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Humboldt, Alexander von: Geognostische und physikalische Beobachtungen über die Vulkane des Hochlandes von Quito. Zweite Abhandlung. In: Annalen der Physik und Chemie, Bd. 44 (1838), S. 193-219.

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der Naturcharakter der Landschaft, das Bild der bald
schlummernden, bald wieder erweckten Thätigkeit der tief-
gespaltenen Erdrinde hervor. Diese Betrachtungen haben
mich in der späten Bearbeitung meiner noch ungedruckten
Tagebücher geleitet, und bei der grossen Ausdehnung des
festen Landes, das ich unter den verschiedensten Klima-
ten seit nun fast einem halben Jahrhundert zu durch-
wandern das Glück gehabt habe, wird die Ueberzeu-
gung in mir um so lebendiger, dass in der beweglichen
Ordnung der Natur das Gesetzliche sich um so lichtvol-
ler darstellt, als es an eine sorgfältige Schilderung der
einzelnen Erscheinungen geknüpft ist.

Wenn man die nördlichste Gruppe der Vulkane
von Süd-Amerika unter einem Blicke zusammenfasst, so
gewinnt die in Quito oft ausgesprochene Meinung, dass
die vulkanische Thätigkeit sich in neueren Zeiten inner-
halb jener Gruppen von Norden gegen Süden fortbe-
wegt hat, einen gewissen Grad von Wahrscheinlichkeit.
Doch nicht sowohl um diese Meinung fester zu begrün-
den, als vielmehr um die Lage der noch offenen Feuer-
schlünde genauer zu erörtern, mögen hier die übersicht-
lichen Betrachtungen folgen, welche eine, auf Messungen
und astronomische Beobachtungen gegründete Kenntnniss
der Cordilleren und ihrer Verzweigungen darbieten. Die
äussersten Punkte der Gruppe, zu der das Hochland von
Quito gehört, sind der Vulkan Sangay und der Paramo
de Ruiz. Trachyt-, Melaphyr- und Andesit-Gestein ist
zwar auch ausserhalb dieser Gruppe hier und da spora-
disch ausgebrochen, aber Eruptionen glühender Schlak-
ken, Rauchsäulen und heisse Dämpfe (Abstufungen des
noch thätigen inneren Wirkens der Erde) haben sich,
in neueren historischen Zeiten, nur zwischen 2° südli-
cher und 5° nördlicher Breite gezeigt. Diese berühmte
vulkanische Zone hat also nur die Länge von Messina
bis Venedig. Von ihrer nördlichen Grenze, das heisst,
von dem rauchenden Paramo de Ruiz an, dessen neue

der Naturcharakter der Landschaft, das Bild der bald
schlummernden, bald wieder erweckten Thätigkeit der tief-
gespaltenen Erdrinde hervor. Diese Betrachtungen haben
mich in der späten Bearbeitung meiner noch ungedruckten
Tagebücher geleitet, und bei der groſsen Ausdehnung des
festen Landes, das ich unter den verschiedensten Klima-
ten seit nun fast einem halben Jahrhundert zu durch-
wandern das Glück gehabt habe, wird die Ueberzeu-
gung in mir um so lebendiger, daſs in der beweglichen
Ordnung der Natur das Gesetzliche sich um so lichtvol-
ler darstellt, als es an eine sorgfältige Schilderung der
einzelnen Erscheinungen geknüpft ist.

Wenn man die nördlichste Gruppe der Vulkane
von Süd-Amerika unter einem Blicke zusammenfaſst, so
gewinnt die in Quito oft ausgesprochene Meinung, daſs
die vulkanische Thätigkeit sich in neueren Zeiten inner-
halb jener Gruppen von Norden gegen Süden fortbe-
wegt hat, einen gewissen Grad von Wahrscheinlichkeit.
Doch nicht sowohl um diese Meinung fester zu begrün-
den, als vielmehr um die Lage der noch offenen Feuer-
schlünde genauer zu erörtern, mögen hier die übersicht-
lichen Betrachtungen folgen, welche eine, auf Messungen
und astronomische Beobachtungen gegründete Kenntnniſs
der Cordilleren und ihrer Verzweigungen darbieten. Die
äuſsersten Punkte der Gruppe, zu der das Hochland von
Quito gehört, sind der Vulkan Sangay und der Paramo
de Ruiz. Trachyt-, Melaphyr- und Andesit-Gestein ist
zwar auch auſserhalb dieser Gruppe hier und da spora-
disch ausgebrochen, aber Eruptionen glühender Schlak-
ken, Rauchsäulen und heiſse Dämpfe (Abstufungen des
noch thätigen inneren Wirkens der Erde) haben sich,
in neueren historischen Zeiten, nur zwischen 2° südli-
cher und 5° nördlicher Breite gezeigt. Diese berühmte
vulkanische Zone hat also nur die Länge von Messina
bis Venedig. Von ihrer nördlichen Grenze, das heiſst,
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[194/0002] der Naturcharakter der Landschaft, das Bild der bald schlummernden, bald wieder erweckten Thätigkeit der tief- gespaltenen Erdrinde hervor. Diese Betrachtungen haben mich in der späten Bearbeitung meiner noch ungedruckten Tagebücher geleitet, und bei der groſsen Ausdehnung des festen Landes, das ich unter den verschiedensten Klima- ten seit nun fast einem halben Jahrhundert zu durch- wandern das Glück gehabt habe, wird die Ueberzeu- gung in mir um so lebendiger, daſs in der beweglichen Ordnung der Natur das Gesetzliche sich um so lichtvol- ler darstellt, als es an eine sorgfältige Schilderung der einzelnen Erscheinungen geknüpft ist. Wenn man die nördlichste Gruppe der Vulkane von Süd-Amerika unter einem Blicke zusammenfaſst, so gewinnt die in Quito oft ausgesprochene Meinung, daſs die vulkanische Thätigkeit sich in neueren Zeiten inner- halb jener Gruppen von Norden gegen Süden fortbe- wegt hat, einen gewissen Grad von Wahrscheinlichkeit. Doch nicht sowohl um diese Meinung fester zu begrün- den, als vielmehr um die Lage der noch offenen Feuer- schlünde genauer zu erörtern, mögen hier die übersicht- lichen Betrachtungen folgen, welche eine, auf Messungen und astronomische Beobachtungen gegründete Kenntnniſs der Cordilleren und ihrer Verzweigungen darbieten. Die äuſsersten Punkte der Gruppe, zu der das Hochland von Quito gehört, sind der Vulkan Sangay und der Paramo de Ruiz. Trachyt-, Melaphyr- und Andesit-Gestein ist zwar auch auſserhalb dieser Gruppe hier und da spora- disch ausgebrochen, aber Eruptionen glühender Schlak- ken, Rauchsäulen und heiſse Dämpfe (Abstufungen des noch thätigen inneren Wirkens der Erde) haben sich, in neueren historischen Zeiten, nur zwischen 2° südli- cher und 5° nördlicher Breite gezeigt. Diese berühmte vulkanische Zone hat also nur die Länge von Messina bis Venedig. Von ihrer nördlichen Grenze, das heiſst, von dem rauchenden Paramo de Ruiz an, dessen neue

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Geognostische und physikalische Beobachtungen über die Vulkane des Hochlandes von Quito. Zweite Abhandlung. In: Annalen der Physik und Chemie, Bd. 44 (1838), S. 193-219, hier S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_geognostisch_1838/2>, abgerufen am 21.11.2024.