Humboldt, Alexander von: Geognostische und physikalische Beobachtungen über die Vulkane des Hochlandes von Quito. Zweite Abhandlung. In: Annalen der Physik und Chemie, Bd. 44 (1838), S. 193-219.Was aber diese dritte Besteigung am interessantesten 1) In dieser Waldgegend der Yumbos finden sich auch Stämme des
merkwürdigen Kuhbaumes (Palo de Vaea), unseres Galactoden- Was aber diese dritte Besteigung am interessantesten 1) In dieser Waldgegend der Yumbos finden sich auch Stämme des
merkwürdigen Kuhbaumes (Palo de Vaea), unseres Galactoden- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0026" n="218"/> Was aber diese dritte Besteigung am interessantesten<lb/> machte und die fortdauernde oder erneuerte Thätigkeit<lb/> des Vulkans am meisten charakterisirt, war der Umstand,<lb/> daſs seit 1½ Uhr nach Mittag der Fels, auf dem wir<lb/> standen, heftig durch Erdstöſse erschüttert wurde. Von<lb/> donnerartigem Geräusche war dabei nichts zu vernehmen.<lb/> Ich zählte 18 Stöſse in 36 Minuten. Dieses Erdbeben<lb/> wurde, wir wir an demselben Abend erfuhren, in der<lb/> Stadt Quito nicht gefühlt; es war bloſs dem Rande des<lb/> Craters eigen. Diese Erfahrung ist ganz dem analog, was<lb/> man sehr gewöhnlich am Vesuv erfährt, wenn derselbe<lb/> Schlacken auswirft. Sitzt man im Innern des Craters,<lb/> am Fuſse eines der kleinen Eruptions-Kegel, so fühlt<lb/> man Erdstöſse einige Secunden vor jeglichem Schlacken-<lb/> Auswurfe. Diese localen Erschütterungen werden dann<lb/> beim Eremiten oder in Portici nicht gespürt. Es sind<lb/> Phänomene, deren Ursache der Erdoberfläche im Crater<lb/> ganz nahe ist: sie sind von den Stöſsen, die aus groſsen<lb/> Tiefen wirken und einen Erschütterungskreis von 50, 60, ja<lb/> 100 Meilen haben, ganz verschieden. Am Crater-Rande<lb/> des Pichincha spürten wir, nach jeder sehr heftigen Schwan-<lb/> kung, einen stärkeren, stechenderen Schwefelgeruch. Die<lb/> Temperatur der hohen Bergluft war gewöhnlich 4°,2 bis<lb/> 5°,8 R.; sobald aber die mit schweflichter Säure gemisch-<lb/> ten warmen Dämpfe uns umhüllten, sahen wir auf kurze<lb/> Zeit das Thermometer, über den Crater gehalten, zu 10°<lb/> bis 12°,3 steigen. Während der Erdstöſse hatte ich die<lb/> Luftelektricität mehrmals untersucht. Die Ableiterstange<lb/> war, nach <hi rendition="#g">Volta</hi>'s Methode, mit brennendem Schwamm<lb/> bewaffnet. Die Korkkügelchen divergirten 4 Linien. Die<lb/> +Electricität ging plötzlich in Null über, wurde aber, was<lb/> mich bei dem oftmaligen Wechsel wunderte, nie — Elektri-<lb/> cität. Die Aussicht über den niedrigeren westlichen Cra-<lb/> ter-Rand nach der Waldgegend <note xml:id="note04part01" n="1)" place="foot" next="#note04part02">In dieser Waldgegend der Yumbos finden sich auch Stämme des<lb/> merkwürdigen <hi rendition="#i">Kuhbaumes</hi> (<hi rendition="#i">Palo de Vaea</hi>), unseres <hi rendition="#i">Galactoden-</hi></note> und dem Stillen Ocean<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [218/0026]
Was aber diese dritte Besteigung am interessantesten
machte und die fortdauernde oder erneuerte Thätigkeit
des Vulkans am meisten charakterisirt, war der Umstand,
daſs seit 1½ Uhr nach Mittag der Fels, auf dem wir
standen, heftig durch Erdstöſse erschüttert wurde. Von
donnerartigem Geräusche war dabei nichts zu vernehmen.
Ich zählte 18 Stöſse in 36 Minuten. Dieses Erdbeben
wurde, wir wir an demselben Abend erfuhren, in der
Stadt Quito nicht gefühlt; es war bloſs dem Rande des
Craters eigen. Diese Erfahrung ist ganz dem analog, was
man sehr gewöhnlich am Vesuv erfährt, wenn derselbe
Schlacken auswirft. Sitzt man im Innern des Craters,
am Fuſse eines der kleinen Eruptions-Kegel, so fühlt
man Erdstöſse einige Secunden vor jeglichem Schlacken-
Auswurfe. Diese localen Erschütterungen werden dann
beim Eremiten oder in Portici nicht gespürt. Es sind
Phänomene, deren Ursache der Erdoberfläche im Crater
ganz nahe ist: sie sind von den Stöſsen, die aus groſsen
Tiefen wirken und einen Erschütterungskreis von 50, 60, ja
100 Meilen haben, ganz verschieden. Am Crater-Rande
des Pichincha spürten wir, nach jeder sehr heftigen Schwan-
kung, einen stärkeren, stechenderen Schwefelgeruch. Die
Temperatur der hohen Bergluft war gewöhnlich 4°,2 bis
5°,8 R.; sobald aber die mit schweflichter Säure gemisch-
ten warmen Dämpfe uns umhüllten, sahen wir auf kurze
Zeit das Thermometer, über den Crater gehalten, zu 10°
bis 12°,3 steigen. Während der Erdstöſse hatte ich die
Luftelektricität mehrmals untersucht. Die Ableiterstange
war, nach Volta's Methode, mit brennendem Schwamm
bewaffnet. Die Korkkügelchen divergirten 4 Linien. Die
+Electricität ging plötzlich in Null über, wurde aber, was
mich bei dem oftmaligen Wechsel wunderte, nie — Elektri-
cität. Die Aussicht über den niedrigeren westlichen Cra-
ter-Rand nach der Waldgegend 1) und dem Stillen Ocean
1) In dieser Waldgegend der Yumbos finden sich auch Stämme des
merkwürdigen Kuhbaumes (Palo de Vaea), unseres Galactoden-
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