen zu wollen. Re-

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber einige neuere Galvanische Erscheinungen. In: Medicinisch-chirurgische Zeitung. Nr. 100 (1797) S. 375-382, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_galvanische_1797/8>, abgerufen am 10.12.2024.