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Humboldt, Alexander von: Ueber die einfache Vorrichtung, durch welche sich Menschen stundenlang in irrespirablen Gasarten, ohne Nachtheil der Gesundheit, und mit brennenden Lichtern aufhalten können; oder vorläufige Anzeige einer Rettungsfläche und eines Lichterhalters. In: Chemische Annalen für die Freunde der Naturlehre, Arzneygelahrtheit, Haushaltungskunde und Manufacturen. Bd. 2 (1796) S. 99-110, 195-210.

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vor, da es wenig Näthe erfordert und die Luft ziemlich
rein erhält. Dieselben Gründe, welche mich bewegen, bey
dem Lichterhalter der atmosphärischen Luft den Vorzug
vor der Lebensluft zu geben, bestimmen mich auch hier
den Luftsack mit ersterer zu füllen. Wie traurig, wenn
die Rettung eines Menschen von dem Umstande ab-
hängen sollte, ob Lebensluft, und zwar mehrere Kubik-
fuß derselben (1 Kubikfuß ist = 43 Bouteillen) vor-
handen wäre? Und wie konnte dieser Vorrath auf
jeder armseligen Kohlen- oder Eisenstein-Grube gehal-
ten werden? Eine gemeinnützige Erfindung muß auf
einfachern oder sichern Voraussetzungen beruhen. Woll-
te man, wie Cavallo darauf rechnen, den Apparat da-
durch zu verkleinern, daß das Respirationsrohr ohne
Ventil sey, und die ausgeathmete Luft wieder in den
Luftsack zurückginge, so wäre der Calcul falsch. Aus
Abernetty's, Menzie's und Fothergill's Versuchen folgt
zwar, daß 2 Bullet 3 Mahl durchgeathmete Lebensluft doch
noch so rein als atmosphärische sey. Daraus scheint
zu folgen, daß der Luftsack, da er sich nicht ausleert,
unelastisch von Eisenblech und fast 2/3 kleiner seyn
könnte. Versuche aber haben mich gelehrt, daß die
kohlensaure Luft, welche man sammt der Lebensluft
ausathmet, sich gleichmäßig unter die andre Luftmasse
vertheilt, daß sie im Schlauch stehen bleibt, wieder
eingezogen wird und beängstigende Brustschmerzen er-
regt. Dazu habe ich vielfältige physiologische Gründe,
um gegen das Athmen einer reinen Lebensluft in der
Grube sehr zu protestiren. Die zu große Menge
Sauerstoff, welche an das venöse Blut tritt, und die-
sem die schöne hochrothe Farbe ertheilt, vermehrt die

Reiz-

vor, da es wenig Naͤthe erfordert und die Luft ziemlich
rein erhaͤlt. Dieſelben Gruͤnde, welche mich bewegen, bey
dem Lichterhalter der atmoſphaͤriſchen Luft den Vorzug
vor der Lebensluft zu geben, beſtimmen mich auch hier
den Luftſack mit erſterer zu fuͤllen. Wie traurig, wenn
die Rettung eines Menſchen von dem Umſtande ab-
haͤngen ſollte, ob Lebensluft, und zwar mehrere Kubik-
fuß derſelben (1 Kubikfuß iſt = 43 Bouteillen) vor-
handen waͤre? Und wie konnte dieſer Vorrath auf
jeder armſeligen Kohlen- oder Eiſenſtein-Grube gehal-
ten werden? Eine gemeinnuͤtzige Erfindung muß auf
einfachern oder ſichern Vorausſetzungen beruhen. Woll-
te man, wie Cavallo darauf rechnen, den Apparat da-
durch zu verkleinern, daß das Reſpirationsrohr ohne
Ventil ſey, und die ausgeathmete Luft wieder in den
Luftſack zuruͤckginge, ſo waͤre der Calcul falſch. Aus
Abernetty's, Menzie's und Fothergill's Verſuchen folgt
zwar, daß 2 ∙ 3 Mahl durchgeathmete Lebensluft doch
noch ſo rein als atmoſphaͤriſche ſey. Daraus ſcheint
zu folgen, daß der Luftſack, da er ſich nicht ausleert,
unelaſtiſch von Eiſenblech und faſt ⅔ kleiner ſeyn
koͤnnte. Verſuche aber haben mich gelehrt, daß die
kohlenſaure Luft, welche man ſammt der Lebensluft
ausathmet, ſich gleichmaͤßig unter die andre Luftmaſſe
vertheilt, daß ſie im Schlauch ſtehen bleibt, wieder
eingezogen wird und beaͤngſtigende Bruſtſchmerzen er-
regt. Dazu habe ich vielfaͤltige phyſiologiſche Gruͤnde,
um gegen das Athmen einer reinen Lebensluft in der
Grube ſehr zu proteſtiren. Die zu große Menge
Sauerſtoff, welche an das venoͤſe Blut tritt, und die-
ſem die ſchoͤne hochrothe Farbe ertheilt, vermehrt die

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[207/0027] vor, da es wenig Naͤthe erfordert und die Luft ziemlich rein erhaͤlt. Dieſelben Gruͤnde, welche mich bewegen, bey dem Lichterhalter der atmoſphaͤriſchen Luft den Vorzug vor der Lebensluft zu geben, beſtimmen mich auch hier den Luftſack mit erſterer zu fuͤllen. Wie traurig, wenn die Rettung eines Menſchen von dem Umſtande ab- haͤngen ſollte, ob Lebensluft, und zwar mehrere Kubik- fuß derſelben (1 Kubikfuß iſt = 43 Bouteillen) vor- handen waͤre? Und wie konnte dieſer Vorrath auf jeder armſeligen Kohlen- oder Eiſenſtein-Grube gehal- ten werden? Eine gemeinnuͤtzige Erfindung muß auf einfachern oder ſichern Vorausſetzungen beruhen. Woll- te man, wie Cavallo darauf rechnen, den Apparat da- durch zu verkleinern, daß das Reſpirationsrohr ohne Ventil ſey, und die ausgeathmete Luft wieder in den Luftſack zuruͤckginge, ſo waͤre der Calcul falſch. Aus Abernetty's, Menzie's und Fothergill's Verſuchen folgt zwar, daß 2 ∙ 3 Mahl durchgeathmete Lebensluft doch noch ſo rein als atmoſphaͤriſche ſey. Daraus ſcheint zu folgen, daß der Luftſack, da er ſich nicht ausleert, unelaſtiſch von Eiſenblech und faſt ⅔ kleiner ſeyn koͤnnte. Verſuche aber haben mich gelehrt, daß die kohlenſaure Luft, welche man ſammt der Lebensluft ausathmet, ſich gleichmaͤßig unter die andre Luftmaſſe vertheilt, daß ſie im Schlauch ſtehen bleibt, wieder eingezogen wird und beaͤngſtigende Bruſtſchmerzen er- regt. Dazu habe ich vielfaͤltige phyſiologiſche Gruͤnde, um gegen das Athmen einer reinen Lebensluft in der Grube ſehr zu proteſtiren. Die zu große Menge Sauerſtoff, welche an das venoͤſe Blut tritt, und die- ſem die ſchoͤne hochrothe Farbe ertheilt, vermehrt die Reiz-

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber die einfache Vorrichtung, durch welche sich Menschen stundenlang in irrespirablen Gasarten, ohne Nachtheil der Gesundheit, und mit brennenden Lichtern aufhalten können; oder vorläufige Anzeige einer Rettungsfläche und eines Lichterhalters. In: Chemische Annalen für die Freunde der Naturlehre, Arzneygelahrtheit, Haushaltungskunde und Manufacturen. Bd. 2 (1796) S. 99-110, 195-210, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_gasarten_1796/27>, abgerufen am 23.11.2024.